Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitsbewertung im Sachwertverfahren. Drittelansatz des umbauten Raumes bei nicht ausgebauten Dachräumen
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Einheitsbewertungsrecht ist trotz des unveränderten Hauptfeststellungszeitpunkts 1.1.1964 verfassungsgemäß.
2. Wird zwischen Büroräumen und dem Dach eines Gebäudes eine dem Wesen und der Funktion einer Staubdecke vergleichbare abgehängte, waagrechte, nicht begehbare Decke eingezogen, ist bei der Ermittlung des Einheitswerts nach dem Sachwertverfahren der nicht ausgebaute Dachraum oberhalb der Büroräume nur zu einem Drittel des Rauminhalts anzusetzen.
3. Die Verweisung des Abschnitts 37 Abs. 1 BewRGr auf DIN 277 (1950) ist eine statische Verweisung, so dass der Ermittlung des Bruttorauminhalts spätere Fassungen der DIN 277 nicht zugrunde gelegt werden können.
4. Das Finanzamt ist nicht berechtigt, aus Wertungsgesichtspunkten den eindeutigen Wortlaut der Verwaltungsanweisungen zur Anwendung des Bewertungsrechts aus teleologischen Gründen zu ignorieren.
5. Der in DM ermittelte Einheitswert ist nach § 30 BewG auf volle hundert Deutsche Mark nach unten abzurunden und danach in Euro umzurechnen; der umgerechnete Betrag ist auf volle Euro abzurunden.
Normenkette
BewRGr Abschn. 37 Abs. 1 S. 3; DIN 277 (1950); BewG § 83 Sätze 1-2, § 90 Abs. 1, §§ 85-88, 30; GG Art. 108 Abs. 7
Nachgehend
Tenor
1. Die Einspruchsentscheidung vom 19. Mai 2005 und der Einheitswertbescheid vom 19.05.2005 gemäß der Anlage zur Einspruchsentscheidung werden aufgehoben. Der Einheitswert auf den 1. Januar 2004 für das Grundstück X Straße xx in Y (Flst.-Nr. xxx/xx) wird auf 1.147.083 EUR (2.243.500 DM) festgestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt das beklagte Finanzamt.
3. Die Revision wird zugelassen.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann das beklagte Finanzamt der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat.
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen der Einheitswertermittlung auf den 1. Januar 2004 die Auslegung des Abschnitts 37 Abs. 1 Sätze 3 ff. der Richtlinien für die Bewertung des Grundvermögens (BewRGr). Objekt der fraglichen Einheitsbewertung im Sachwertverfahren ist ein in Y liegendes Grundstück mit einem im Jahr 2003 errichteten Einkaufszentrum.
Streit besteht zwischen den Beteiligten im Hinblick auf Büroräume im Obergeschoss, und zwar hinsichtlich der Frage, ob zwischen diesen Räumen und dem Dach ein nicht ausgebauter Dachraum besteht, der bei der Ermittlung des für die Herstellungskosten maßgeblichen umbauten Raumes nur zu einem Drittel zum Ansatz kommt. Die Beteiligten streiten inzwischen nur noch über diese Frage, die nach ihren übereinstimmenden Angaben einen Teilbetrag von 47.529,25 DM des Einheitswerts ausmacht. Im Übrigen ist der bislang mit 2.291.000 DM festgestellte Einheitswert auf den 1. Januar 2004 der Höhe nach unstreitig.
Die zum B-Konzern gehörende Klägerin ist eine grundstücksverwaltende Kommanditgesellschaft mit Sitz in Z (früher Q). Sie ist Eigentümerin des Geschäftsgrundstücks X Straße xx in Y (Flst.-Nr. xxx/xx). Das Grundstück hat eine Fläche von 166,34 a. Die Klägerin kaufte das Grundstück konzernintern durch notariellen Vertrag vom 10. Oktober 2003 von der B Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH, ihrer Kommanditistin. Der Kaufpreis für den Grund und Boden betrug 3.115.900 EUR zzgl. Umsatzsteuer.
In derselben notariellen Urkunde schloss die Klägerin mit der B Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH als Auftragnehmerin einen „Generalübernehmervertrag” zur „Planung und schlüssel- und betriebsfertigen Errichtung eines Einkaufszentrums mit Lebensmittel- und Getränkemarkt, Einzelhandelsmärkten (Shops) und Außenanlagen”. Als Pauschalpreis hierfür wurde ein Betrag von 5.034.000 EUR zzgl. Umsatzsteuer vereinbart. Vertraglich vereinbarter Fertigstellungstermin für die damals bereits begonnene Errichtung des Gebäudes war der 31. Dezember 2003. Ebenfalls in derselben notariellen Urkunde schloss die Klägerin mit der B Gesellschaft mbH als Mieterin einen Immobilien-Mietvertrag.
Wegen aller Einzelheiten des notariell beurkundeten Sammelvertragswerks wird auf Blatt 70 ff. der Einheitswertakte verwiesen.
Das Einkaufszentrum wurde noch im Jahr 2003 fertig gestellt. In einem Teilbereich ist das ansonsten eingeschossige Gebäude zweigeschossig und mit einem Pultdach versehen. Im Obergeschoss befinden sich dort Büroräume. Zwischen dem geneigten Dach und diesen Räumen ist eine abgehängte, waagerechte, nicht begehbare Decke eingezogen. Die Büroräume sind na...