Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsverbot für Aufwendungen eines Freiberuflers mit eigener Praxis für ein häusliches Arbeitzimmer. Einkommensteuer 1997
Leitsatz (amtlich)
1. § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Satz 2 2. Alt. EStG stellt die betriebliche oder berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen einerseits und den Arbeitsplatz des Steuerpflichtigen andererseits durch die Formulierung „wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz” in eine funktionale Wechselbeziehung. Daraus folgt, dass die Frage, ob ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, tätigkeitsbezogen zu beantworten ist. Entscheidend ist danach, ob nach der Art der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen der „andere Arbeitsplatz” geeignet ist, der beruflichen Tätigkeit nachzugehen.
2. Der hinter § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Satz 2 2. Alt. EStG stehende Rechtsgedanke begründet für einen Freiberufler mit eigener Praxis (hier: Zahnarzt) ein generelles Abzugsverbot von Aufwendungen für ein (zusätzliches) häusliches Arbeitszimmer, weil ihm mit dieser ein „anderer Arbeitsplatz” zur Verfügung steht. Deshalb kann er unabhängig von der tatsächlichen oder möglichen Einteilung seiner betrieblichen Räumlichkeiten keinen Arbeitszimmeraufwand geltend machen, es sei denn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers beträgt mehr als 50 v.H. seiner gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
3. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Betriebsausgabenabzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 2 400 DM.
Der Kläger ist verheiratet und wurde im Streitjahr 1997 mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Er ist als Zahnarzt in eigener – angemieteter – Praxis tätig. Die Praxis hat eine Nutzfläche von 212 qm. Sie besteht – ausweislich des vorgelegten Lageplans (Blatt 30 der Akte) – auf den Bezug genommen wird – aus zwei Behandlungsräumen, dem Warte- und Empfangsbereich, Toiletten, einer Teeküche und einem weiteren – 4,74 qm großen – Raum („Büro”). Darüber hinaus hat er einen Raum seiner – ebenfalls angemieteten – Fünf-Zimmer-Wohnung als (zusätzliches) häusliches Arbeitszimmer genutzt und hierfür 2 563 DM aufgewendet.
Der Beklagte hat die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben anerkannt. Dagegen wendet sich der Kläger nach erfolglosem Vorverfahren mit seiner Klage.
Dem Kläger stehe in seinen Praxisräumen kein ausreichender Büroarbeitsplatz zur Verfügung. Er benötige einen abgeschlossenen Arbeitsraum, um Verwaltungsarbeiten zu erledigen, vertrauliche Berufsunterlagen (Abrechnungen, Buchhaltungsunterlagen, Personalpapiere) aufzubewahren und Fachliteratur zu studieren. Der als Büro bezeichnete Raum sei hierfür zu klein. Die Nutzfläche werde durch eine nach innen öffnende Tür, einen Einbauschrank und das Fenster eingeschränkt. Die „verbleibende Fläche biete für Büro und Verwaltungsarbeiten keinen ausreichenden Platz, Schreibtisch, Computer, Schreibmaschine und ähnliches könnten nicht gestellt werden. In der Praxis stehe auch kein anderer Raum für solche Arbeiten zur Verfügung. Insbesondere könne er den Empfangsbereich nicht als Arbeitsraum nutzen. Dieser Bereich sei durch das Tagesgeschäft ausgelastet und durch den Praxisablauf belegt. Die Nutzung als Arbeitsraum wäre nur möglich, wenn die Praxis geschlossen und jedes Mal am Empfangstresen ein Arbeitsplatz eingerichtet worden sei. Damit sei er auf ein häusliches Arbeitszimmer angewiesen. Auf die räumliche Gestaltung der Zahnarztpraxis könne er keinen Einfluss nehmen, da er die Räume nur angemietet habe. Deshalb könne ihm die Raumeinteilung und damit das Fehlen eines ausreichend großen Büros nicht zur Last gelegt werden.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 1997 vom 5. April 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. April 2001 insoweit zu ändern als 2 400 DM für ein häusliches Arbeitszimmer als Betriebsausgaben anerkannt werden, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt
Klagabweisung.
Dem Kläger stehe mit dem Empfangsbereich in seiner Praxis ein zumutbarer Arbeitsplatz zur Verfügung. Dort sei eine Computeranlage installiert. Außerhalb der Sprech- und Behandlungszeiten könne der Kläger in diesem Bereich Büro- und Verwaltungsarbeiten erledigen.
Der vorstehende Sach- und Streitstand ist den Gerichtsakten und den vom Beklagten vorgelegten Akten (§ 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –) entnommen. In dem Finanzrechtsstreit fand am 5. Juni 2002 ein Erörterungstermin statt. In dem Termin haben die Beteiligten übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Auf die Niederschrift hierüber wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist unbegründet. Der mit Klage angegriffene Einkommensteuerbescheid 1997 vom 24. November 2000 sowie die Einspruchsentscheidung vom 2. April 2001 verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der...