Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1992 und 1993. Laufzeit und Ertragsanteil einer Berufsunfähigkeitsrente
Leitsatz (redaktionell)
Eine Berufsunfähigkeitsrente, bei der die Versicherungsgesellschaft in bestimmten Zeitabständen das Recht hat, die Rente aufgrund des aktuellen Gesundheitszustands des Berechtigten anzupassen oder einzustellen, ist aufgrund dieses Umstands nicht als eine Mehrzahl hintereinander geschalteter Zeitrenten anzusehen. Der Ertragsanteil ist vielmehr nach der vertraglichen Gesamtlaufzeit zu bestimmen.
Normenkette
EStG 1990 § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst.a; EStDV 1990 § 55 Abs. 2; SGB VI § 102
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind die Laufzeiten und damit die Ertragswerte der vom Kläger abgeschlossenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen.
Der mit der Klägerin zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagte Kläger erlitt im Jahre 1989 einen Unfall, der zu einer Minderung seiner Erwerbsfähigkeit um 80 % führte. Aufgrund von Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen erhielt der Kläger seit dem Jahre 1990 Rentenzahlungen.
In ihren Einkommensteuererklärungen 1992 bis 1994 gaben die Kläger als Laufzeit der Renten 6 bzw. 7 Jahre und damit Ertragsanteile von 10 bzw. 12 % an.
Anlässlich einer Außenprüfung beim Kläger stellte der Prüfer fest, dass die Laufzeiten der Berufsunfähigkeitsrenten 9, 13, 22 bzw. 23 Jahre betrugen, sodass sich nach der Tabelle zu § 55 Abs. 2 Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) Ertragsanteile von 16, 22, 34 und 35 % ergaben (vgl. die Anlage zum ESt-Änderungsbescheid 1994 vom 10. Juni 1998).
Den Prüfungsfeststellungen entsprechend änderte das beklagten Finanzamt (FA) mit ESt-Änderungsbescheiden 1992 bis 1994 vom 10. Juni 1998 die ursprünglichen Einkommensteuerfestsetzungen 1992 bis 1994 ab.
Mit seinem Einspruch wandte sich der Kläger u.a. gegen die Höhe der angesetzten Ertragsanteile. Die Berufsunfähigkeitsrenten seien jeweils fortlaufend nach Überprüfung des Gesundheitszustandes des Klägers auf jeweils (weitere) 2 Jahre gewährt worden (Hinweis auf das Schreiben der Versicherung vom 19. September 1990 und 4. Dezember 1997). Nach den Versicherungsbedingungen sei die Versicherung berechtigt, den Gesundheitszustand des Klägers zu überprüfen und die Rente entsprechend anzupassen bzw. aufzuheben. Die Versicherung gehe von einem 2-jährigen Prüfungsturnus aus, der auch steuerlich zugrunde gelegt werden müsse.
Während des Einspruchsverfahrens wurden die ESt-Festsetzungen 1992 und 1993 mit Änderungsbescheiden vom 29. Juli 1999 erneut geändert.
Die Einsprüche des Klägers wurden mit Einspruchsentscheidung vom 2. September 1999 im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen.
Mit ihrer Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor, der Bundesfinanzhof (BFH) habe zur gesetzlichen Erwerbsunfähigkeitsrente nach §§ 24, 53 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) die Auffassung vertreten, dass diese Rente mit dem Eintritt der Erwerbsunfähigkeit beginne und ihre Laufzeit nach Ablauf der vom Rentenversicherungsträger festgelegten Dauer ende (Renten auf Zeit). Bei zeitlicher Aufeinanderfolge mehrerer Renten auf Zeit sei bei gleichbleibendem Rentenbeginn die voraussichtliche Laufdauer der Rente unter Berücksichtigung der jeweiligen Verlängerung für jeden Veranlagungszeitraum neu zu bestimmen. Demgemäß sei für die Berufsunfähigkeitsrente des Klägers für das Streitjahr 1992 auf der Basis einer Laufzeit von 4 Jahren (1990–1994) ein Ertragwert von 7 %, für das Streitjahr 1993 auf der Basis von 5 Jahren ein Ertragswert von 9 % und für das Streitjahr 1994 auf der Basis von 6 Jahren ein Ertragswert von 11 % (richtig: 10 %) zugrunde zu legen. Aufgrund des 2-jährigen Prüfungsturnus der Versicherung seien dem Kläger vorliegend nicht Renten mit einer einheitlichen Laufzeit vom Rentenbeginn bis zum Rentenende, sondern dem Prüfungsturnus entsprechend mehrere aufeinander folgende Renten auf Zeit bei gleichbleibendem Rentenbeginn gewährt worden. Aus diesem Grunde sei alle zwei Jahre ein neuer Ertragsanteil für die Renten zu bestimmen.
Die Grundlagen für eine private Berufsunfähigkeitsrente und eine gesetzliche Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit entsprächen einander im Wesentlichen. Sowohl die privaten Berufsunfähigkeitsrenten des Klägers als auch die gesetzliche Berufsunfähigkeitsrente nach (jetzt) § 102 Sozialgesetzbuch (SGB) VI würden solange, wie die Anspruchsvoraussetzungen vorlägen, also prinzipiell auf Dauer, gewährt. Die gesetzliche Berufsunfähigkeitsrente könne allerdings unter bestimmten Umständen nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI zeitlich beschränkt werden. Wie bei privaten Berufsunfähigkeitsrenten stehe damit auch die gesetzliche Berufsunfähigkeitsrente unter der auflösenden Bedingung der teilweisen oder vollständigen Genesung des Rentenempfängers. Die mögliche, aber nicht zwingende ...