Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsbegleitendes Studium eines technischen Betriebswirts (IHK) zum Diplom-Betriebswirt (FH)
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Rechtsgrundsatz der einheitlichen Beurteilung von Aufwendungen für ein Erststudium als Berufsausbildungsmaßnahme durch den BFH gilt nicht ausnahmslos und uneingeschränkt. Vielmehr ist nach dem Zweck des Fachstudiums, dessen Inhalt im Vergleich zu der ausgeübten Berufstätigkeit und der Art der Fortführung der Tätigkeit nach Abschluss des Studiums zu differenzieren.
2. Bezweckt das Studium die Vorbereitung auf einen künftigen Berufswechsel --oder dient umgekehrt die Berufstätigkeit lediglich als "Finanzierungsinstrument" für einen mit Hilfe des Studiums von vornherein erstrebten Beruf-- liegt Berufsausbildung vor, weil damit erst die eigentliche Berufsgrundlage geschaffen wird.
3. Wird dagegen mit dem Studium ein breiteres und/oder vertieftes Wissen im Berufsfeld des bereits praktizierten Berufs, auch um ggf. Aufstiegsmöglichkeiten wahrnehmen zu können, bezweckt und bleibt der Arbeitnehmer anschließend in der gleichen Berufssparte tatsächlich tätig, sind die Studienaufwendungen als Fortbildungskosten (Werbungskosten) zu beurteilen.
4. Hier: Aufwendungen eines technischen Betriebswirts (IHK) --Schwerpunkt Organisation und Rechnungswesen-- für ein berufsbegleitendes Fachhochschulstudium zum Diplom-Betriebswirt (FH) als Fortbildungskosten.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten lediglich noch darüber, ob Aufwendungen für berufliche Bildungsmaßnahmen als Werbungskosten unter dem Gesichtspunkt von Fortbildungskosten unbeschränkt abzugsfähig sind oder ob statt dessen von beschränkt als Sonderausgaben abzugsfähigen Ausbildungskosten auszugehen ist.
Der 1963 geborene verheiratete Kläger (Kl) war bis zum Frühjahr des ersten Streitjahres 1995 nach einer Ausbildung zum Fernmeldehandwerker – und nach Ablegung des Abiturs am technischen Gymnasium in S… – mehrere Jahre zunächst als Kundendiensttechniker tätig. Nach einer berufsbegleitenden Weiterbildung mit Prüfungsabschluß zum technischen Betriebswirt (IHK)-Schwerpunkt Organisation und Rechnungswesen – wechselte er im Juni 1995 zu seinem neuen Arbeitgeber als Sachbearbeiter im Rechnungswesen (Datenaufbereitung). Einige Monate vor diesem Wechsel nahm er ein berufsbegleitendes Studium zum Diplom-Betriebswirt (FH) an der Fachhochschule N… auf, das er im September 1998 erfolgreich abschloß. Nach Abschluß der Diplomarbeit wurde er bei seinem Arbeitgeber mit der Position des „Produktmanager Statistik” betraut. Hinsichtlich der ihm durch den Arbeitgeber übertragenen Aufgabenbereiche wird auf die Äußerung der Arbeitgeberfirma vom 30. April 1998 und die Darstellung des Kl über dessen Lebenslauf vom 22. April 1999, die durch das Finanzamt (FA) inhaltlich nicht bestritten wird, Bezug genommen (L50a – e der FG-Akte).
In seinen Einkommensteuer (ESt)-Erklärungen 1995 und 1996 machte er folgende Aufwendungen als Werbungskosten (Fortbildungskosten) geltend:
Streitjahr 1995
Seminar- und Prüfungsgebühren |
5.738,55 DM |
18 Fahrten zum Unterricht |
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(45 km á 1,04 DM) |
842,40 DM |
7 Fahrten zu Prüfungen |
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(45 km á 1,04 DM) |
327,60 DM |
zusammen |
6.908,55 DM |
Streitjahr 1996
Seminargebühren |
2.385,85 DM |
26 Fahrten zum Unterricht |
1.216,80 DM |
4 Fahrten zu Prüfungen |
187,20 DM |
Fachbücher |
108,60 DM |
zusammen |
3.898,40 DM. |
In den ESt-Bescheiden jeweils vom 6. März 1998 berücksichtigte das FA lediglich 900 DM der Aufwendungen als Sonderausgaben, da es sich um Ausbildungskosten für einen angestrebten Beruf mit der Verleihung eines akademischen Grades. Betriebswirt (FH), handele.
Die Einsprüche der Kl wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 1998 zurück. Im Anschluß an die hiergegen durch ihren damaligen Prozeßbevollmächtigten rechtzeitig erhobenen Klage tragen die Kl im wesentlichen vor:
Das Studium des Kl zum Diplom-Betriebswirt (FH) sei kein Erststudium, sondern ein Aufbaustudium auf den bereits 1993 abgeschlossenen Beruf als technischer Betriebswirt (IHK) mit dem Schwerpunkt Organisation und Rechnungswesen, dem Tätigkeitsfeld, in dem der Kl nach wie vor – seit Juni 1995 – tätig sei. Das ergänzende Studium in N… sei deshalb mit einem Zweitstudium vergleichbar. Die hierfür entstandenen Aufwendungen, welche der Höhe nach unstreitig sind, stellten demzufolge als Werbungskosten unbeschränkt abziehbare Fortbildungskosten dar.
Auf den Schriftsatz vom 29. März 1999 und den Inhalt der Niederschrift des Erörterungstermins vom 20. Juli 1999 (Bl. 48–50 der FG-Akten) wird Bezug genommen.
Die Kl beantragen dementsprechend,
die ESt-Bescheide 1995 und 1996 vom 6. März 1998 unter Aufhebung der Einspruchsentcheidungen vom 1. Oktober 1998 abzuändern und dabei unter Verminderung der Sonderausgaben um jeweils 900 DM weitere Werbungskosten in Höhe von 6.909 DM (1995) und von 3.899 DM (1996) steuermindernd zu berücksichtigen.
Der Beklagte – das FA – beantragte hingegen,
die Klag...