rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagebefugnis einer atypisch stillen Gesellschaft. Rechtscharakter und Anfechtbarkeit des Hinweises nach § 181 Abs. 5 AO. Steuererklärung ist kein „Antrag” i. S. d. § 171 Abs. 3 AO
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine atypisch stille Gesellschaft kann nicht Beteiligte eines Finanzrechtsstreits sein. Bei der Innengesellschaft kommt eine Vertretung, das heißt ein rechtsgeschäftliches Handeln für die Gesellschaft im Außenverhältnis, nicht in Betracht, da die stille Gesellschaft keine Organe und keine Bevollmächtigten hat.
2. Bei der atypischen stillen Gesellschaft ist der Inhaber des Handelsgeschäfts nicht der zur Vertretung berufene Geschäftsführer. In Betracht kommt lediglich eine Prozessstandschaft des Empfangsbevollmächtigten gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. in Verbindung mit Abs. 2 FGO.
3. Der „Hinweis” gemäß § 181 Abs. 5 AO in einem nach Ablauf der Feststellungsfrist erlassenen Feststellungsbescheid hat nicht lediglich eine Begründungsfunktion, sondern Regelungscharakter, da der zeitliche Geltungsbereich des Feststellungsbescheids abweichend von § 182 Abs. 1 AO bestimmt wird. Er ist als unselbständige Nebenbestimmung des Feststellungsbescheids der Anfechtung zugänglich.
4. Der Ablauf der Feststellungsfrist war nicht nach § 171 Abs. 3 AO gehemmt. Die Feststellungserklärung wurde zwar vor Ablauf der Feststellungsfrist abgegeben. Die Feststellungserklärung ist jedoch kein Antrag i. S. v. § 171 Abs. 3 AO. Als „Antrag” i. S. d. § 171 Abs. 3 AO sind nur solche Willensbekundungen zu verstehen, die ein Tätigwerden der Finanzbehörden außerhalb des infolge der Amtsmaxime ohnehin gebotenen Verwaltungshandelns auslösen sollen. Die Abgabe von gesetzlich vorgeschriebenen Steuererklärungen gehört nicht hierzu. Denn sie erfolgt insoweit in Erfüllung der allgemeinen Mitwirkungspflicht der Feststellungsbeteiligten und dient nur der Durchführung der regulären Steuerfestsetzungstätigkeit der Finanzbehörde, die diese auch ohne Erklärungsabgabe – wenn auch unter erschwerten Bedingungen – vorzunehmen hätte.
Normenkette
AO § 171 Abs. 3, § 181 Abs. 5; FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit der Klage sowie um die Frage, ob der angegriffene Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1996 zu Recht einen Hinweis nach § 181 Abs. 5 Abgabenordnung – AO – enthält.
Durch Gesellschaftsverträge vom Dezember 1994 beteiligten sich Frau H. sowie die Beigeladenen als atypisch stille Gesellschafter am Handelsgewerbe der A. GmbH. Gesellschafter der A. GmbH waren die Herren E., F. und G..
Das Unternehmen scheiterte, offenbar nachdem ein wesentlicher Geschäftspartner die Zusammenarbeit beendet hatte. Ein Konkursantrag über das Vermögen der A. GmbH vom Juli 1996 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts C. mangels Masse abgewiesen. Frau H. wurde durch Gesellschafterbeschlüsse vom September 1996 zur Liquidatorin sowohl der A. GmbH als auch der atypisch stillen Gesellschaft ernannt. Die Auflösung der A. GmbH wurde im November 1996 in das Handelsregister eingetragen. Mit Eintragung vom März 2000 wurde die A. GmbH im Handelsregister gelöscht.
Im Dezember 2001 ging beim Beklagten u. a. eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der gewerblichen Einkünfte der atypisch stillen Gesellschaft für das Streitjahr 1996 ein, die von Frau H. in ihrer Eigenschaft als Empfangsbevollmächtigte angefertigt und unterschrieben worden war. Darin wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von DM ./. … erklärt.
Mit Schreiben vom November 2002, Januar 2003 und März 2003 erinnerte die Klägerin an die Durchführung der Veranlagung, wobei sich die Schreiben teilweise nur auf das – vorliegend nicht streitige – Jahr 1995 bezogen. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom Juni 2003 mit, dass die abschließende Bearbeitung der Vorgänge voraussichtlich innerhalb von ein bis zwei Monaten erfolgen werde und bat auf ein weiteres Schreiben der Klägerin vom Oktober 2003 im Februar 2004 um Vorlage weiterer Unterlagen. Nachdem die Klägerin die Unterlagen nach mehrfacher Anforderung durch den Beklagten im August 2004 teilweise vorgelegt hatte, teilte der Beklagte mit einem Schreiben vom Oktober 2004 mit, dass u. a. für das Streitjahr bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei.
Im Dezember 2004 erging ein Feststellungsbescheid für das Streitjahr, in dem der Beklagte Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von DM ./. … festsetzte. Der Feststellungsbescheid wurde den Feststellungsbeteiligten im Wege der Einzelbekanntgabe bekannt gegeben. Zusätzlich wurde er der Klägerin als Empfangsbevollmächtigter mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten bekannt gegeben. Dieser Bescheid war an „Frau H., Liquidator, …str. … B.” adressiert und erging für „Firma A. GmbH & atypisch Still, c/o H., Liquidator, …str. ...