Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesellschafterdarlehen an die GmbH als nachträgliche Anschaffungskosten des Gesellschafters: Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis, Beurteilung der „Krise der Gesellschaft” weiter nach den Maßstäben des inzwischen aufgehobenen § 32a Abs. 1 GmbHG a. F., Darlehensgewährung über GbR, Anforderungen an Finanzplandarlehen
Leitsatz (redaktionell)
1. Nachträgliche Aufwendungen des Gesellschafters auf die Beteiligung i. S. d. § 17 Abs. 2 S. 1 EStG liegen vor, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungs- oder Auflösungskosten sind. Nach der früheren, auf § 32a Abs. 1 GmbHG a.F. gestützten Rechtsprechung des BFH sind Darlehen des Gesellschafters durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft dadurch „funktionales” Eigenkapital zugewandt hat. Das bedeutet, das Darlehen muss nach Maßgabe des Zivilrechts einen Ersatz für Eigenkapital darstellen und ebenso wie dieses gesetzlich gebunden sein.
2. Zur Beurteilung, ob ein der GmbH gewährtes Gesellschafterdarlehen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und folglich sein Ausfall zu nachträglichen Anschaffungskosten des Gesellschafters i. S. d. § 17 Abs. 2 S. 1 EStG führt, ist auch nach Außerkrafttreten des § 32a Abs.1 GmbHG a. F. mit Wirkung vom 1.11.2008 die Definition der „Krise der Gesellschaft” weiter nach den Maßstäben des § 32 a Abs. 1 a.F. GmbHG zu beurteilen, ohne dass es insoweit auf die Neuregelung durch das MoMiG ankäme (Anschluss an FG Köln v. 20.3.2014, 3 K 2518/11).
3. Maßgeblich für die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten ist im Falle der Hingabe des Darlehens in der Krise dessen Nennwert, im Falle eines stehen gelassenen Darlehens grundsätzlich der Wert in dem Zeitpunkt, in dem es der Gesellschafter mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis nicht abzieht, also der gemeine Wert bzw. Teilwert. Diese Beurteilung beruht auf der Erwägung, dass Wertverluste bis zu diesem Zeitpunkt die Privatsphäre des Gesellschafters belasten.
4. Hat der Steuerpflichtige der GmbH ein Darlehen nicht unmittelbar selbst, sondern über eine GbR, an der er beteiligt ist, gewährt, muss er sich an dieser zivilrechtlich gewählten Gestaltung – Darlehensvertrag zwischen GmbH und GbR – auch steuerlich festhalten lassen.
5. Eine nicht überschuldete GmbH befindet sich nicht in der „Krise”, wenn sie sie auf die Zuführung weiterer Mittel lediglich angewiesen ist, um kostenintensive Projekte der GmbH fortzuführen bzw. um neue Projekte zu ermöglichen (Ausführungen zur Annahme einer „Überschuldung”).
6. Bei einem nach Gesellschaftsrecht Einlagen gleichgestellten Finanzplandarlehen ist eine nachweisbare Vereinbarung zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft erforderlich, die die Einbindung des Darlehens in die übrige Finanzierung im Einzeln regelt.
Normenkette
EStG 2002 § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 4 Sätze 1-2; GmbHG § 32a Abs. 1; HGB § 255 Abs. 1 S. 2
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 27.01.2016; Aktenzeichen IX B 91/15) |
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in 2002 (Streitjahr) anzusetzenden Verlustes, der den Klägern aufgrund ihrer Beteiligung an der C… GmbH entstanden ist.
Die Kläger sind Ehegatten, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
Beide Kläger waren im Streitjahr Gesellschafter der C. GmbH. Die C. GmbH war mit Vertrag vom 09. November 1989 gegründet worden. Ihre Gesellschafter waren neben dem Kläger zunächst die Herren D. und E., nicht jedoch die Klägerin. Aufgrund eines Streites über die Firmenpolitik schied Herr D. Ende 1991 aus der Gesellschaft aus. Für ihn trat die Klägerin ein. Ab dem Jahr 1992 hielten dann der Kläger einen Anteil von 17.000 DM (entspricht 33,33 %) und die Klägerin einen Anteil von 12.700 DM (entspricht 24,90 %) am Stammkapital von 51.000 DM der C. GmbH – die Höhe des Anteils der Klägerin haben die Beteiligten im Termin zu mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt. Zudem waren beide Kläger Gesellschafter der F. GbR. An der GbR war der Kläger zu 9 % beteiligt und die Klägerin zu 91 %.
In der Bilanz der C. GmbH zum 31. Dezember 1991 waren auf der Passivseite u. a. diverse Verbindlichkeiten aufgeführt. Laut des Kontennachweises zur Bilanz bestanden keine Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern – weder gegenüber dem Kläger noch gegenüber Herrn D.. Auf der Aktivseite wurden hingegen verschiedene Verrechnungskonten geführt, die u. a. mit „Verrkto. D.+B.” und „V-Kto. B.” bezeichnet waren und z. T. Guthaben enthielten.
In der Bilanz der C. GmbH zum 31. Dezember 1992 wurde auf der Passivseite u. a. ein „Ver-Kto A.” (Konto 3505) mit einem Betrag in Höhe von 1.077.706,28 DM als Verbindlichkeit geführt.
Die Bilanz der C. GmbH zum 31. Dezember 1996 wies schließlich einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von...