Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Fälligkeit von Ansprüchen auf Umsatzsteuervorauszahlungen
Leitsatz (amtlich)
Ansprüche der Finanzbehörde auf Umsatzsteuervorauszahlungen werden nicht vor Eingang der entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldung bzw. vor Bekanntgabe des Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides fällig.
Normenkette
InsO § 96 Nr. 1; UStG § 18 Abs. 1 Sätze 2-3; AO § 218 Abs. 1, § 226 Abs. 1; BGB § 387
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. September 2001 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der X-GmbH - im Folgenden: Gemeinschuldnerin-, anhängig beim Amtsgericht Charlottenburg unter dem Aktenzeichen.
Am 10. Oktober 2001 reichte der Kläger beim Beklagten eine berichtigte Lohnsteueranmeldung für den April 2001 ein, aus der sich ein Guthaben in Höhe von insgesamt 11 324,94 DM (= 5 790,35 €) bestehend aus Lohnsteuer in Höhe von 10 739,54 DM (= 5 491,04 €), Solidaritätszuschlag in Höhe von 526,17 DM (= 269,03 €) und römisch-katholischer Kirchensteuer in Höhe von 59,23 DM (= 30,28 €) ergab. Der Beklagte stimmte dieser Anmeldung im Laufe des Monats Oktober 2001 zu.
Am 5. November 2001 meldete der Beklagte gemäß § 174 Abs. 1 Insolvenzordnung -InsO- Forderungen gegenüber der Gemeinschuldnerin in Höhe von 72 525,20 DM beim Kläger an, bestehend aus Investitionszulage 1999 in Höhe von 412,00 DM, Umsatzsteuer Mai 2001 in Höhe von 22 505,20 DM, Umsatzsteuer Juni 2001 in Höhe von 49 048,00 DM und Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer Mai 2001 in Höhe von 550,00 DM. Dieser Anmeldung widersprach der Kläger, worauf dem Beklagten am 16. Januar 2002 ein entsprechender Tabellenauszug erteilt wurde. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf Bl. 66 Vollstr.A. Bezug.
Am 18. Dezember 2001 rechnete der Beklagte mit Umsatzsteuerverbindlichkeiten Mai 2001 der Gemeinschuldnerin gegen das Lohnsteuerguthaben in Höhe von insgesamt 11 324,94 DM auf.
Demgegenüber rechnete der Kläger seinerseits mit dem Lohnsteuerguthaben in Höhe von 9 789,23 DM (= 5 005,15 €) gegen eine Umsatzsteuerverbindlichkeit aus November 2001 (also aus dem Massekostenkonto) auf und erhob am 4. Februar 2002 Einwendungen gegen die Aufrechnungserklärung des Beklagten. Daraufhin erteilte dieser am 6. Februar 2002 einen Abrechnungsbescheid, in dem er davon ausging, dass seine Aufrechnungserklärung vom 18. Dezember 2001 wirksam sei. Daher sei das Guthaben aus Lohnsteuer April 2001 nebst Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer in Höhe von insgesamt 5 790,35 € (= 11 324,94 DM) erloschen.
Die gegen diesen Abrechnungsbescheid erhobene Klage hatte Erfolg. Mit Urteil vom 12. Juni 2003 7 K 8105/02 (Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2003, 1454 - Revision anhängig unter dem Az. VII R 45/03) stellte der erkennende Senat fest, dass das Guthaben aus Lohnsteuer usw. aus April 2001 in Höhe von insgesamt 5 790,35 € nicht erloschen ist.
Am 15. Februar 2002 rechnete der Beklagte mit Ansprüchen aus Umsatzsteuer Mai 2001 in Höhe von 5 716,24 € und Umsatzsteuer Juni 2001 in Höhe von 1 450,00 € gegen ein Guthaben des Klägers aus Umsatzsteuer Dezember 2001 in Höhe von 7 166,24 € auf. Das Guthaben resultierte aus der Anrechnung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 2001. Auf den Vorauszahlungsbescheid vom 31. Januar 2002 (in der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsakte für das sog. Massekostenkonto, St.-Nr.) nimmt das Gericht Bezug.
Nachdem der Kläger gegen diese Vorgehensweise Einwendungen erhoben hatte, erließ der Beklagte am 7. März 2002 einen Abrechnungsbescheid, nach dem das Guthaben aus Umsatzsteuer Dezember 2001 in Höhe von 7 166,24 € erloschen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf Bl. 73 Vollstreckungsakte Bezug.
Dagegen richtete sich der Kläger am 25. März 2002 mit einem Einspruch, in dem er geltend machte, die Aufrechnungserklärung des Beklagten verstoße gegen § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO, sodass sie unwirksam sei. Ferner fehle es an einer Fälligkeit der Gegenforderung.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2002 zurück. Zur Begründung führte er an, die Guthaben des Klägers seien bereits vor Insolvenzeröffnung aufschiebend bedingt entstanden. Daher sei die Aufrechnung nicht gemäß § 96 Nr. 1 InsO unzulässig.
Dagegen hat der Kläger am 16. Mai 2002 Klage erhoben.
Er hat zunächst im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Einspruchsverfahren wiederholt. Ergänzend führt er aus, der Beklagte könne sich nicht auf die erfolgten Forderungsanmeldungen berufen. Denn diese ersetzten, solange sie bestritten seien, keine Steuerfestsetzung. Daher seien auch die Umsatzsteuerverbindlichkeiten aus dem Mai und Juni 2001 im Zeitpunkt der Aufrechnung nicht fällig gewesen. Abweichendes ergebe sich nicht aus § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG, da nach § 218 Abs. 1 AO ein Verwaltungsakt (ggf. in Form einer Steueranmeldung) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis sei. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei auch § 9...