Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten eines Promotionsstudiums als vorweggenommene Werbungskosten
Leitsatz (redaktionell)
Die Kosten eines Promotionsstudiums stellen vorweggenommene Werbungskosten dar, wenn die Aufwendungen dafür nach mehrjähriger Berufstätigkeit im Anschluss an ein sog. berufsqualifizierendes Erststudium mit dem Ziel einer anschließenden weiteren Erwerbstätigkeit anfallen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob Aufwendungen der Klägerin für ein Promotionsstudium im Fach Politologie im Anschluss an eine Phase der Berufstätigkeit nach einem abgeschlossenen Hochschulstudium im Fach Soziologie als vorweggenommene Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder nur als (betragsmäßig sehr beschränkte) Sonderausgaben steuermindernd zu berücksichtigen sind.
Die 1954 geborene Klägerin ist mit dem Kläger, einem im Hochschuldienst tätigen promovierten Ethnologen, verheiratet und wird mit diesem zusammen vom Beklagten zur Einkommensteuer veranlagt. Sie hatte nach Beendigung ihrer Schulausbildung zunächst ein Studium der Soziologie aufgenommen und war nach dem Studienabschluss etliche Jahre bis zum 31. Dezember 1992 bei verschiedenen privaten Arbeitgebern im Bildungsbereich tätig (u. a. als pädagogische Mitarbeiterin beim Förderkreis ... e. V., ... (= sog. ABM-Stelle), zuletzt als Bildungsreferentin für interkulturelle und feministische Bildung beim Verein ... e. V., ...).
Ab dem 1. Oktober 1992 war sie an der Freien Universität Berlin im Fach Politologie immatrikuliert. Im Zeitraum 1. Januar 1993 bis einschließlich 31. Dezember 1993 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld, danach bis zum 31. Mä4rz 1994 Arbeitslosenhilfe. Ab dem 1. April 1994 war die Klägerin beim Arbeitsgericht wegen eines Promotionsstudiums mit beitragloser Zeit gemeldet. Von Juli 1995 bis zum Juni 1996 erhielt sie ein Promotions-Abschlussstipendium von der Universität in Höhe von monatlich 1.700 DM. Die Doktorarbeit hat das Thema "...". Nach Abschluss ihres Promotionsstudiums fand die Klägerin eine Anstellung im höheren wissenschaftlichen Dienst bei der Juristischen Fakultät der Universität ... Das Promotionsstudium war - was zwischen den Beteiligten inzwischen unstreitig ist - "conditio sine qua non" für die Erlangung der nunmehr ausgeübten, besser bezahlten Tätigkeit bei diesem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber.
Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1993 bis einschließlich 1996 machten die Kläger (vorweggenommene) Werbungskosten der Klägerin für das Promotionsstudium geltend, die vom Beklagten nur im Rahmen des Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes - EStG - steuermindernd berücksichtigt wurden (= Ansatz von 700 DM für das Streitjahr 1996 bzw. 900 DM für die anderen Streitjahre. Ihre hiergegen gerichteten Einsprüche blieben erfolglos und wurden vom Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom 16. April 1999 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit ihrer Klage machen die Kläger u. a. geltend, dass angesichts der dramatischen Änderung in der Ausbildungs- und Berufswelt ein höherqualifizierendes Zweit- oder Promotionsstudium ebenso wie traditionelle Fortbildungsmaßnahmen zum Ansatz von Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führen müsse (Hinweis auf Hessisches Finanzgericht, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1976, 174, Paus, Deutsche Steuerzeitung - DStZ - 1993, 177, Völlmecke, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1995, 749, Drenseck, in: Schmidt: EStG, 21. Aufl., § 19 Rz. 60 "Ausbildungskosten" m. w. N.).
Über die Höhe der ggf. anzusetzenden Werbungskosten für Fahrtkosten, Bürobedarf, Fortbildung, Fachliteratur, Arbeitszimmer, Telefon etc. haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2002 unter Berücksichtigung des von der Klägerin bezogenen, einkommensteuerfreien Promotionsstipendiums eine tatsächliche Verständigung erzielt. Außerdem sind sie sich darüber einig, dass beim Kläger über die bisher berücksichtigten Beträge hinaus weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 3.319 DM für die Drucklegung seiner Doktorarbeit anzusetzen sind.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuerbescheide 1993 bis 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 16. April 1999 zu ändern und die Einkommensteuer dieser Jahre unter Berücksichtigung folgender weiterer Werbungskosten festzusetzen:
1993: 3.871 DM,
1994: 4.508 DM,
1995: 2.342 DM sowie Druckkosten des Klägers in Höhe von 3.319 DM und
1996: 2.708 DM.
Die Festsetzungen sind gleichzeitig ohne Berücksichtigung der bisher angesetzten Sonderausgaben (Ausbildungskosten) durchzuführen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Vertreter des Beklagten beantragt,
die Klage mit der Maßgabe abzuweisen,
dass die vom Kläger geltend gemachten Druckkosten in Höhe von 3.319 DM im Jahre 1995 anzuerke...