Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Verrechnung negativer unbelasteter Teilbeträge des Eigenkapitals mit belasteten Teilbeträgen des Eigenkapitals
Leitsatz (redaktionell)
Die Vorschrift des § 36 Abs. 4 KStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes, wonach eine negative Summe unbelasteter Teilbeträge des Eigenkapitals zunächst untereinander und danach mit den mit Körperschaftsteuer belasteten Teilbeträgen in der Reihenfolge zu verrechnen ist, in der ihre Belastung zunimmt, führt nicht zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen echten Rückwirkung bzw. einer Rückwirkung von Rechtsfolgen.
Normenkette
KStG § 36 Abs. 3-4, 7; GG Art. 14 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin wurde am 28. Juni 1988 gegründet und ist seitdem als Steuerberatungsgesellschaft tätig. Alleingesellschafter und Geschäftsführer ist der Steuerberater xxx.
Anfang der neunziger Jahre erzielte die Klägerin Gewinne, die zu Zugängen bei den mit dem vollen Körperschaftsteuersatz belasteten Teilbeträgen des verwendbaren Eigenkapitals führten. Die Gewinne wurden nur teilweise ausgeschüttet. In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre erlitt die Klägerin wiederholt Verluste. Weder der steuerliche noch der bilanzielle Verlustvortrag wurden zwischenzeitlich ausgeglichen.
Das Eigenkapital laut Steuerbilanzen stellt sich zum 31. Dezember 2000 und 31. Dezember 2001 wie folgt dar (Beträge in DM):
|
31. Dezember 2000 |
31. Dezember 2001 |
Stammkapital |
50.000,00 |
50.000,00 |
Verlustvortrag |
./. 40.495,30 |
./. 16.969,64 |
Jahresüberschuss |
24.529,54 |
99,28 |
Saldo |
34.034,24 |
33.129,64 |
Im Bescheid über das verwendbare Eigenkapital auf den 31. Dezember 2000 vom 31. Juli 2001 wurden ein EK 45 von 9.529,00 DM und ein EK 02 von ./. 24.856,00 DM festgestellt.
Im Jahre 2001 schüttete die Klägerin einen Betrag von 2.100,00 DM als Gewinn des Jahres 2000 aus.
Davon ausgehend ermittelte der Beklagte am 7. April 2003 mit Bescheid gemäß § 36 Abs. 7 KStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20. Dezember 2001 (Bundesgesetzblatt - BGBl - I 2001, 3858) - KStG n. F. - eine Minderung des EK 45 zum 31. Dezember 2001 um 1.650,00 DM auf 7.879,00 DM. Nach § 36 Abs. 3 KStG n. F. gliederte der Beklagte diesen Betrag auf 27/22 (+ 1.791,00 DM = 9.670,00 DM) im EK 40 um. Gleichzeitig verminderte er das EK 02 um 1.791,00 DM, so dass sich ein vorläufiges EK 02 zum 31. Dezember 2001 von ./. 26.647,00 DM ergab. Diesen Betrag verrechnete er gemäß § 36 Abs. 4 KStG n. F. mit dem positiven EK 40 und stellte davon ausgehend ein EK 02 zum 31. Dezember 2001 von ./. 16.977,00 DM fest. Das Gericht nimmt auf Bl. 3 f. der KStG-2001- Akte Bezug.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 5. Mai 2003 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 24. Juni 2003 zurückwies.
Darauf hat die Klägerin am 24. Juli 2003 Klage erhoben.
Sie macht geltend, die Verrechnung ihres belasteten positiven Eigenkapitals mit dem unbelasteten negativen Eigenkapital nach § 36 Abs. 4 KStG n. F. sei verfassungswidrig. Die Regelung stelle sich als unzulässige Rückwirkung dar. Denn sie schränke die steuermindernde Wirkung einer Ausschüttung und die Anrechenbarkeit des Körperschaftsteuerguthabens auf die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer des Anteilseigners ein. Damit werde die ursprünglich - bei wirtschaftlicher Betrachtung - nur vorläufig festgesetzte Körperschaftsteuer auf einbehaltene Gewinne definitiv.
Ferner werde durch den Entzug des Anrechnungsguthabens auch das Eigentumsrecht ihres Gesellschafters nach Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz - GG - verletzt. Denn bis zum Inkrafttreten der Regelung des § 36 Abs. 4 KStG n. F. habe der Anteilseigner erwarten und darauf vertrauen können, dass er im Falle einer Ausschüttung in den Genuss der Anrechnung der Körperschaftsteuer komme. Damit habe ein ebenfalls durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Anwartschaftsrecht bestanden. Schließlich sei Art. 14 GG auch dadurch tangiert, dass sich der Wert der Anteile an der Klägerin durch den Wegfall des Anrechnungsguthabens vermindert habe. Man könne die Regelung des § 36 Abs. 4 KStG n. F. zwar als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentumsrechts des Anteilseigners sehen, jedoch sei diese Regelung unverhältnismäßig. Denn der Gesetzgeber habe ohnehin eine 15jährige Übergangsfrist bis zur vollständigen Abschaffung der Körperschaftsteueranrechnung vorgesehen. Daher wäre es ohne weiteres machbar gewesen, die bisherigen Eigenkapitalbestände der Klägerin fortzuführen. Die Verrechnung der Eigenkapitalbestände sei daher nicht für die Zwecke des Übergangs vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren erforderlich gewesen. Jedenfalls stehe die damit verbundene Beeinträchtigung der Rechtsposition der Klägerin dazu außer Verhältnis.
Die Klägerin beantragt,
abweichend von dem Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände gem. § 36 Abs. 7 KStG n. F. und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG n. F. zum 31. Dezember 2001 vom 7. April 2003 in Gestalt der Einspruchse...