Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit der mehrmaligen Erweiterung einer Prüfungsanordnung. Auslegung und begünstigender Charakter einer Erweiterung des Prüfungszeitraums
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Prüfungsanordnung, die mehrere Steuerarten betrifft, beinhaltet mehrere selbstständige Verwaltungsakte.
2. Behält sich das Finanzamt bei Anordnung einer Außenprüfung ausdrücklich vor, die Prüfung auf andere Steuerarten und Zeiträume auszudehnen, so ist eine auf andere Zeiträume erweiterte Prüfungsanordnung, die ihrerseits einen solchen Vorbehalt nicht enthält, nach Maßgabe des Empfängerhorizonts dahin auszulegen, dass das Finanzamt sein Ermessen bewusst dahingehend betätigt habe, auf eine über das Maß dieser – ersten – Erweiterung hinausgehende Ausdehnung des Prüfungsumfangs verzichten zu wollen.
3. Bei diesem Verständnis haben die in dieser erweiterten Prüfungsanordnung liegenden Verwaltungsakte im Verhältnis zu einer späteren nochmaligen – weitergehenden – Ausdehnung des Prüfungsumfangs begünstigenden Charakter.
Normenkette
AO §§ 194, 196, 5, 118; BpO 2000 § 4
Nachgehend
Tenor
Die Erweiterung der Prüfungsanordnung vom 09. März 2006 auf Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer für 1997 sowie die zu dieser ergangene Einspruchsentscheidung werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der zweiten Erweiterung einer Prüfungsanordnung.
Der Kläger ermittelte seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG.
Der Beklagte führte beim Kläger zunächst eine Außenprüfung für die Jahre 1994 bis einschließlich 1996 durch. In der Prüfungsanordnung behielt er sich ausdrücklich vor, diese auf weitere Steuerarten, Zeiträume und Sachverhalte, die für die Besteuerung von Bedeutung sein könnten, auszudehnen. Im Prüfungsbericht führte er aus, die betriebliche Veranlassung einer Zahlung von DM 35.000,– im Jahre 1996, die der Kläger als Teil der Anschaffung eines Grundstücks behandelt habe, habe dieser nicht nachweisen können. Im Rahmen der Außenprüfung legte ihm der Kläger einen zwischen diesem und der Gemeinde im Jahre 1995 geschlossenen Erschließungsvertrag vor, aus dem hervorging, dass der Kläger beabsichtige, auf dem zu erschließenden Areal Einfamilienhäuser zu errichten.
Der Beklagte ordnete unter dem 18. Januar 2005 eine weitere Außenprüfung für die Jahre 1999 bis einschließlich 2001 hinsichtlich Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer an. Wiederum behielt er sich ausdrücklich vor, die Prüfungsanordnung auf weitere Steuerarten, Zeiträume und bestimmte Sachverhalte, die für die Besteuerung von Bedeutung sein könnten, auszudehnen.
Am 24. Februar 2005 sandte der Beklagte ein Fax an den Kläger, in dem er ihn u.a. aufforderte, zu erläutern, warum im Zusammenhang mit der Aufhebung des Kaufvertrags über ein vom Kläger erworbenes Objekt in, die am 14. Oktober 1997 erfolgt sei, 10.000,– DM an ihn gezahlt worden seien. Mit demselben Schreiben forderte er ihn zur Vorlage eines 1997 betreffenden Kontenblatts auf.
Unter dem 01. März 2005 erweiterte der Beklagte die Prüfungsanordnung hinsichtlich Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer auf das Jahr 1998. Zur Begründung führte er aus, die Besteuerungsgrundlagen könnten nicht ohne Erweiterung des Prüfungszeitraums festgestellt werden. Es sei zu klären, inwieweit die bezahlten Erschließungskosten im Rahmen der Bauträgertätigkeit des Klägers in als Einnahme erfasst worden seien. Einen Vorbehalt der – abermaligen – Erweiterung brachte der Beklagte nicht an. Den gegen die Erweiterung der Prüfungsanordnung gerichteten Einspruch wies er unter dem 20. Mai 2005 als unbegründet zurück. Er führte aus, ab dem Jahre 1994 habe der Kläger Kosten der Erschließung von Grundstücken als Treuhänder für die späteren Grundstückserwerber getragen. Die ihm hierdurch entstandenen Betriebsausgaben führten beim Verkauf der Grundstücke an die späteren Erwerber zu Betriebseinnahmen. Auch die Einspruchsentscheidung enthält keinen Vorbehalt einer abermaligen Erweiterung.
Unter dem 09. März 2006 erweiterte der Beklagte die Prüfungsanordnung auf Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer für 1997. Der hiergegen gerichtete Einspruch ging beim Beklagten am 21. März 2006 ein. Der Kläger trug vor, die abermalige Erweiterung des Prüfungszeitraums sei unzureichend begründet worden. Der Beklagte wolle durch die Erweiterung der Prüfungsanordnung Beschränkungen, die ihn im Falle strafrechtlicher Ermittlungen träfen, umgehen.
Unter dem 23. Juni 2006 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, der Kläger sei seit 1994 als Makler tätig gewesen und habe Bauleistungen erbracht. Er habe Hinweise auf den Erwerb eines Grundstücks in durch den Kläger im Jahre 1996. Im Jahre 1997 seien Betriebsausgaben i.H.v. DM 84.100,– verbucht worden, von denen jedoch DM 35.000,– bereit...