vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kommunaler Kindergarten als Betrieb gewerblicher Art
Leitsatz (redaktionell)
- Kommunale Kindergärten dienen ganz oder zumindest weit überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt und stehen nicht in marktwirtschaftlichen Wettbewerb zu dem Angebot der freien Träger, so dass eine Behandlung als Betrieb gewerblicher Art ausscheidet.
- Es fehlt auch an einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit, da diese Einrichtungen vorrangig der Schließung der durch das Angebot der freien Träger nicht gedeckten Bedarfslücken und nicht der Erzielung von Einnahmen dienen.
- Auf die umsatzsteuerliche Abgrenzung zwischen hoheitlicher und unternehmerischer Tätigkeit kommt es nicht an, weil eine ausschließlich auf die formalrechtliche Ausgestaltung der Leistungsbeziehung abstellende Betrachtungsweise dem Ertragsteuerrecht fremd ist.
Normenkette
KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 5 S. 1; AO §§ 15, 68 Nr. 1b; SGB VIII § 4 Abs. 2, §§ 22, 24; GTK NW §§ 1, 2 Abs. 1, §§ 10, 18 Abs. 4; RL 77/388/EWG Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2
Streitjahr(e)
2005
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist eine kreisfreie Kommune. Sie unterhält als Trägerin der öffentlichen Jugendhilfe eigene Kindertagesstätten (Kindergärten). Die Mehrzahl der Kindergärten im Stadtgebiet werden von freien Trägern der Jugendhilfe (Kirchen, Wohlfahrtsverbänden, frei gemeinnützigen Trägern) betrieben. Vereinzelt bieten auch gewerbliche Unternehmen die Kindertagesbetreuung an. Die Nutzungsverhältnisse kommunaler Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen sind nicht einheitlich geregelt. Der Besuch der kommunalen Kindergärten kann aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses (vgl. z.B. § 2 Abs. 4 der kommunalen Benutzungsordnung der Stadt Köln vom 20.10.2008) oder auf privatrechtlicher Grundlage (vgl. die privatrechtliche Benutzungsordnung der Stadt Bielefeld für Kindertageseinrichtungen in Trägerschaft der Stadt vom 5.05.2008) erfolgen. Die Klägerin hat keine Benutzungsordnung für ihre Kindertageseinrichtungen erlassen. Für die Aufnahme der Kinder findet ein Mustervertrag Anwendung, der privatrechtlich ausgestaltet ist.
Für den Besuch der kommunalen oder von freien Trägern der Jugendhilfe betriebenen Kindertagesstätten hatten die Eltern im Streitjahr (2005) nach § 90 Sozialgesetzbuch - Achtes Buch -- SGB VIII -- in Verbindung mit § 17 des im Streitjahr noch anwendbaren Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder vom 29.10.1991, GV.NW 1991, 380 (GTK NW) entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gestaffelte öffentlich-rechtliche Beiträge zu den Jahresbetriebskosten zu entrichten, wobei die Beitragspflicht ab dem zweiten Kind entfiel. Die Elternbeiträge wurden von der Klägerin durch Verwaltungsakt festgesetzt und in den kommunalen Haushalt eingestellt. Mit der zum 1.08. 2006 in Kraft getretenen Neufassung des § 17 GTK NW, der insoweit dem seit dem 1.08.2008 geltenden § 23 des Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz– Viertes Gesetz zur Ausführung des SGB VIII – vom 30.10.2007 (GV.NW 2007, 462) –KiBiz– entspricht, wurde das Elternbeitragsrecht kommunalisiert. Seither entscheiden in Nordrhein-Westfalen die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in eigener Zuständigkeit über die Beitragspflicht im Rahmen des kommunalen Satzungsrechts. Eine Verpflichtung zur Erhebung von Elternbeiträgen besteht nicht mehr. Seit „Jahr A” erhebt die von der Klägerin für die Betreuung von Kindern über 3 Jahre bis zum Eintritt in die Schule insoweit keine Beiträge mehr (vgl. Anlage zur Satzung „...”).
Erstmals mit Schreiben vom 25.10.2007 vertrat der Beklagte die Auffassung, dass es sich bei den von der Klägerin unterhaltenen Kindergärten um einen Betrieb gewerblicher Art handelt. Nachdem er die Klägerin erfolglos zur Abgabe von Steuererklärungen für das Streitjahr (2005) aufgefordert hatte, setzte er unter Ansatz eines geschätzten Steuerbilanzgewinns von 5.000 EUR die Körperschaftsteuer für das Streitjahr auf 291 EUR fest.
Gegen diesen Schätzungsbescheid hat die Klägerin nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben. Sie hält daran fest, dass sie als Betreiberin von Kindergärten keine wirtschaftliche Tätigkeit zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen ausübe, die die Annahme eines Betriebs gewerblicher Art im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 bzw. § 4 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) rechtfertigen könnte. Zudem sei die Schätzung eines Gewinns von 5.000 EUR offensichtlich willkürlich. Ausweislich der kameralistischen Jahresrechnung habe sie im Streitjahr im Bereich der Kindertagesstätten eine Unterdeckung von rd. „X” Mio. Euro erwirtschaftet. Dies mache zugleich deutlich, dass eine Besteuerungsnotwendigkeit nach § 4 Abs. 1 KStG aus Gründen der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen nicht bestehen könne.
Die Klägerin beantragt,
den Körperschaftsteuerbescheid 2005 vom 10.12.2007 in Gestalt der Einspruchsentschei...