Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuerliche Aktivierung von Kiesvorkommen als selbständiges Wirtschaftsgut
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Bescheid über die einheitliche und gesonderte Einkünftefeststellung ist hinsichtlich der Behandlung eines Kiesvorkommens als selbständiges Wirtschaftsgut nicht Grundlagenbescheid für den Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den jeweils folgenden 1. Januar; dies gilt ungeachtet der Bindungswirkung der Steuerbilanzwerte für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens gemäß § 109 BewG 1993.
2. Ein Kiesvorkommen ist steuerrechtlich ein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut und nicht unselbständiger Teil des Wirtschaftsguts Grund und Boden, wenn der Bodenschatz durch den Stpfl. zur nachhaltigen Nutzung in den Verkehr gebracht und damit als Wirtschaftsgut greifbar geworden ist.
3. Nachhaltig in den Verkehr gebracht ist der Bodenschatz, wenn mit der Aufschließung des Bodenschatzes begonnen wird oder demnächst mit seiner Aufschließung zu rechnen ist.
4. Dafür spricht eine tatsächliche Vermutung, wenn das den Bodenschatz enthaltende Grundstück an einen Abbauunternehmer veräußert und dieser nicht nur den Kaufpreis für den Grund und Boden, sondern zusätzlich auch für den Bodenschatz zahlt.
5. Diese Vermutung wird durch die Ablehnung eines Abgrabungsantrags nur widerlegt, wenn die Ablehnung bereits in dem Zeitpunkt, zu dem der Abbauunternehmer das Grundstück erwirbt, vorliegt und nicht mehr anfechtbar ist; weiterhin darf die Erteilung der Genehmigung nach den Vorstellungen des Unternehmers auch künftig nicht mehr zu erwarten sein.
6. Der Begriff „demnächst” ist sehr weit auszulegen (im Streitfall: bis zu 20 Jahre).
7. Steht der Grundstückskaufvertrag unter der auflösenden Bedingung, dass die zur Durchführung der Auskiesung erforderlichen Genehmigungen nicht erteilt oder mit Auflagen belastet werden, die eine wirtschaftlich sinnvolle Durchführung der Auskiesung ausschließen, so berührt dies die Konkretisierung des Wirtschaftsguts Kiesvorkommen nicht (Abgrenzung zum Urteil des Bundesfinanzhofes vom 7. Dezember 1989 IV R 1/88, BStBl 1990 II, 317).
Normenkette
FGO § 40 Abs. 2; AO § 171 Abs. 10, § 182 Abs. 1 S. 1, § 351 Abs. 2; BewG § 95 Abs. 1, § 98a S. 1, §§ 109, 109a; EStG §§ 6, 15; BGB § 94
Streitjahr(e)
1992
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin im Jahr 1992 berechtigt war, einen in der Steuerbilanz bisher als Kiesvorkommen ausgewiesenen Posten auf die Bilanzposition Grund und Boden umzubuchen.
Die Klägerin betreibt seit vielen Jahren ein Unternehmen zum Abbau von Kies und Sand.
Bis zum 31. Dezember 1991 hatte sie die Anschaffungskosten für Grundstücke von insgesamt ca. 20 Millionen DM, die ein Kiesvorkommen enthielten, auf die Wirtschaftsgüter Grund und Boden (4.695.661 DM) und Kiesvorkommen (15.411.286 DM) aufgeteilt und entsprechend bilanziert. Es handelte sich u.a. um folgende Grundstücke:
„F 1”
Mit notariell beurkundeten Verträgen vom 28. März 1968 (URNR 223/1968 der Notarin G, Z-Stadt), vom 21. Juni 1971 (URNR 821/1971 der Notarin G, Z-Stadt), vom 10. Februar 1970 (URNR 163/1970 des Notars H, Y-Stadt) und vom 8. April 1970 (URNR 472/1970 des Notars H, Y-Stadt) erwarb die Klägerin Grundstücksflächen in X-Stadt (Flur 18) zum Zwecke der Auskiesung. Bis zum 31. Dezember 1991 bilanzierte die Klägerin für das in diesen Grundstücken enthaltene Kiesvorkommen einen Betrag von 379.872,38 DM.
„F2”
Mit dem Kreis W-Stadt schloss die Klägerin am 17. März 1970 einen Vertrag ab. Ausweislich § 1 dieses Vertrages gestattete der Kreis der Klägerin auf den zuvor von dem Kreis zu erwerbenden Geländen in den Gemarkungen V-Stadt und U-Stadt, die Gewinnung und den Verkauf auf eigene Rechnung der dort anstehenden Kies- und Sandvorkommen sowie alle damit zusammenhängenden Arbeiten. Auf den weiteren Inhalt dieses Vertrages wird verwiesen.
Für das Kiesvorkommen in den von dem Kreis W-Stadt in den Jahren 1974 bis 1978 treuhänderisch für die Klägerin erworbenen Grundstücken (insgesamt 45,3504 ha) bilanzierte die Klägerin bis zum 31. Dezember 1991 einen Betrag von 1.701.285,10 DM.
„F3”
Am 1. Oktober 1985 erwarb die Klägerin eine ca. 8 ha große Grundstücksfläche in „F4”. Ausweislich I. Nr. 2 des notariell beurkundeten Kaufvertrages (URNR 1435/1985 des Notars I, T-Stadt) betrug der Kaufpreis für den Fall, dass eine Auskiesung des Kaufgeländes durchgeführt werden kann, 17 DM pro qm. Dieser Betrag teilte sich auf in 6 DM je qm für die landwirtschaftliche Fläche und 11 DM je qm für das anstehende Kies/Sandvorkommen. Die Beträge waren wie folgt fällig: Der Betrag für die landwirtschaftliche Fläche und ein Betrag von 2 DM für das Kies- und Sandvorkommen nach Eingang der Genehmigung der Landwirtschaftskammer; der Restkaufpreis von 9 DM, sobald eine bestandskräftige Genehmigung zur Auskiesung vorlag. Für das Kiesvorkommen in diesem Grundstück bilanzi...