Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliches Wertaufholungsgebot und Begriff der „rechtlichen Identität” i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG eines Wirtschaftsgutes
Leitsatz (redaktionell)
- Bei dem Wirtschaftsgut, das mit einem niedrigeren Teilwert in der Bilanz angesetzt wurde und dem Wirtschaftsgut, dessen Bilanzansatz unter Berücksichtigung des steuerlichen Wertaufholungsgebots des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG mit einem höheren Teilwert angesetzt werden soll, muss es sich um das rechtlich identische Wirtschaftsgut handeln.
- Daran fehlt es, wenn die Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert auf eine unmittelbare Beteiligung vorgenommen wurde, deren Anteile mittlerweile von einer zwischengeschalteten Tochtergesellschaft gehalten werden, bei der die Teilwertsteigerung eingetreten ist.
- Nichts anderes gilt, wenn infolge akzeptierter Buchwertfortführungen nach den Grundsätzen des sog. „Tauschgutachtens” die zwischengeschaltete Tochtergesellschaft mit dem Buchwert der ursprünglich unmittelbar gehaltenen Beteiligung angesetzt worden ist und sich die Tätigkeit dieser Tochtergesellschaft auf das Halten der früher unmittelbaren Beteiligung beschränkt.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1; KStG § 8 Abs. 1; UmwStG § 12 Abs. 3 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Anwendbarkeit des so genannten „steuerlichen Wertaufholungsgebotes” nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz - EStG - i.V.m. § 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz - KStG -.
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, deren Unternehmensgegenstand unter anderem das „...”. Zur Durchführung dieser Tätigkeiten bedient sich die Klägerin verschiedener Betriebsführungsgesellschaften. Auf die 100 %-ige Beteiligung der Klägerin an der in den USA ansässigen „T-Corporation” nahm die Klägerin in den Jahren 1981 bis 1985 Wertberichtigungen i.H.v. 200.054.143 DM vor. Der Buchwert der Beteiligung belief sich danach auf 165.993.155 DM. Nachdem die „T-Corporation” zunächst auf den unterschiedlichsten Sektoren der industriellen Fertigung und Verarbeitung tätig war, wurden diese Aktivitäten bis Mitte 1985 durch Veräußerung bzw. Liquidation der entsprechenden Tochtergesellschaften bzw. Betriebsstätten vollständig eingestellt. Seit diesem Zeitpunkt beschränkt sich die Tätigkeit der „T-Corporation” auf die Arbeitsfelder „...”.
Mit Wirkung zum 01.01.1993 brachte die Klägerin ihre Beteiligung an der „T-Corporation” gegen Gewährung neuer Anteile im Umfang von 10,4 % in die „W-Corporation” ein. Infolge einer entsprechenden verbindlichen Auskunft des Beklagten führte die Klägerin den Buchwert unter Anwendung des so genannten „Tauschgutachtens” fort.
Im Jahr 1998 gründete die Klägerin die „Ti-Corporation” als 100 %-ige Tochtergesellschaft. Zum 30.09.1998 wurde die 10,4 %-ige Beteiligung der Klägerin an der „W-Corporation” - wiederum auf der Grundlage einer entsprechenden verbindlichen Auskunft unter Anwendung des Tauschgutachtens - zu Buchwerten in die „Ti-Corporation” eingebracht. Im Rahmen eines so genannten „Splitt-Off” übertrug die „W-Corporation” die von ihr gehaltene 100 %-ige Beteiligung an der „T-Corporation” auf die „Ti-Corporation”, die ihrerseits die 10,4 %-ige Beteiligung an der „W-Corporation” auf diese übertrug. Auch dieser Anteilstausch erfolgte nach einer entsprechenden verbindlichen Auskunft durch den Beklagten unter Fortführung der Buchwerte. Im Streitjahr hielt folglich die „Ti-Corporation” als 100 %-ige Tochtergesellschaft der Klägerin ihrerseits die 100 %-ige Beteiligung an der „T-Corporation”.
Trotz eines - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Verkehrswertes der „T-Corporation” zum 31.12.1999 i.H.v. 307.962.600 DM behielt die Klägerin den niedrigeren Wertansatz i.H.v. 165.993.155 DM in ihrer Handelsbilanz bei (Artikel 24 Abs. 1 EGHGB). Im Hinblick auf die zu erstellende Steuerbilanz stellte die Klägerin am 13.12.1999 den Antrag, den niedrigeren Beteiligungsbuchwert nach § 163 AO auf Dauer auch in der Steuerbilanz beibehalten zu dürfen. Dieser Antrag wurde am 11.12.2000 bestandskräftig abgelehnt. Am 24.07.2001 erließ der Beklagte den Körperschaftsteuerbescheid 1999, wobei er die Aufstockung des Buchwertes i.H.v. 28.393.889 DM (1/5 von 141.969.445 DM) einkommenserhöhend berücksichtigte.
Nachdem das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren erfolglos geblieben war (Einspruchsentscheidung vom 15.06.2002), macht die Klägerin mit ihrer am 20.06.2002 erhobenen Klage geltend, der Beklagte habe zu Unrecht den Beteiligungsbuchwert um den Betrag von 28.393.889 DM erhöht.
Dieses folge zunächst aus dem Umstand, dass das Objekt der früheren Teilwertabschreibung („T-Corporation”) mit dem aktuellen Zuschreibungsobjekt („Ti-Corporation”) nicht identisch sei. Auch sei mit der Wertaufholung kein Zuwachs an Leistungsfähigkeit verbunden, weshalb die Erhebung eines entsprechenden Steueranspruchs sachlich unbillig sei. Hinzu komme weiterhin, dass das durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 eingeführte Wertaufholungsgebot des § 6 A...