vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses des Abgeltungsteuersatzes bei Darlehen an Kapitalgesellschaften
Leitsatz (redaktionell)
- Die Anwendung des gesonderten Steuertarifs der Abgeltungsteuer für Zinszahlungen einer Kapitalgesellschaft an einen zu mindestens 10 % beteiligten Anteilseigner war nach der vor dem Inkrafttreten des JStG 2020 geltenden Rechtslage (§ 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F.) auch im Fall der Auslandsansässigkeit der Schuldner-Kapitalgesellschaft ausgeschlossen.
- Gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F. bestehen auch im Hinblick auf die abweichende steuerliche Behandlung der von § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG a.F. erfassten Darlehen an natürliche Personen keine Bedenken.
Normenkette
EStG a.F. § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 32a Abs. 1, § 32d Abs. 1, 2 S. 1 Nrn. 1a, 1b; EStG i.d.F. des JStG 2020 § 52 Abs. 33b S. 1; EStG i.d.F. des JStG 2020 § 52 Abs. 33b S. 2; GG Art. 3
Streitjahr(e)
2011
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Zinsen, die der Kläger von einer niederländischen Kapitalgesellschaft erhalten hat, bei ihm der tariflichen Einkommensteuer (ESt) nach § 32a Abs. 1 EStG oder dem besonderen Steuersatz des § 32d Abs. 1 EStG (sog. Abgeltungsteuer) unterliegen.
Die Kläger sind Ehegatten und werden im Streitjahr 2011 zusammen zur ESt veranlagt. Der Kläger ist Alleingesellschafter der in den Niederlanden ansässigen A- Holding BV, welche wiederum Alleingesellschafterin der ebenfalls in den Niederlanden ansässigen B- BV ist. Der Kläger erzielt als Geschäftsführer der B- BV Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Zudem hatte er der B- BV verschiedene Darlehen zu einem Zinssatz von 8 % gewährt, aus denen ihm im Jahr 2011 Zinsen i.H.v.…€ zugeflossen sind. Dieser Sachverhalt ist zwischen den Beteiligten unstreitig; Streit besteht allein über die Art und Weise der Besteuerung der vorgenannten Zinsen.
In der ESt-Erklärung 2011 (Kz. 99/54/230 der Anlage KAP) erklärte der Kläger Kapitalerträge, die nicht dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben, i.H.v. .... €. Im ESt-Bescheid 2011 besteuerte der Beklagte diese Kapitalerträge mit dem besonderen Steuersatz des § 32d Abs. 1 EStG. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Am 28.12.2016 (Zustellung mit Zustellungsurkunde am 29.12.2016) erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid, mit dem er die ESt 2011 von bislang…€ auf…€ heraufsetzte. Dabei erfasste er die Darlehenszinsen i.H.v.…€, die der Kläger von der B- BV erhalten hatte, nunmehr als der tariflichen ESt unterliegende Einkünfte aus Kapitalvermögen; zugleich wurden die der Abgeltungsteuer unterliegenden Kapitaleinkünfte aus nicht streitigen Gründen auf…€ korrigiert.
Der gegen den Änderungsbescheid eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 16.04.2018 als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte hielt dabei daran fest, dass die Darlehenszinsen der tariflichen ESt nach § 32a Abs. 1 EStG zu unterwerfen seien. Bei den von dem Kläger bezogenen Zinsen handele es sich unstreitig um Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Solche seien gem. § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG jedoch von der Abgeltungsteuer ausgenommen, wenn sie von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner bezahlt würden, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt sei; dies gelte auch, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge eine dem Anteilseigner nahe stehende Person sei. Bei dem Kläger - als Gläubiger der Kapitalerträge - handele es um eine nahe stehende Personen im Sinne der o.g. Vorschrift. Durch die unmittelbare 100%ige Beteiligung an der A- Holding BV (Anteilseigner-Kapitalgesellschaft), die wiederum zu 100 % an der B-BV (Schuldner-Kapitalgesellschaft) beteiligt sei, seien die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG erfüllt. Durch die mittelbare Beteiligung an der Darlehensnehmerin und seiner Tätigkeit als alleiniger Geschäftsführer habe der Kläger beherrschenden Einfluss auf die geschäftlichen Belange der Gesellschaft und sei damit in der Lage, die eigenen wirtschaftlichen Interessen in Bezug auf die Darlehensvertragsmodalitäten durchzusetzen.
Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Vorschrift des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG auch nicht auf Inlandssachverhalte beschränkt. Im Gegensatz zum Ausnahmetatbestand des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG, der auf die inländische Besteuerung abstelle, enthalte der Gesetzestext des Buchstaben b keine diesbezügliche Einschränkung. Eine solche Einschränkung würde auch nicht dem Sinn und Zweck des § 32d Abs. 1 EStG entsprechen, der darin bestehe, die Standortattraktivität Deutschlands im internationalen Wettbewerb für private Anleger zu erhöhen (Verweis auf BFH, Urteil vom 29.04.2014 - VIII R 23/13, BStBl II 2014, 884).
Die Kläger haben sodann Klage erhoben. Sie begründen diese wie folgt:
Zwar sei es richtig...