Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsätzliche Steuerhinterziehung bei Nichterklärung steuerpflichtiger Zinsen aus Geldanlagen in der Türkei
Leitsatz (redaktionell)
In der Nichterklärung ausländischer Zinseinkünfte aus – dem Quellensteuerabzug unterliegenden – Geldanlagen bei einer türkischen Bank liegt ohne entgegenstehenden Tatbestandsirrtum eine vorsätzliche Steuerhinterziehung, wenn der Steuerpflichtige angesichts in sich widersprüchlicher Werbeaussagen der Bank nicht auf die inländische Steuerfreiheit der Erträge vertrauen kann und ungeachtet sich aufdrängender Zweifel weder qualifizierte Auskunftspersonen zu Rate zieht noch der Finanzbehörde die für die rechtliche Einordnung relevanten Tatsachen mitteilt.
Normenkette
AO § 169 Abs. 2 S. 2, § 370 Abs. 1 Nr. 2; StGB § 16 Abs. 1 S. 1
Streitjahr(e)
1994
Tatbestand
Nachdem die Steuerfahndung festgestellt hatte, dass die Klägerin Geldanlagen bei der türkischen „Bank U” („U”) getätigt hatte, forderte der Beklagte (das Finanzamt --FA--) die Klägerin mehrfach auf, Auskunft über ihr ausländisches Kapitalvermögen zu erteilen (vgl. die Schreiben vom 17.9.2001, 19.12.2001, 5.3.2002, 19.4.2002). Die Klägerin antwortete darauf mit Schreiben vom 30.5.2002 sowie vom 29.6.2002 sinngemäß, sie habe kein Kapitalvermögen im Ausland angelegt und wisse auch nicht, worauf das FA hinauswolle. Auch nachdem das FA ausdrücklich auf Zinseinkünfte aus der Türkei hingewiesen hatte, antwortete die Klägerin mit Schreiben vom 16.8.2002 erneut, sie habe weder aus der Türkei noch irgendwoher Zinseinkünfte erhalten. Schließlich bestritt die Klägerin laut einem Aktenvermerk vom 8.1.2003 auch im Rahmen eines Erörterungstermins an Amtsstelle ausdrücklich, Anlagen bei der „U” getätigt zu haben.
Das FA erließ daraufhin mit Datum vom 17.1.2003 einen Schätzungsbescheid gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO), und zwar unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 AO. Das FA schätzte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 38.000 DM, aus Kapitalvermögen in Höhe von 1.900 DM (Einnahmen 8.000 DM abzüglich Sparerfreibetrag und Werbungskostenpauschbetrag) und aus Spekulationsgeschäften in Höhe von 2.000 DM. Auf Grundlage dieser Schätzung ergab sich eine festgesetzte Einkommensteuer von 3.819,35 €.
Gegen den Schätzungsbescheid legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein. Zur Begründung trug sie weiterhin vor, sie habe kein Geld bei der „U” angelegt. Dies folge auch aus einem von ihr angeforderten Bestätigungsschreiben der „U”. Dieses Schreiben ist an „A” – dabei handelt es sich um den Geburtsnamen der Klägerin, den sie Mitte 1996 ablegte – adressiert. In dem Schreiben heißt es: „In ihrem Schreiben teilen Sie uns mit, das Sie im Jahr 1994 kein Konto bei unserer Bank eröffnet haben und bitten uns dies zu bestätigen. Nach eingehender Prüfung der Registrierungen wurde festgestellt, dass kein auf Ihr Namen eröffnetes Konto bei unserer Bank vorhanden ist”.
Das FA teilte der Klägerin daraufhin mit, dass sie laut einem Auszahlungsbeleg vom 4.7.1994 (mit ihrem Mädchennamen) eine Unterschrift unter eine Auszahlung über 50.000 DM geleistet habe und dabei ihre Reisepassnummer angegeben hätte. Die Auszahlung habe den Kreditbrief Nr. „000.0001” betroffen. Da die Berechnung und Auszahlung der Zinsen bei diesem Typ nach Ablauf der Festlegung erfolgt sei, sei auch davon auszugehen, dass im Jahr 1994 die Zinsen für die gesamte Laufzeit ausgezahlt wurden.
Nachdem die Klägerin keine Stellungnahme zu dieser Mitteilung durch das FA abgab, wies das FA den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 28.1.2004 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 27.2.2004, die laut Eingangsstempel am 5.3.2004 beim Finanzgericht (FG) Düsseldorf eingegangen ist. Nach Ansicht der Klägerin ist eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 1994 nicht mehr zulässig gewesen. Zufällig habe sie ihren alten Steuerbescheid (seinerzeit erlassen vom FA „D-Stadt”) wieder gefunden. Dieser laute noch auf ihren Mädchennamen und datiere vom 22.12.1995. Die Steuererklärung für 1994 müsse daher im Jahr 1995 eingereicht worden sein, so dass – eine 5-jährige Verjährungsfrist unterstellt – die Festsetzungsfrist am 31.12.2000 abgelaufen sei. Die Voraussetzungen einer 10-jährigen Festsetzungsfrist lägen dagegen nicht vor, da eine Steuerhinterziehung schon mangels Vorsatzes ausscheide. Die „U” habe in Anzeigen und in einem Video, dass der Klägerin vorliege, damit geworben, dass die Zinserträge in Deutschland steuerfrei seien. Es werde im Übrigen bestritten, dass die Pflicht zur Angabe von Zinserträgen – wie vom FA behauptet – seinerzeit allgemein bekannt gewesen sei.
Im Rahmen des Klageverfahrens erließ das FA am 29.7.2004 einen Änderungsbescheid, in dem es – ausgehend von den Werten des von der Klägerin übersandten Erstbescheides – einen Bruttoarbeitslohn von nur noch 8.707 DM und Einkünfte aus Spekulationsgeschäften von 0 DM zugrunde legte. Die Einnahmen aus Kapitalvermögen beließ das FA unverändert bei 8.000 DM.
Die Klägerin beantra...