Entscheidungsstichwort (Thema)
Unentgeltliche Überlassung einer Dienstwohnung nach SachBezV 1990 mit Wert für freie Kost und Verpflegung anzusetzen
Leitsatz (redaktionell)
1. Ungeachtet der bloßen Möglichkeit der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht aufgrund des die Beitragsbemessungsgrenze übersteigenden Arbeitslohns ist die unentgeltliche Überlassung einer Dienstwohnung (Mietwert: 64.000,-- DM p.a.) nebst Verpflegung an einen Arbeitnehmer nach der insoweit eindeutigen gesetzlichen Regelung mit dem nach der SachBezV 1990 geltenden Wert für freie Kost und Wohnung i.H.v. 6.480,-- DM p.a. anzusetzen.
2. Die Anwendung gesetzlicher Bestimmungen zugunsten des Steuerpflichtigen kann nicht im Einzelfall unter Berufung auf den Gleichheitssatz oder zur Vermeidung einer unzutreffenden Besteuerung verweigert werden.
3. Dem Urteil des BFH vom 06.02.1987 VI R 24/84 (BStBl II 1987, 355) kann nicht die Aussage entnommen werden, dass die Werte der SachBezV immer dann unanwendbar seien, wenn sie im Einzelfall in mehr oder weniger großem Umfang von den tatsächlichen Verkehrswerten abweichen.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; EStG § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Sätze 2-3, § 19 Abs. 1 S. 2; SGB IV § 2 Abs. 1; EStG § 17 Abs. 1 Nr. 3; SGB VI § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; SachBezV 1990 § 1 Abs. 1, § 3; LStR 1990 Abschn. 31 Abs. 4 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Behandlung einer der Klägerin unentgeltlich überlassenen Wohnung.
Die Klägerin ist leitende Angestellte der … oHG, an der zu 50 v.H. der Kaufmann … beteiligt ist; die weiteren 50 v.H. verteilen sich auf dessen Söhne. Ohne Einlage ist daneben noch die … GmbH beteiligt, deren Anteile in demselben Verhältnis wie die Anteile an der oHG ebenfalls von … und dessen Söhnen gehalten werden. … ist außerdem zu 90 v.H. an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (… GbR) beteiligt, der umfangreicher Grundbesitz gehört. Die restlichen 10 v.H. verteilen sich auch hier auf die Söhne des Hauptgesellschafters.
Zum Grundvermögen der GbR gehört in … das Grundstück … Das noch aus dem vorigen Jahrhundert stammende Gebäude, dessen Fassade unter Denkmalschutz steht, wurde in den Jahren 1981 - 1984 vollständig renoviert und mit einem Kostenaufwand von rund 10 Mio DM zu einem Wohn- und Gästehaus umgebaut. In dem Gebäude befinden sich seither in den unteren Geschossen bis einschließlich dem I. Obergeschoss Büro-, Konferenz- und Bewirtungsräume und im II. Obergeschoss Appartements zur Beherbergung von Gästen. Insoweit ist das Gebäude an die oHG vermietet. Im III. Obergeschoss - dem Dachgeschoss - schließlich befindet sich eine 183 qm große Wohnung, die ausschließlich der Klägerin zur Nutzung zur Verfügung steht.
Die Klägerin nutzt die Wohnung aufgrund eines ihr Ende 1983 von der GbR eingeräumten Wohnrechts, das zu ihren Gunsten im Grundbuch durch eine auflösend bedingte, beschränkte persönliche Dienstbarkeit gesichert ist. Nach dem Vertrag vom 15. Dezember 1983 (UR-Nr. … des Notars …) umfaßt das Wohnrecht alle im 3. 0bergeschoß befindlichen Räume nebst Terrasse, den im 2. 0bergeschoß links vom Aufzug gelegenen Saunaraum nebst Vorraum und die zum Obergeschoß führende Innentreppe, ferner den im Kellergeschoß nächst dem Aufzug gelegenen KFZ-Einstellplatz. Außer im Fall des Todes erlischt das Wohnrecht, wenn die Berechtigte zu Lebzeiten von Herrn … für ein Konkurrenzunternehmen tätig wird oder sich an einem solchen mittelbar oder unmittelbar beteiligt. Ferner heißt es: Schuldrechtlich wird vereinbart, daß die Ausübung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (Wohnrecht) erst mit dem Eintritt der Pensionierung der Berechtigten unentgeltlich ist.
Die Wohnung verfügt nach der Baubeschreibung über einen Aufzug, eine zur Wohnung gehörende Sauna, ein Atrium, eine Loggia, Holzfenster mit Thermopaneverglasung, Textilböden und eine Fußbodenheizung mit Zusatzheizkörpern, ferner über Einbauschränke und eine voll ausgestattete Einbauküche.
Die Klägerin hatte weder für die Nutzung der Wohnung noch für die ihr zur Verfügung gestellte Energie (Heizung, Strom, Wasser) oder die Wohnungsreinigung durch das in dem Gebäude wohnende Hausmeisterehepaar ein besonderes Entgelt zu zahlen. Außerdem wurde die Klägerin durch ihren Arbeitgeber unentgeltlich verpflegt. Nach einer im Jahre 1991 erteilten Auskunft der "Führungszentrale - Steuern -" wurden die Mahlzeiten überwiegend von der Köchin von Herrn … zubereitet, teilweise auch von dem Leiter der Werksküche oder der Frau des Hausmeisters.
In dem für 1990 bescheinigten Arbeitslohn von ca. 800.000 DM waren die der Klägerin gewährte freie Kost und Wohnung mit den amtlichen Werten der Sachbezugsverordnung - SachBezV - enthalten. Der Arbeitgeber der Klägerin hielt diese Werte für anwendbar, weil die Klägerin trotz ihres über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Arbeitslohns von ca. 800.000 DM keinen Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherung gestellt habe und deswegen weiterhin v...