Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung der gesetzlichen Körperschaftsteuer auch bei unzutreffend niedriger Festsetzung
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Abrechnung der Einkommensteuer ist die Körperschaftsteuer auch dann in Höhe der auf die Kapitaleinnahmen entfallenden gesetzlichen Ausschüttungsbelastung anzurechnen, wenn die Ausschüttungsbelastung bei der ausschüttenden Kapitalgesellschaft unzutreffend hergestellt und die Körperschaftsteuer dadurch zu niedrig festgesetzt worden ist. Eine analoge Anwendung des § 36a Abs. 1 EStG ist in diesem Fall nicht gerechtfertigt.
Normenkette
AO § 218 Abs. 2; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 36 Abs. 2 Nr. 3 Sätze 1, 3-4, § 36a Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist beherrschender Gesellschafter der A (fortan: GmbH). Im Rahmen einer bei der GmbH durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Prüfer verdeckte Gewinnausschüttungen für das Jahr 1984 i. H. v. 520.414,00 DM zugunsten des Klägers fest. Der Beklagte legt die verdeckten Gewinnausschüttungen dem geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1984 für die GmbH zugrunde, setzte aber aufgrund fehlerhafter Herstellung der Ausschüttungsbelastung die Körperschaftsteuer im Ergebnis um einen um 143.135,00 DM zu niedrigen Betrag fest. Der entsprechende Körperschaftsteuerbescheid ist in Bestandskraft erwachsen.
Bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers und der mit ihm zusammen veranlagten Ehefrau für das Jahr 1984 rechnete der Beklagte die Körperschaftsteuer nicht mit 9/16 der verdeckten Gewinnausschüttung (= 292.733,00 DM), sondern nur mit einem um 143.136,00 DM niedrigeren Betrag (= 149.597,00 DM) an.
Auf Antrag des Klägers erließ der Beklagte unter dem 26.01.1989 einen entsprechenden Abrechnungsbescheid gem. § 218 Abs. 2 Abgabenordnung – AO –. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Körperschaftsteuer könne nur insoweit angerechnet werden, als sie tatsächlich festgesetzt worden sei und geschuldet werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhaber des Abrechnungsbescheides vom 26.01.1989 Bezug genommen.
Mit seiner nach erfolglos gebliebenem Einspruchsverfahren erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren nach voller Anrechnung der Körperschaftsteuer mit 9/16 der verdeckten Gewinnausschüttung weiter. Er ist der Auffassung: § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG sehe mit Ausnahme der abschließend in Satz 4 a - e genannten Fälle eine Anrechnung von Körperschaftsteuer mit 9/16 der zugerechneten Gewinnausschüttungen vor. Die Anrechnung erfolge grundsätzlich auch unabhängig von deren Entrichtung durch die Kapitalgesellschaft. Wenn die Erhebung der Körperschaftsteuer keinen Einfluss auf deren Anrechnung beim Anteilseigner habe, könne erst recht nicht die (fehlerhafte) Festsetzung der Körperschaftsteuer Einfluss auf die Anrechnung nehmen. Hinsichtlich der weiteren Begründung des Klägers wird auf den Schriftsatz vom 29.06.1989 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 14.06.1989 und Änderung des Abrechnungsbescheides vom 26.01.1989 die Körperschaftsteuer mit einem Betrag von 292.733,00 DM anzurechnen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen der Einspruchsentscheidung vom 14.06.1989, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Beklagte hat zu Unrecht die Körperschaftsteuer mit einem um 143.135,00 DM gekürzten Betrag angerechnet.
Nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG wird die Körperschaftsteuer einer unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Körperschaft oder Personenvereinigung i. H. v. 9/16 der Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG auf die Einkommensteuer angerechnet. Nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 EStG erfolgt die Anrechnung unabhängig von der Entrichtung der Körperschaftsteuer.
Dagegen unterbleibt die Anrechnung der Körperschaftsteuer unter den in § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 a - e genannten Voraussetzungen.
Entgegen der Auffassung des Beklagten sind im Streitjahr die Voraussetzungen für eine Anrechnung der Körperschaftsteuer mit dem vollen Betrag von 9/16 der als Einnahme i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu behandelnden verdeckten Gewinnausschüttungen gegeben. Einer der Ausnahmetatbestände des § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG liegt nicht vor.
Der Anrechnung der Körperschaftsteuer mit 9/16 der Einnahmen steht nicht entgegen, dass die Ausschüttungsbelastung bei der ausschüttenden Kapitalgesellschaft unzutreffend hergestellt und dadurch die Körperschaftsteuer zu niedrig festgesetzt worden ist. Ziel bei der Einführung des Anrechnungsverfahrens war die Beseitigung der wirtschaftlichen Doppelbelastung der ausgeschütteten Gewinne von Kapitalgesellschaften und anderen Körperschaften mit Körperschaftsteuer und Einkommensteuer. Dies wird dadurch erreicht, dass die auf der Ebene der ausschüttenden Körperschaft anfallende einheitliche Körper...