Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgabeaufgeld aus einer Optionsanleihe nach Ablauf der Optionsfrist als steuerpflichtiger Ertrag
Leitsatz (redaktionell)
Abweichend von der handelsrechtlichen Qualifikation des Aufgeldes aus einer verzinslichen Optionsanleihe als Kapitalzuführung der Gesellschafter ist nach der hiervon unabhängigen steuerlichen Betrachtung der für die Dauer des Schwebezustandes zu bildende Passivposten (Rücklage) bei Nichtausübung der Option bis zum Fristablauf ertragswirksam aufzulösen, da es für die Annahme einer Einlage der Optionserwerber oder der begünstigten Alt-Gesellschafter an der Veranlassung der Mittelzuführung durch das Gesellschaftsverhältnis fehlt.
Normenkette
HGB § 272 Abs. 2 Nr. 2; KStG § 8 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 1 S. 5, § 5 Abs. 6
Streitjahr(e)
1999
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Ausgabeaufgeld aus einer Optionsanleihe nach Ablauf der Optionsfrist bei der die Anleihe begebenden Klägerin als steuerpflichtiger Ertrag anzusetzen ist.
Unternehmensgegenstand der Klägerin ist der Erwerb und das Halten von in der Satzung näher beschriebenen Beteiligungen und die Übernahme von Geschäftsführungstätigkeiten sowie die Erbringung von Dienstleistungen für diese Unternehmen. Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin einer Firma A AG, A-Stadt (Vertrag über die Verschmelzung der A AG auf die B AG vom .....1997 mit anschließender Änderung der Firma der Klägerin).
Im Jahr 1989 hat die A AG als Rechtsvorgängerin der Klägerin auf der Grundlage eines Beschlusses der Hauptversammlung vom 13.04.1989 eine Optionsschuldverschreibung in einem Gesamtnennbetrag von 100 Mio. DM begeben. Die Schuldverschreibung war mit einem Aufgeld von 20 v.H. ausgestattet; der Schuldverschreibung waren Optionsscheine beigefügt, die die Inhaber zum Bezug von Aktien der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Nennwert von je 50 DM zum Optionspreis von 240 DM berechtigten. Die Verzinsung der Schuldverschreibung lag bei 7,25 v.H. Das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre wurde nicht ausgeschlossen. Beim Verkauf eines Restbetrages nicht bezogener Inhaber-Teilschuldverschreibungen an der Börse wurde ein Mehrpreis von 60.000 DM erzielt. Feststellungen über den Käuferkreis (z.B. ob die Schuldverschreibung auch von Aktionären der A AG erworben wurde) liegen nicht vor.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin stellte das Aufgeld auf der Grundlage von § 272 Abs. 2 Nr. 2 Handelsgesetzbuch - HGB - in die Kapitalrücklage ein. Im Zuge einer Außenprüfung wurde die Auffassung vertreten, es liege steuerrechtlich keine Einlage vor; es wurde allerdings ein Passivposten „Rücklage wegen noch nicht ausgeübter Optionsrechte” zugelassen.
Im Rahmen der Verschmelzung der A AG auf die Klägerin zum 01.04.1997 gewährte die Klägerin den Inhabern der Schuldverschreibungen gleichwertige Rechte zum Erwerb von Aktien der Klägerin (§ 3 des Verschmelzungsvertrags - Recht zum Bezug von fünf Aktien im Nennbetrag von 5 DM je Aktie für 240 DM). Die Klägerin führte in ihrer Steuerbilanz die von der A AG gebildete „Rücklage” fort.
Die Optionsfrist endete am ....06.1999. Bis zu diesem Termin waren die Optionsrechte von den Gläubigern der Schuldverschreibung bzw. den Optionsinhabern ganz überwiegend nicht ausgeübt worden; die bedingte Kapitalerhöhung bei der Klägerin wurde nur insoweit durchgeführt, als im Zuge der Ausübung der Option neue Aktien benötigt wurden (Textziffer 61 des Berichts über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31.12.1999). In ihrer Steuererklärung für das Streitjahr behandelte die Klägerin die Auflösung des Bestandes der „Rücklage wegen noch nicht ausgeübter Optionsrechte” (.... DM) als steuerfreie Einnahme und stellte den Auflösungsbetrag in das nicht belastete Eigenkapital gem. § 30 Abs. 2 Nr. 2 Körperschaftsteuergesetz alter Fassung - KStG - ein. Nach Erörterung wich der Beklagte insoweit von der Steuererklärung der Klägerin ab, als er im Bescheid vom 14.05.2001 die Auflösung des Rücklagepostens erfolgswirksam als Betriebseinnahme ansetzte.
Eine gegen diesen Bescheid gerichtete Sprungklage (Aktenzeichen: 6 K 3265/01) war auf der Grundlage von § 45 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung - FGO - als Einspruch zu behandeln. Die ablehnende Einspruchsentscheidung des Beklagten erging unter dem 06.09.2001.
Mit der dagegen erhobenen Klage macht die Klägerin insbesondere geltend, dass das Aufgeld - entsprechend der ganz einhellig vertretenen handelsbilanzrechtlichen Auffassung - auch nach Ablauf der Optionsfrist nicht ertragswirksam anzusetzen sei. Der von der Rechtsvorgängerin der Klägerin erlangte Betrag sei vielmehr - schon im Jahr 1989 - steuerrechtlich als Einlage zu behandeln gewesen, da es ausreichen müsse, dass Beträge im Hinblick auf eine künftige Erlangung einer Gesellschafterstellung geleistet würden. Letztlich liege - auf der Grundlage einer Verwertung des Beteiligungsrechts durch die Altgesellschafter - wirtschaftlich eine Einlageleistung durch die Altgesellschafter vor. Die Herausgabe der Optionsrechte se...