Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungsmöglichkeit nach den Grundsätzen der widerstreitenden Steuerfestsetzungen setzt vorherige Aufhebung/Änderung des fraglichen Bescheids voraus
Leitsatz (redaktionell)
- Steht bei einer dem Grunde nach gegebener Befugnis der Finanzbehörde zur Beseitigung einer widerstreitenden Feststellung von vornherein fest, dass der irrig beurteilte Sachverhalt lediglich in einem einzigen möglichen Feststellungszeitraum zu erfassen sein kann, und macht die Finanzbehörde von dieser Änderungsbefugnis in einem bestimmten Feststellungszeitraum Gebrauch, so kann vor Aufhebung dieses Änderungsbescheids nicht die vorsorgliche Änderung der Feststellung für einen weiteren Zeitraum mit dem Ziel der Beseitigung des Widerstreits erfolgen.
- Wird der erste Änderungsbescheid später durch Urteil aufgehoben, so kann der vorsorglich erlassene zweite Änderungsbescheid jedenfalls dann nicht in die Rechtmäßigkeit hineinwachsen, wenn die Feststellungsfrist für den Erlass dieses zweiten Änderungsbescheids zum Urteilszeitpunkt bereits abgelaufen war.
Normenkette
AO § 174 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 Sätze 1-2, 4
Streitjahr(e)
1978
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte den bestandskräftigen Gewinnfeststellungsbescheid 1978 vom 5.3.1981 nach § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) ändern durfte.
Die Klägerinnen zu 2. und 3. sowie die während des Klageverfahrens verstorbene Rechtsvorgängerin der Kläger zu 1. (nach Mitteilung des Nachlassgerichts A-Stadt haben die gesetzlichen Erben die Erbschaft ausgeschlagen; s. Bl. 31 FG-Akte) waren Kommanditistinnen der A (KG), die die Herstellung und Montage von Elektroanlagen betrieb. Über das Vermögen der KG wurde am 26.9.1978 das Konkursverfahren eröffnet. Die Komplementär-GmbH wurde am 20.3.1979 wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht.
Die gewerbliche Tätigkeit wurde mit Konkurseröffnung weitgehend eingestellt. Während im Streitjahr noch Umsätze von ca. 2,1 Mio DM erzielt wurden, erklärte der Konkursverwalter im Folgejahr im wesentlichen nur noch Erlöse aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Anlage- und Umlaufvermögens.
Während der Verlust für das Streitjahr mit Bescheid vom 5.3.1981 erklärungsgemäß festgestellt und auf alle Gesellschafter verteilt wurde, rechnete der Beklagte die Verluste der beiden Folgejahre mit Feststellungsbescheiden vom 17.8.1981 in vollem Umfang der Komplementär-GmbH zu.
Die gegen die Feststellungsbescheide 1979 und 1980 durch die verstorbene Kommanditistin B eingelegten Einsprüche, mit der die Berücksichtigung der erklärten Verluste begehrt wurde, wurden nach einem Verböserungshinweis zurückgenommen. Der Beklagte hatte in diesem Hinweis unter Bezugnahme auf den zwischenzeitlich ergangenen Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 10.11.1980 GrS 1/79, Bundessteuerblatt --BStBl-- II 1981, 164 zur steuerlichen Behandlung des negativen Kapitalkontos des Kommanditisten die gewinnerhöhende Auflösung der negativen Kapitalkonten im Jahre 1979 in Aussicht gestellt.
Für den Feststellungszeitraum 1981 stellte der Beklagte mit Feststellungsbescheid vom 17.12.1982 die Einkünfte im Schätzungswege auf 0 DM fest und rechnete den Kommanditistinnen erstmalig Gewinnanteile in Höhe ihrer negativen Kapitalkonten zu. Der 5. Senat des Finanzgerichts gab der gegen diesen Bescheid erhobene Klage, mit der die Klägerinnen geltend machten, die Auflösung der negativen Kapitalkonten hätte bereits in den Jahren 1978 oder 1979 erfolgen müssen, mit Urteil vom 16.12.1991 5 K 449/84 F statt. Das Gericht vertrat hierbei die Auffassung, die Nachversteuerung der negativen Kapitalkonten hätte bereits für den Veranlagungszeitraum 1979 vorgenommen werden können und müssen, da in diesem Veranlagungszeitraum die erste berichtigungsfähige Bilanz vorgelegen habe. Diese Berichtigungsmöglichkeit habe auch noch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestanden, da der Beklagte den Feststellungsbescheid 1979 (und 1980) nunmehr gemäß § 174 Abs.4 AO ändern könne.
Der Beklagte änderte daraufhin den Feststellungsbescheid 1979 vom 17.8.1981 durch Bescheide vom 23.6. und 21.7.1992 entsprechend und erfasste in diesem Feststellungszeitraum den sich aus der Auflösung der negativen Kapitalkonten ergebenden Saldo als laufenden Gewinn. Gegen diese Änderungsbescheide legten die Klägerinnen wiederum Einspruch ein. Nach Einlegung des Rechtsbehelfs erließ der Beklagte am 25.9.1992 einen weiteren auf § 174 Abs. 4 AO gestützten Änderungsbescheid für das Streitjahr, in dem es ebenfalls den Gewinn aus der Auflösung der negativen Kapitalkonten in derselben Höhe wie im Folgejahr ansetzte. Auch dieser Bescheid wurde angefochten. Dieses Einspruchsverfahren brachte der Beklagte zunächst zum Ruhen.
Den Einsprüchen gegen die geänderten Feststellungsbescheide 1979 gab der Beklagte lediglich insoweit statt, als er den Gewinn aus der Auflösung der negativen Kapitalkonten der Klägerinnen als tarifbegünstigten Aufgabegewinn behandelte. Auf deren Klage hin hob der erkennende Senat ...