Entscheidungsstichwort (Thema)

Streit über Klagerücknahme durch Urteil zu beenden

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einem Streit über die Klagrücknahme ist das Verfahren in der Instanz fortzusetzen, in der das Verfahren wegen Klagrücknahme eingestellt worden ist. Das fortgesetzte Verfahren ist durch Urteilsspruch zu beenden, durch den entweder in der Sache entschieden - bei Verneinung der Klagrücknahme - oder aber durch Urteil ausgesprochen wird, dass die Klage zurückgenommen ist.

 

Normenkette

FGO § 72

 

Tatbestand

Der Kläger ist Steuerberater und ist ferner als persönlich haftender Mitgesellschafter an der ... Steuerberatungsgesellschaft KG (S KG) und der Deutschen ... Steuerberatungsgesellschaft KG (D KG) beteiligt.

Mit Schreiben vom 25. 3. 1996 reichte der Kläger seine Einkommensteuer 1995 ein. Mit Bescheid vom 28. 6. 1996 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 1995 auf DM ... Tsd. fest. Das Einspruchsverfahren des Klägers blieb erfolglos. Das Klagverfahren (I 173/97) wurde durch Rücknahme beendet.

Mit Änderungsbescheid vom 1. 4. 1998 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 1995 auf DM 0 fest. Den dagegen eingelegten Einspruch verwarf der Beklagte als unzulässig.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 3. 8. 1998 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 1995 auf DM ... Tsd. fest.

Mit Schreiben vom 19. 3. 1998, beim Finanzgericht eingegangen am gleichen Tage, reichte der Kläger erneut gegen den Einkommensteuerbescheid 1995 vom 28. 6. 1996 Klage ein.

Unter dem 24. 2. 1997 reichte der Kläger die Erklärung der S KG und D KG zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung für 1995 beim Beklagten ein. Mit Bescheid vom 2. 4. 1997 wurden die Einkünfte aus selbständiger Arbeit mit DM ... Tsd. festgestellt. Der Beklagte änderte diesen Bescheid mit Änderungsbescheid vom 1. 4. 1998, gegen den der Kläger Einspruch erhob. Mit Einspruchsentscheidung vom 19. 2. 1999 wies der Beklagte den Einspruch unter Berücksichtigung eines weiteren geänderten Feststellungsbescheides vom 3. 8. 1998 als unbegründet zurück.

In den Klagverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid 1995 vom 28. 6. 1996 (I 115/98) und den Gewinnfeststellungsbescheiden vom 1. 4. 1998 und 3. 8. 1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 19. 2. 1999 (I 397/98) fand am 1. 12. 2000 mündliche Verhandlung statt. In beiden Verfahren begehrt der Kläger die Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben. In der mündlichen Verhandlung über den Einkommensteuerbescheid 1995 nahm der Kläger seine Klage zurück. Mit Beschluss vom gleichen Tage wurde das Verfahren gemäß § 72 Abs. 2 FGO eingestellt.

Das Verfahren über die Gewinnfeststellung 1995 wurde mit klagabweisendem Urteil vom 1. 12. 2000, das am Schluss der mündlichen Verhandlung verkündet wurde, in der ersten Instanz abgeschlossen.

Mit Schreiben vom 25. Januar 2001, beim Finanzgericht eingegangen am gleichen Tag, stellte der Kläger den Antrag "auf Wiedereinsetzung in den vorhergehenden Stand wegen neuer Tatsachen von erheblichem Gewicht und Irreführung des Klägers", und nahm seine Klagrücknahmeerklärung zurück. Zur Begründung führte er aus, dem Kläger sei erneut vorgespielt worden, er könne Vertrauen zu dem Gericht haben, um dann durch die Fehlurteile bitter enttäuscht zu werden.

Der Kläger beantragt,

1. den Einstellungsbeschluss vom 1. 12. 2000 aufzuheben,

2. den Einkommensteuerbescheid 1995 vom 3.8.1998 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Bei einem Streit über die Klagrücknahme ist das Verfahren in der Instanz fortzusetzen, in der das Verfahren wegen Klagrücknahme nach § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO eingestellt worden war (BFH, Beschluss vom 9. 5. 1972 IV B 99/70, BStBl II 1972, 543, BFHE 105, 246; Beschluss vom 30. 1. 1980 VI B 116/79, BStBl II 1980, 300). Das fortgesetzte Verfahren ist dann durch Urteilspruch zu beenden, durch den entweder in der Sache entschieden - bei Verneinung der Klagrücknahme - oder aber durch Urteil ausgesprochen wird, dass die Klage zurückgenommen ist.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung im Beisein seines Rechtsanwalts erklärt, dass er die Klage bezüglich der Einkommensteuer 1995 zurücknehme. Bei der Abgabe der Erklärung bestanden nach Ansicht des erkennenden Senats keinerlei Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers.

Soweit der Kläger vorträgt, er habe die Klage auf Vorschlag des Vorsitzenden in der irrigen Annahme zurückgenommen, dass eine faire Verhandlungsführung stattfinden sollte, ist seinem Vorbringen nicht zu entnehmen, worin er einen Verstoß des Senats gegen eine faire Verhandlungsführung sieht.

Die klagabweisenden Urteile vom 1. 12. 2000, die in den ebenfalls anhängigen und am gleichen Tage mündlich verhandelten Rechtsstreitigkeiten bezüglich der Gewinnfeststellungsverfahren für 1995 und 1996 ergangen sind, mögen zwar beim Kläger zu einer Enttäuschung geführt haben und von ihm als Fehlurteile angesehen werden, jedoch liegt darin keine Irreführung des Klägers.

Da die Feststellungen in einem Gewinnfeststellun...

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