Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitlich gestreckte Betriebsveräußerung
Leitsatz (redaktionell)
Die Anwendung des § 42 AO beschränkt sich auf die Nichtanwendung der durch die missbräuchliche Gestaltung erstrebte Rechtsfolge. Sie kann nicht dazu führen, dass ein fiktiver, vom Steuerpflichtigen gar nicht verwirklichter Sachverhalt der Besteuerung zu Grunde gelegt wird.
Normenkette
AO § 42
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist Facharzt für innere Medizin. Durch Vertrag vom 30.06.1997 gründete er mit Wirkung ab dem 01.07.1997 mit dem Zeugen D eine Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. In diese Gesellschaft brachte der Kläger seine bis dahin geführte Einzelpraxis ein, während der Zeuge gegen Zahlung von 39.520 DM einen 5%-igen Anteil an der Gesellschaft erwarb.
In diesem Vertrag wurde dem Zeugen zusätzlich eine bis zum 02.01.1998 befristete Option auf den Erwerb von weiteren 45% der Gesellschaftsanteile zum Preis von 355.680 DM eingeräumt. Dabei wurde der Zeuge bereits im Vertrag verpflichtet, zum 01.07.1997 eine verbindliche Finanzierungszusage einer inländischen Bank oder eine entsprechende Bürgschaft über 355.680 DM vorzulegen.
Dem Zeugen stand von vornherein das gleiche Stimmrecht zu wie dem Kläger, wobei Gesellschafterbeschlüsse einvernehmlich getroffen werden mussten und Geschäfte, deren Wert im Einzelfall 5.000 DM überstiegen oder Dauersachverhalte betrafen, die Zustimmung aller Gesellschafter erforderten.
Bzgl. der Gewinnverteilung enthielt der Vertrag eine Regelung für die Zeit vom 01.07. bis zum 31.12.1997 sowie eine abweichende Regelung für die Zeit nach dem 31.12.1997 für den Fall, dass der Zeuge sein Optionsrecht ausüben würde. Ohne Wahrnehmung des Optionsrecht sollte es bei der alten Gewinnverteilung bleiben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Vertrages Bezug genommen.
Nach entsprechender Verlängerung der Optionsfrist machte der Zeuge D am 05.01.1998 von der Option Gebrauch und zahlte nachfolgend den festgelegten Kaufpreis. Den hierdurch entstandenen Gewinn machte die GbR im Rahmen der Feststellungserklärung für 1998 als steuerbegünstigten Veräußerungsgewinn des Klägers geltend. Dem folgte der Beklagte im Anschluss an eine Betriebsprüfung nicht, sondern rechnete den Gewinn aus der Anteilsveräußerung unter Anwendung von § 42 AO dem laufenden Gewinn des Klägers hinzu mit der Begründung, es handele sich um eine unangemessene Gestaltung, die lediglich der Steuerminderung diene. Denn der vorgetragene Grund einer „Kennenlernphase” sei angesichts der kurzen Dauer von 6 Monaten als lediglich vorgeschoben anzusehen.
Gegen den entsprechenden Feststellungsbescheid vom 10.11.2000 hat der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben und geltend gemacht, dass keine missbräuchliche Gestaltung vorgelegen habe, da es für den stufenweisen Eintritt des Zeugen D in die Praxis beachtliche außersteuerliche Gründe gegeben habe. Der Zeuge habe nämlich nicht von vornherein das volle Risiko eines hälftigen Praxiskaufs eingehen, sondern zunächst die Praxis und ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kennen lernen wollen. Deshalb habe er darauf bestanden, zunächst nur mit einem kleinen Anteil einzusteigen und im Übrigen eine Option zur Aufstockung der Beteiligung zu erhalten. Außerdem habe er bei Beginn der Gemeinschaftspraxis noch nicht über die finanziellen Mittel zum Erwerb der halben Praxis verfügt. Der Zeuge habe sich die Entscheidung über die Ausübung der Option nicht leicht gemacht, denn die vom Steuerberater … angestellten Prognoserechnungen hätten für die nächsten fünf Jahre ein nahezu ausgeglichenes Ergebnis erbracht. Dementsprechend ergebe eine Ex-Post-Betrachtung, dass der Zeuge in 1998 ohne Optionsausübung einen höheren laufenden Gewinnanteil erzielt hätte. Darüber hinaus sei er durch die Optionsausübung mit erheblichen Finanzierungskosten belastet worden. Letztlich habe der Zeuge die Option nur ausgeübt, weil er gleichberechtigter Partner habe sein wollen.
Zumindest müsse – so der Kläger –, falls von einer einheitlichen Übertragung des gesamten hälftigen Anteils ausgegangen werde, der erzielte Veräußerungsgewinn insgesamt dem Jahr des Abschlusses des Veräußerungsvertrages zugeordnet werden. Damit müsse die Versteuerung im Veranlagungszeitraum 1997 und nicht im Streitjahr erfolgen.
Der Kläger hat beantragt,
für den im Jahr 1998 erzielten Veräußerungsgewinn die Steuervergünstigung nach § 34 Abs. 1 EStG zu gewähren,
hilfsweise die Einkünfte des Jahres 1998 um 327.159 DM zu vermindern,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung die Ansicht vertreten, dass ein Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO vorliege, da keine wirtschaftlichen oder sonst beachtlichen nichtsteuerlichen Gründe für die zweistufige Veräußerung erkennbar seien. Die Optionsfrist von sec...