rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausübung des Auswahlermessens bei der Inanspruchnahme von Schenker oder Beschenktem als Gesamtschuldner der Schenkungsteuer und übliche Gelegenheitsgeschenke
Leitsatz (redaktionell)
1) Bei der Ermessensentscheidung, den Beschenkten oder den Schenker als Schuldner der Schenkungsteuer in Anspruch zu nehmen, muß sich das FA grundsätzlich zunächst an den Beschenkten halten.
2) Die Inanspruchnahme des Schenkers ist nur ersatzweise möglich, insbesondere dann, wenn der Schenker dies selbst beantragt, wenn er dem Beschenkten gegenüber die Steuer übernommen hat oder wenn die Einziehung der Steuer vom Beschenkten unmöglich oder aus triftigem Grund unzweckmäßig erscheint.
3) Die Zuwendung von 34 v. H. des Vermögens an entferntere Verwandte des Schenkers wie etwa der Nichte und deren Ehemann ist kein übliches Gelegenheitsgeschenk und nicht steuerfrei nach § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG.
Normenkette
ErbStG § 20 Abs. 1, § 13 Abs. 1, 1 Nr. 14; AO 1977 §§ 5, 44
Tatbestand
Streitig ist in erster Linie, ob die Heranziehung der Kläger (Erwerber) zur Schenkungsteuer ermessensfehlerhaft ist, und ob – verneinendenfalls – ein Betrag von … DM je Kläger als übliches Gelegenheitsgeschenk nach § 13 Abs. 1 Nr. 14 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) steuerfrei bleibt.
Die Klägerin ist die Nichte des am … verstorbenen A., der seine drei Enkel B., C. und D. unter Übergehung seiner pflichtteilsberechtigten Tochter zu jeweils 1/3 als Testamentserben eingesetzt hat.
Nachdem die Enkel des Verstorbenen in ihrer gemeinsamen Erbschaftsteuererklärung neben Kapitalforderungen i.H. von insgesamt … DM unter anderem auf mögliche Rückzahlungsansprüche i.H. von … DM gegen die Kläger hingewiesen und hierzu erläutert hatten, dieser – von den Klägern bestrittenen – Forderung liege ein in 1990/91 gewährtes Darlehen zugrunde, dessen Rückzahlung Herr A. ihnen zu Weihnachten 1992 erlassen haben solle, forderte der Beklagte die Kläger zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf. In dieser gaben die Kläger an, von Herrn A. – dem Onkel der Klägerin – in 1992 einen Betrag von … DM erhalten zu haben.
Daraufhin setzte der Beklagte mit (geänderten) Bescheiden vom 27. April 1998 – ausgehend von einem mit jeweils … DM bezifferten Erwerbswert – Schenkungsteuer i.H. von … DM gegen den Kläger (Steuerklasse IV) und i.H. von … DM gegen die Klägerin (Steuerklasse III) fest.
Zur Begründung ihres hiergegen gerichteten Einspruchs wiesen die Kläger darauf hin, dass Herr A. ihnen ausdrücklich und vor Zeugen (E) erklärt habe, er wolle die auf die Zuwendung entfallende Schenkungsteuer selbst übernehmen und abführen, um ihnen – den Klägern – den geschenkten Geldbetrag ungeschmälert zukommen zu lassen.
Auf die Bitte des Beklagten, zu diesem Sachvortrag der Kläger Stellung zu nehmen, trugen die Erben des Herrn A. mit Schreiben vom 30. Juli 1998 vor, von der Schenkung eines Geldbetrags i.H. von … DM sei ihnen nichts bekannt. Bekannt sei ihnen dagegen, dass ihr Großvater den Klägern in den Jahren 1990 und 1991 in mehreren Teilbeträgen insgesamt … DM darlehensweise überlassen habe. Dieses Geld sei bisher nicht zurückgezahlt worden. Als sie – die Erben – das Darlehen nach dem Tod ihres Großvaters gekündigt hätten, hätten die Kläger ihnen gegenüber behauptet, ihr Großvater habe ihnen die Darlehensrückzahlung in 1992 schenkweise erlassen. Diese Behauptung könnten sie – die Erben – nicht anerkennen. Nach ihrer Auffassung sei keine Schenkung erfolgt und somit auch keine Schenkungsteuer zu zahlen. Sie jedenfalls seien zu deren Entrichtung nicht bereit.
Unter dem 7. April 1999 beantragten die Kläger, inzwischen vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, etwaige Änderungsbescheide (bzw. Einspruchsentscheidungen) hinsichtlich der Frage, ob überhaupt eine Schenkung vorliege, mit einem Vorläufigkeitsvermerk (§ 165 der Abgabenordnung – AO –) zu versehen, da insoweit die Durchführung eines Zivilrechtsstreits zwischen ihnen und den Erben zu besorgen sei.
Mit weiterem Schreiben vom 21. April 1999 ergänzten sie ihre Einspruchsbegründung wie folgt:
Der Onkel der Klägerin habe das Weihnachtsfest 1992 aufgrund familieninterner Spannungen nicht wie üblich bei seiner Tochter und den Enkelkindern, sondern bei ihnen – den Klägern – verbracht. Dabei habe Herr A., zu dem sie ein sehr gutes Verhältnis gehabt hätten, vor dem als Zeugen bereits benannten, ebenfalls anwesenden E geäußert, dass er sein gesamtes Vermögen einem Pflegeheim vermachen wolle, da seine Tochter ihn enttäuscht habe. In dieser Situation habe Herr A. ihnen – den Klägern – die Rückzahlung des als Darlehen gewährten Betrags erlassen. Er habe mehrfach gesagt, dass er sich freue, bei ihnen zu Hause Weihnachten feiern zu können. Da der Erlass des Darlehens zugleich ein Weihnachtsgeschenk habe darstellen sollen, sei ein Teilbetrag i.H. von … DM je Kläger als Gelegenheitsgeschenk nach § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG steuerfrei.
Im übrigen seien vorrangig die Erben des Schenkers zur Schenkungsteuer heranzuziehe...