Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft
Leitsatz (redaktionell)
1) Es spricht gegen das Vorliegen einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft, wenn ein Ingenieurbüro mit Gewinnen bis 14 Mio. DM ohne einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag geführt wird, obwohl das für die Vergangenheit einmal schon gewesen ist. Es spricht ebenfalls gegen eine Mitunternehmerschaft, wenn die Gewinnermittlungen nur auf den Namen eines Gesellschafters, nicht aber auf eine Gesellschaft erfolgen und nur von diesem unterschrieben werden.
2) Eine Gesellschaft ist jedenfalls ohne eine Gewinnverteilungsabrede (und eine über die Verlustbeteiligung) zwischen allen Gesellschaftern nicht denkbar.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob es sich bei dem von den Klägern betriebenen Ingenieurbüro steuerlich um eine Mitunternehmerschaft handelt und wie die Einkünfte zu qualifizieren sind.
Die Kläger, Diplom-Ingenieure, betrieben in Köln ein Ingenieurbüro für Baustatik und Massivbau. Sie wurden in den Streitjahren ausschließlich für Großkunden tätig, insbesondere für Kunden aus der Versicherungswirtschaft, dem Bankenbereich und der öffentlichen Hand. In den Streitjahren wurden insgesamt 63 Großaufträge bearbeitet, z.B. das Bürogebäude zur …. Sich ähnelnde Gebäude wie Reihenhäuser wurden nicht angenommen.
Die einzelnen Projekte wurden entweder dem Kläger zu 1) oder dem Kläger zu 2) zugeordnet und von diesen leitend und eigenverantwortlich bearbeitet. In den Jahren 1993 bis 1996 übernahm der Kläger zu 1) insgesamt 41 Aufträge. Der Kläger zu 2) betreute insgesamt 37 Aufträge, die jedoch nicht in gleichem Maße anspruchsvoll waren wie die Projekte des Klägers zu 1). Nach einer von den Klägern gefertigten Aufstellung (Bl. 269 ff der Akte 3 K 4699/02) entfiel das Auftragsvolumen der Jahre 1993 bis 1996 zu 79 % auf den Kläger zu 1) und zu 21 % auf den Kläger zu 2). Eine gemeinsame Bearbeitung von Aufträgen in dem Sinne, dass beide federführend tätig gewesen wären, fand nach eigenen Angaben nicht statt.
Die Kläger hatten das Ingenieurbüro 1968 durch schriftlichen Vertrag als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet. Danach waren der Kläger zu 1) mit 55 v.H. und der Kläger zu 2) mit 45 v.H. beteiligt. In den Jahren 1972 bis 1979 führte der Kläger zu 1) das Unternehmen allein ohne Beteiligung des Klägers zu 2). In der Zeit von 1980 bis 2002 betrieben die Kläger das Büro wieder gemeinsam, wobei der Kläger zu 1) nach außen als Einzelunternehmer auftrat. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existierte – anders als in den Jahren 1968 bis 1971 – nicht. Der Kläger zu 2) leistete keine Einlage in das Unternehmen des Klägers zu 1). Eine schriftliche Vereinbarung über die Beteiligung des Klägers zu 2) an den Gewinnen und Verlusten existierte ebenfalls nicht. Für seine Tätigkeit erhielt der Kläger zu 2) in den Streitjahren folgende Beträge:
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Zahlungen an Kläger zu 2) |
Gewinn/Verlust des Ingenieurbüros |
1993 |
DM 280.000 |
DM 9 Mio. |
1994 |
DM 222.000 |
DM 14 Mio. |
1995 |
DM 300.000 |
DM 5 Mio. |
1996 |
DM 270.000 |
DM 10 Mio. |
1997 |
DM 270.000 |
DM 10 Mio. |
1998 |
DM 240.000 |
DM - 4 Mio. |
1999 |
DM 260.000 |
DM 5 Mio. |
Wie der an den Kläger zu 2) gezahlte Betrag ermittelt wurde, ist rechnerisch nicht nachvollziehbar. Schriftliche Aufzeichnungen über die Berechnung des Betrags wurden nicht gefertigt.
Im Jahr 2003 wurde der Sohn des Klägers zu 1), ebenfalls Diplom-Ingenieur, in das Unternehmen aufgenommen. Zur weiteren Umsetzung der Nachfolgegestaltung wurde das Unternehmen als OHG im Handelsregister eingetragen und schließlich in eine GmbH & Co. KG umgewandelt, an welcher der Kläger zu 2) mit einer ausgewiesenen Kapitalbeteiligung von 0,2 % ab dem 01.06.2003 beteiligt ist.
Die Kläger gaben für das Ingenieurbüro beim Beklagten Erklärungen über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ab und erklärten Einkünfte aus § 18 EStG. Die Gewinnermittlungen für die Jahre 1993 bis 1997 lauten ausschließlich auf den Kläger zu 1) und nicht auf eine Gesellschaft oder Gemeinschaft. Sie wurden auch ausschließlich von dem Kläger zu 1) unterschrieben. Der Beklagte folgte den Erklärungen zunächst erklärungsgemäß. In den Jahren 1999/2000 wurde bei dem Ingenieurbüro eine Betriebsprüfung durchgeführt. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass steuerlich eine Mitunternehmerschaft zu verneinen sei, weil der Kläger zu 2) kein ausreichendes Mitunternehmerrisiko getragen und keine ausreichende Mitunternehmerinitiative gezeigt habe. Da der Kläger zu 1) nicht leitend und eigenverantwortlich im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG tätig gewesen sei, seien die im Ingenieurbüro erzielten Gewinne als gewerbliche Einkünfte des Einzelunternehmens des Klägers zu 1) zu qualifizieren.
Dem folgend hob der Beklagte mit Bescheiden vom … 2001 für die Jahre 1993 bis 1997 die unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Gewinnfeststellungsbescheide für das Inge...