Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt der Beendigung einer Organschaft im Rahmen eines Insolvenzverfahrens
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei Einsetzung eines gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters endet die Organschaft erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
2. Es ist in der Sache richtig, für die Beurteilung der Eingliederung in den Organträger nicht auf das Gesamtbild der Verhältnisse abzustellen, sondern sich an §§ 21, 22 InsO zu orientieren, denn nur aufgrund eines allgemeinen Verfügungsverbots kann der vorläufige Insolvenzverwalter umfassend für den Schuldner handeln.
3. Für die Frage der Beendigung der Organschaft kommt es nicht auf das Verhalten des vorläufigen Insolvenzverwalters an.
Normenkette
InsO § 21 Abs. 2 Nr. 2, § 22 Abs. 1 s. 2 Nr. 2; UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist der Zeitpunkt der Beendigung einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen der A GmbH & Co. KG (Organträgerin) und ihrer Tochtergesellschaft, der B Gesellschaft mbH (Organgesellschaft).
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH & Co. KG (im Folgenden KG). Darüber hinaus war der Kläger durch Beschluss des Amtsgerichts C vom 00.02.2003 zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der B Gesellschaft mbH (im Folgenden GmbH) bestellt worden. In dem Beschluss heißt es unter anderem:
Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres Vermögens sind nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Fall InsO).
Der vorläufige Insolvenzverwalter ist nicht allgemeiner Vertreter der Schuldnerin. Er hat die Aufgabe, durch Überwachung der Schuldnerin deren Vermögen zu sichern und zu erhalten.
Den Schuldnern der Schuldnerin (Drittschuldnern) wird verboten, an die Schuldnerin zu zahlen. Der vorläufige Insolvenzverwalter wird ermächtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen. Die Drittschuldner werden aufgefordert, nur noch unter Beachtung dieser Anordnung zu leisten (§ 23 Abs. 1 Satz 3 InsO).
Am 00.05.2003 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet.
Am 25.9.2003 erließ der Beklagte gegen die KG geänderte Bescheide, mit denen er die Umsatzsteuer (USt) für den Monat Februar 2003 i.H.v. 553.071,32 EUR und die USt für den Monat April 2003 i.H.v. 312.212,45 EUR festsetzte. Ursprünglich hatte die KG für den Monat Februar USt i.H.v. 40.013,19 EUR angemeldet, die USt für den Monat April war auf Grund geschätzter Besteuerungsgrundlagen i.H.v. 224.016 EUR festgesetzt worden. Es ergaben sich Nachzahlungen für den Monat Februar i.H.v. 513.058,13 EUR und für den Monat April i.H.v. 88.196,45 EUR. Am 13.10.2003 setzte der Beklagte gegen die KG die USt für den Monat März 2003 i.H.v. 103.921,38 EUR geändert fest. Diese war zuvor auf Grund geschätzter Besteuerungsgrundlagen i.H.v. 218.032 EUR gegen die KG festgesetzt worden. Zur Begründung des Bescheides für den Monat Februar führte der Beklagte aus, dass Forderungen gegen die GmbH spätestens im Februar uneinbringlich geworden seien, so dass in diesem Monat eine Vorsteuerberichtigung durchzuführen sei (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz – UStG –). Der zu berichtigende Betrag wurde dadurch ermittelt, dass die Vorsteuer aus den sich aus dem Insolvenzgutachten vom 00.00.2003 ergebenden Verbindlichkeiten der GmbH aus Lieferungen und Leistungen (= 4.950.000 EUR) herausgerechnet wurde und von dem sich daraus ergebenden Betrag in Höhe von 682.758,62 EUR die für die Monate Februar bis April von der GmbH angemeldeten Vorsteuerbeträge (= 264.238,54 EUR) abgesetzt wurden. Hieraus errechnete der Beklagte einen Betrag von 418.609,08 EUR, während die Differenz zwischen 682.758,62 EUR und 264.238,54 EUR tatsächlich 418.520,08 EUR beträgt. Ein Abzug weiterer Vorsteuerbeträge entfiel. Den Betrag für den Monat Februar i.H.v. 553.071,54 DM errechnete der Beklagte durch Zusammenfassung der für die KG und die GmbH gesondert abgegebenen Voranmeldungen. Den Beträgen für den Monat März i.H.v. von 103.921,38 EUR und für den Monat April i.H.v. 312.212,45 EUR lagen die Voranmeldungen der GmbH zu Grunde.
Am 30.9.2003 reichte die KG (berichtigte) Anmeldungen ein, aus denen sich Zahllasten für den Monat Februar i.H.v. 53.763,59 EUR, für den Monat März i.H.v. 11.965,90 EUR und für den Monat April i.H.v. 12.488,76 EUR ergaben.
Gegen die erwähnten Vorauszahlungsbescheide vom 25.9. und 13.10.2003 legte die KG fristgerecht Einspruch ein. Sie machte geltend, dass das Organschaftsverhältnis bereits im Februar 2003 geendet habe, so dass die Vorsteuerrückforderung nur gegenüber der GmbH geltend gemacht werden könne. Im Übrigen verwies sie auf die am 30.9.2003 eingereichten Voranmeldungen. Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos. Da am 00.12.2003 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG eröffnet worden war, wurde die Eins...