Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungswerkbeiträge als Sonderausgaben und nicht als Werbungskosten; Praxiswertabschreibung bei Streit über VZ der Sozietätsauflösung
Leitsatz (redaktionell)
1) In 1995 gezahlte Beiträge zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte sind für eine ab dem Jahr 2021 zu zahlende Rechtsanwaltsversorgung keine vorweggenommenen Werbungskosten, sondern Sonderausgaben.
2) Besteht Streit zwischen Gesellschaftern über den VZ, in dem eine Praxisauflösung rechtswirksam erfolgt ist und erlässt das Finanzamt einen hinsichtlich der Abschreibung auf einen erworbenen Praxiswert nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO der Abschreibungshöhe nach vorläufigen Einkommensteuerbescheid, kann dieser auch wegen nachträglicher verbindlicher Feststellung des Auflösungszeitpunkts in einem späteren VZ dahin gehend geändert werden, dass überhaupt keine Abschreibung des Praxiswerts im streitigen VZ gewährt wird.
Normenkette
AO 1977 § 165 Abs. 2 S. 2; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2a
Tatbestand
Der Kläger (geb. am …) betrieb im Streitjahr eine Einzelpraxis als Fachanwalt für Steuerrecht und Rechtsanwalt und war zugleich Mitinhaber einer Steuerberater- und Rechtsanwaltssozietät in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
Im Laufe des Streitjahres kam es zu Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und dem Mitinhaber der Rechtsanwalts- und Steuerberatersozietät. Der Kläger kündigte das Sozietätsverhältnis am 23.8.1995. In der Folge kam es zwischen dem Kläger und seinem früheren Mitgesellschafter zu einer langjährigen gerichtlichen Auseinandersetzung über den Beendigungszeitpunkt der Sozietät und das vom Kläger zu zahlende Abfindungsguthaben.
In seiner Gewinnermittlung für das Streitjahr ging der Kläger zunächst vom Erlöschen der Sozietät zum 30.6.1995 sowie des Erwerbs des Sozietätsanteils in seiner Einzelpraxis zum 1.7.1995 aus. In der Steuererklärung machte der Kläger Beiträge u.a. zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Höhe von DM 21.338 geltend.
Der Kläger und seine Ehefrau wurden durch Bescheid vom …1997 für das Streitjahr erklärungsgemäß veranlagt. Wegen hier nicht interessierender Streitpunkte ergingen am …1997, sowie am …1998 Änderungsbescheide gem. § 164 Abs. 2 AO für das Streitjahr.
Aufgrund der während einer Betriebsprüfung für das Streitjahr nicht abgeschlossenen zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und seinem früheren Mitgesellschafter zur Höhe des Abfindungsguthabens und zum Beendigungszeitpunkt der Sozietät ging der Prüfer aufgrund des vom Kläger an den früheren Sozius zunächst gezahlten Betrags i.H.v. 87.031,42 DM von der Anschaffung des Sozietätsanteils im Streitjahr 1995 aus und ermittelte die AfA auf den erworbenen Praxiswert – unter Ansatz einer Nutzungsdauer von 3 Jahren – i.H.v. 14.505,42 DM (= 1/3*6/12 von 87.031,42 DM). Im Betriebsprüfungsbericht vom ….1999 heißt es hierzu: „Zur Zeit ist ein Rechtsstreit vor dem Landgericht … anhängig, in welchem es im wesentlichen um den zwischen den Parteien strittigen Zeitpunkt der Auseinandersetzung und um die strittige Höhe der zu zahlenden Abfindung (Praxiswert) geht”.
Der Beklagte erließ daraufhin nach Abschluss der Betriebsprüfung am ….1998 einen Änderungsbescheid für das Streitjahr und verminderte die Einkünfte des Klägers aus der Einzelpraxis um die laut Betriebsprüfung ermittelte AfA auf den Praxiswert. In den Erläuterungen dieses Bescheides heißt es wörtlich: „Der Bescheid ergeht gem. § 165 AO vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Die Abschreibung des erworbenen Praxiswertes wird bis zur abschließenden vertraglichen Regelung antragsgemäß berücksichtigt. Sobald die Abfindung rechtsverbindlich und endgültig feststeht, bitte ich um Mitteilung”.
In einem weiteren Änderungsbescheid vom ….2000 für das Streitjahr nahm der Beklagte den folgenden Vorläufigkeitsvermerk auf: „Der Bescheid ist auch vorläufig nach § 165 Abs. 1 AO hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit bezüglich der AfA des Praxiswertes sei, da die Höhe der endgültig anfallenden Anschaffungskosten nicht eindeutig geklärt ist”.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid für das Streitjahr sowie die Streitjahre 1996 und 1997 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.
Während des Rechtsstreits entschied das OLG … mit Urteil vom 13.5.2002 (3 U 204/01), dass von einer Beendigung der Sozietät zwischen dem Kläger und seinem früheren Mitgesellschafter zum 4.3.1996 auszugehen sei. Durch Prozessvergleich vom 7.7.2005 vor dem Landgericht … einigten sich der Kläger und sein früherer Mitgesellschafter auf der Grundlage einer Sozietätsbeendigung zum 4.3.1996 auf eine Verpflichtung des Klägers zur Zahlung eines Betrags von 28.000,– EUR zum Ausgleich aller wechselseitigen Ansprüche, der in voller Höhe auf die Abfindung entfalle.
Der Berichterstatter schlug durch Schreiben vom 30.11.2005 zur Erledigung des Rechtsstreits für das Streitjahr und die Streitjahre 1996 und 1997 eine außergerichtliche Einigung der Beteiligten vor. Für die Einzelheiten d...