Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass von Säumniszuschlägen
Leitsatz (redaktionell)
1) Säumniszuschläge sind wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen, wenn die Steuerfestsetzung später aufgehoben worden ist und der Steuerpflichtige alles getan hat, um die Aussetzung der Vollziehung des Steuerbescheids zu erreichen, das Finanzamt aber die Aussetzung "obwohl möglich und geboten" abgelehnt hat.
2) Für den Erlass von Säumniszuschlägen reicht es in diesem Fall aus, dass der Steuerpflichtige einen erfolglosen Aussetzungsantrag beim Finanzamt gestellt hat. Eine weitere Antragstellung beim Finanzgericht ist nicht erforderlich.
Normenkette
AO § 240 Abs. 1, § 361 Abs. 2, § 227
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Säumniszuschläge zur Körperschaftsteuer 2000 bis 2008 zu erlassen sind.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der u.a. Einnahmen aus der Organisation von … erzielt. U.a. für 2000 bis 2006 gab der Kläger Körperschaftsteuererklärungen ab, in denen er nur geringe bzw. keine Einnahmen aus den vorgenannten Tätigkeiten erklärte.
Aufgrund der Prüfungsanordnung vom 2.7.2007 begann das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung am 4.3.2007 mit einer Prüfung für die Veranlagungszeiträume 2001-2004. Ab dem 30.9.2008 wurden auch die Jahre 1995-2002 und 2005 in die Prüfung einbezogen. Am 3. Juli 2008 wurde das Strafverfahren eingeleitet und am 26. August 2008 fanden Durchsuchungsmaßnahmen durch das Finanzamt für Strafsachen und Steuerfahndung A statt. Aufgrund des Ergebnisses der Betriebsprüfung wurden mit Bescheiden vom 25.3.2010 erhebliche Steuernachforderungen festgesetzt. Für die Jahre 2006 bis 2008 wurden unter Verwendung des Ergebnisses der Betriebsprüfung für die Vorjahre im Schätzungswege Körperschaftsteuer festgesetzt. Dabei wurden u. a. auch die Einnahmen aus X der Besteuerung unterworfen.
Der Kläger legte gegen die Bescheide jeweils Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Bezüglich der Körperschaftsteuer 1996-2008 erfolgte die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung mit Bescheid vom 23. Juli 2010. Es wurde für 2002-2005 teilweise Aussetzung der Vollziehung bewilligt. Die Aussetzung wurde bezüglich der Berechnung der Einkünfte aus dem B-Fonds ausgesprochen. Im Übrigen wurden die Anträge zurückgewiesen. Gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung legte der Kläger Einspruch ein. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 2013 als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger stellte keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Körperschaftsteuerbescheide 2000-2008 beim Finanzgericht.
Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 23. Juli 2010 die Einsprüche bezüglich der Steuerfestsetzungen zurück. In dem anschließenden Klageverfahren verständigten die Beteiligten sich am 12. September 2013. Danach wurden die anzusetzenden Beträge bezüglich der Reisen ab 1999 mit 250 € pro Reisenden angesetzt. Einnahmen aus X und Einkünfte aus Kapitalvermögen entfielen. Nach der vom Senat als vorläufige Auffassung in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht waren die Einnahmen aus X eindeutig nicht steuerpflichtig und bei den Zinsen aus der Y zumindest fraglich, wem diese zuzurechnen seien. Die Änderungsbescheide wurden letztendlich bestandskräftig. Die Hauptschulden wurden zwischenzeitlich beigetrieben bzw. gezahlt. Die entstandenen Säumniszuschläge sind teilweise ausgeglichen worden. Am 29. Oktober 2014 waren noch Säumniszuschläge i.H.v. 892.545,91 € offen.
Der Kläger beantragte am 28. Januar 2014, die Säumniszuschläge zur Körperschaftsteuer 2000-2008 zu erlassen. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Verfügung vom 16. Oktober 2014 ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus:
Der Bundesfinanzhof habe regelmäßig den umfassenden Erlass von Säumniszuschlägen zugelassen, wenn die Steuerfestsetzung später zu Gunsten des Steuerpflichtigen geändert wurde, er aber zuvor in einem Aussetzungsverfahren gescheitert war. Der Steuerpflichtige müsste jedoch im Aussetzungsverfahren alles getan haben, um dort den einstweiligen Rechtsschutz zu erlangen, der ihm letztlich versagt geblieben sei. Der Steuerpflichtige müsse beide Ebenen (Verwaltung und Finanzgericht) gemeinsam erfolglos beschritten haben. Der Kläger habe zwar gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung Einspruch eingelegt, diesen aber trotz Aufforderung durch das Finanzamt unbegründet gelassen. Aussetzung der Vollziehung im Finanzgerichtswege sei nicht begehrt worden. Das Finanzamt habe 2,5 Jahre nach Einlegung des Einspruchs gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung diesen zurückgewiesen. Der Kläger habe auch diesbezüglich keine weiteren Maßnahmen erhoben. Insgesamt könne aus seinem Verhalten nicht abgeleitet werden, alles in seiner Macht Stehende getan zu haben, um eine Aussetzung der Vollziehung zu erlangen.
Ebenfalls entfalle ein hälftiger Erlass der Säumniszuschläge aufgrund sachlicher Unbilligkeit ...