Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzug des Arbeitnehmeranteils von Pflichtbeiträgen zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder von den schädlichen eigenen Kindeseinkünften
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Berechnung der kindeseigenen Einkünfte und Bezüge i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sind die Arbeitnehmeranteile zu Pflichtbeiträgen des Arbeitgebers an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) wie Sozialversicherungsbeiträge abzuziehen.
Normenkette
EStG § 63 Abs. 1 Nr. 1, § 32 Abs. 1 Nr. 1; EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist bei der … in … beschäftigt. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder, unter anderem den am …1994 geborenen Sohn … Der Sohn … studierte im Streitjahr 2005 an der technischen Hochschule …. Bei diesem Studiengang handelt es sich um eine Ausbildung im dualen System. Seine Ausbildungsvergütung betrug 11.128,33 EUR brutto, sonstige Einkünfte hatte er nicht.
Der Kläger beantragte am … 2006 Kindergeld für seinen Sohn … für das Streitjahr 2005. Mit Bescheid vom … 2007 lehnte der Beklagte die Kindergeldfestsetzung mit der Begründung ab, die Einkünfte und Bezüge überstiegen den maßgeblichen Grenzbetrag von 7.680,00 EUR. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom …2007 als unbegründet zurückgewiesen. Diesbezüglich führte der Beklagte zur Begründung wie folgt aus:
Von den unstreitigen Bruttoeinkünften in Höhe von 11.128,33 EUR sei der Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und an berufsständische Versorgungseinrichtungen in Höhe von 1.096,31 EUR sowie der Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von 1.314,39 EUR abzuziehen. Hieraus ergäben sich Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 8.770,63 EUR. Abzüglich der Werbungskostenpauschale von 920,00 EUR errechne sich somit ein Gesamtbetrag von insgesamt 7.797,63 EUR, der über dem maßgeblichen Grenzbetrag von 7.680,00 EUR liege.
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage trägt der Kläger wie folgt vor:
Neben den bisher berücksichtigten Beträgen müsse die gezahlte Lohnsteuer in Höhe von 43,00 EUR und der Solidaritätszuschlag von 2,36 EUR einkünftemindernd berücksichtigt werden. Darüber hinaus habe der Arbeitgeber dem Sohn einen Betrag von insgesamt 156,83 EUR Arbeitnehmeranteil als Beitrag für die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) abgezogen, wie sich aus der Übersicht der VBL vom 06.09.2006 ergebe und auch unstreitig sei. Der Abzug beruhe auf dem Tarifvertrag über die betriebliche Altersvorsorgung der Beschäftigen des öffentlichen Dienstes zwischen Verdi und u.a. der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder, dem der Arbeitgeber des Sohnes aufgrund einer Beteiligungsvereinbarung beigetreten sei. Auf die Begründung dieses Versicherungsverhältnisses habe der Sohn keinen Einfluss gehabt, dies sei vielmehr notwendigerweise mit der Eingehung des Arbeitsverhältnisses verbunden gewesen. Auch dieser Betrag müsse daher einkommensmindernd berücksichtigt werden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe mit Entscheidung vom 11.01.2005 2 BvR 167/02 festgestellt, dass auch die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als Abzugsposten bei den Einkünften anzuerkennen seien. Ausgangspunkt der Überlegungen des BVerfG sei der Vergleich der Fallgestaltung von Kindern, die Einkünfte und Bezüge ohne Abzüge bezögen und solchen, die im Ergebnis zwar nur den gleichen Betrag zur Verfügung hätten, deren Einkünfte aber unter Berücksichtigung der arbeitgeberseitigen Einbehalte oberhalb der Freigrenze lägen. Diese Ungleichbehandlung sei im Rahmen des § 32 Einkommensteuergesetz (EStG) unter Berücksichtigung des Artikel 3 Grundgesetz (GG) verfassungswidrig. Die tatsächlich abgeführten und nicht verfügbaren Teile der Einkünfte/Bezüge seien nicht geeignet, die unterhaltsverpflichteten Eltern zu entlasten, so dass diese Beträge bei der Feststellung des Erreichens der Freigrenze nicht berücksichtigt werden dürften. Zwar beziehe sich die Entscheidung des BVerfG im konkreten Fall ausschließlich auf die dort geltend gemachten gesetzlichen Abzüge. Die gleichen Überlegungen müssten jedoch für alle weiteren Abzüge gelten, die unabhängig vom Willen des Kindes vom Arbeitgeber berechtigterweise einbehalten werden, mithin für das Kind nicht verfügbar seien und deshalb zur Bestreitung des Unterhaltes oder der Berufsausbildung nicht zur Verfügung stünden. Dies treffe aber auf die Arbeitnehmeranteile des Sohnes Tom zur VBL zu. Der Arbeitgeber des Sohnes sei aufgrund der Beteiligungsvereinbarung verpflichtet, für jeden Arbeitnehmer die Beiträge in der festgelegten Höhe unter Einschluss eines dem Arbeitnehmer vorenthaltenen Betrages abzuführen. Der Arbeitnehmer habe dabei weder Mitsprache- noch Wahlrecht. Deshalb hätten dem Sohn … die streitigen Beträge von 156,83 EUR genauso wenig zur Verfügung gestanden wie die Arbeitnehmeranteile an den...