Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorrang des DBA-Schweiz vor § 34c Abs. 3 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Einkünfte „stammen aus dem anderen DBA-Staat” i. S. des § 34c Abs. 6 Satz 1 EStG, wenn es sich um solche handelt, für die das DBA abstrakt den Zuordnungskonflikt zwischen Deutschland und dem anderen DBA-Staat regelt und bei denen ein Anknüpfungspunkt im ausländischen DBA-Staat bejaht werden kann.
Normenkette
EStG § 34c Abs. 1, 3, 6; DBA-Schweiz
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob dem Kläger ein Anspruch auf Anrechnung von in der Schweiz gezahlten Steuern nach § 34c Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zusteht.
Der Kläger wird vom Beklagten – dem Finanzamt (FA) – für die Streitjahre 1990 bis 1996 zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt.
Der bis dahin nicht steuerlich erfasste Kläger erklärte mit Begleitschreiben vom 4. März 1998 als Selbstanzeige gemäß § 371 der Abgabenordnung (AO) die streitgegenständlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach. Die Einkünfte seien ihm aus einem Arbeitsverhältnis in der Schweiz zugeflossen und würden vorsorglich erklärt, ohne damit ein Besteuerungsrecht Deutschlands zuzugestehen. Über eben diese Frage führte der Kläger in der Folge einen Rechtsstreit vor dem Finanzgericht München (FG). Das FG kam in seinem rechtskräftigen, klageabweisenden Urteil vom 23. Juli 2003 (1 K 1231/00, DStRE 2004, 466) zu dem Ergebnis, dass eine Freistellung der Einkünfte nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 d i.V.m. Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz ausscheide, weil der Kläger nicht zu dem dort genannten Personenkreis gehört habe. Darüber hinaus ging das FG davon aus, dass die Tätigkeit des Klägers dergestalt abgegrenzt war, dass sie lediglich Aufgaben außerhalb der Schweiz betraf. Insbesondere wies das FG darauf hin, dass dem Kläger die „Mithilfe beim Aufbau des Münchner Büros” oblag und er auch in München seinen Wohnsitz nahm (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Abschrift des vorgenannten Urteils – Bl. 54 ff. der Klageakte verwiesen). Ausweislich des Tatbestandes dieses Urteils erklärte der Kläger die Einkünfte, die das Urteil der deutschen Besteuerung unterworfen hat, bereits am 13. Januar 2000 bei den Schweizer Steuerbehörden, die daraufhin entsprechende Schweizer Steuern erhoben.
Unter dem 15. September 2003 erhob der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde gegen das vorgenannte FG-Urteil, die er mit Schriftsatz vom 20. November 2003 zurücknahm.
Mit Schreiben vom 3. September 2003 beantragte der Kläger u.a. die Anrechnung von Schweizer Steuern für sämtliche Streitjahre in Höhe von insgesamt 1##.",## EUR auf die deutsche Steuerschuld, was das FA mit Schreiben vom 18. September 2003 ablehnte, weil es keine verfahrensrechtliche Grundlage für eine derartige Änderung der Steuerfestsetzung sah. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2003 erhob der Kläger Einspruch mit dem Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung durch Anrechnung der Schweizer Steuern. Das FA entgegnete mit Schreiben vom 28. Oktober 2003, dass mangels ausländischer Einkünfte § 34c Abs. 1 EStG nicht anwendbar sei. Weiter führte es aus:
„Darüber hinaus fehlen auch die Voraussetzungen für die Anwendung des § 34c Abs. 3 EStG. Diese Vorschrift greift zwar im Falle fehlender ausländischer Einkünfte. Die ausländische Steuer müsste aber festgesetzt und gezahlt sein und dürfte insbesondere keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegen. Im Streitfall ist jedoch letzteres noch nicht erfüllt. Ihr Mandant sollte daher einen Änderungsantrag bei den Schweizer Behörden stellen.”
Mit Schreiben vom 6. November 2003 stellten der Kläger und sein Arbeitgeber bei der Schweizer Steuerverwaltung ein Gesuch um „Rückforderung von Quellensteuern”. Diese lehnte das Gesuch mit Schreiben vom 11. Februar 2004 ab und verwies den Kläger auf ein Verständigungsverfahren. Daraufhin forderte der Kläger vom FA erneut die Anrechnung der Schweizer Steuern. Das FA lehnte diese erneut in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 11. November 2004 ab, wogegen der Kläger mit Schreiben vom 28. November 2004 die hier zur Entscheidung stehende Klage erhob. Das eingeleitete Verständigungsverfahren endete ausweislich des Schreibens des Bundesamtes für Finanzen vom 2. Mai 2005 (FG-Akte, Bl. 88) damit, dass weder der deutsche noch der Schweizer Fiskus eine Änderungsmöglichkeit sahen und aufgrund der Gesamtumstände des Falles (missbräuchliches Verhalten) übereinkamen, dass eine Doppelbesteuerung hingenommen werden könne.
Mit seiner Klage trägt der Kläger vor,
eine Bescheidänderung sei trotz des klageabweisenden Urteils nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich. Die schweizerische Quellensteuer sei nach § 34c Abs. 3 EStG von Amts wegen abzuziehen. Darüber hinaus gebiete der Grundsatz von „Treu und Glauben” eine Anrechnung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das FA unter Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsakts vom 18. September 2003 und der hierzu ergangenen EE vom 11. November 2004 zu verpflichten, die ESt-Bescheide vom 17. ...