Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur Übernahme unrichtiger Bilanzansätze des FA. Körperschaftsteuer 1996
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat das FA bei einer Betriebsprüfung aufgrund eigenen Verschuldens richtige Bilanzansätze durch unrichtige ersetzt, sind diese fehlerhaften Bilanzansätze in bestandskräftige Steuerveranlagungen eingeflossen und kommt eine Änderung der bestandskräftigen Veranlagungen nach den Korrekturvorschriften der AO nicht mehr in Betracht, so ist der Steuerpflichtige nicht in einem späteren (noch nicht bestandskräftigen) Veranlagungszeitraum verpflichtet, die fehlerhafte Abweichung der Bilanzansätze im Wege einer Bilanzberichtigung gewinnerhöhend zu korrigieren.
2. Soweit der Steuerpflichtige infolge eines rechtskräftigen Urteils oder nach Treu und Glauben zu einer (gewinnerhöhenden) Bilanzberichtigung verpflichtet sein kann, gilt dies nur für eigene Bilanzierungsfehler des Steuerpflichtigen, nicht aber für auf einer falschen Rechtsauffassung beruhende Fehler des FA.
Normenkette
EStG 1996 § 5 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 1, 2 S. 1
Tenor
1. Auf die Klage werden der Körperschaftsteuerbescheid für 1996 vom 9. April 2002 und die Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2002 aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob bei der Veranlagung der Klägerin zur Körperschaftsteuer für 1996 eine der Gewinnermittlung in den Veranlagungszeiträumen 1987 bis 1989 vom Beklagten (Finanzamt – FA–) zugrunde gelegte (überhöhte) Gewerbesteuerrückstellung nach den Grundsätzen des Bilanzzusammenhangs gewinnerhöhend aufzulösen ist.
1. Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung; Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist der Erwerb von Aufführungsrechten, Senderechten und Verlagsrechten, von Bühnenstücken und deren Vertrieb an Bühne, Film, Fernsehen und Rundfunk sowie das Verlegen, der Vertrieb und die Herausgabe von Büchern, Zeitschriften, Zeitungen und sonstigen Drucksachen sowie Ton- und Bildträgern.
2. Bei der Klägerin wurde im Zeitraum vom 28. Oktober bis 4. November 1992 eine Betriebsprüfung (Bp) betreffend die Veranlagungszeiträume 1987 bis 1989 durchgeführt.
a) Im Rahmen der Bp hatte der Prüfer u.a. Verlagsrechte abweichend von den Angaben der Klägerin in ihren Steuererklärungen pauschal gemäß Tz. 8.2 der „Richtlinien für die Bewertung von Verlagsrechten der Buch-, Zeitschriften-, Musik- und Bühnenverlage im Hauptfeststellungszeitraum 1986” bewertet (Tz. 5.03 des Bp-Berichts der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts … vom 18. August 1993). Die Neubewertung der Verlagsrechte führte u.a. zu einer Korrektur der Einheitswerte des Betriebsvermögens im Prüfungszeitraum, welche wiederum eine Änderung der Gewerbesteuermessbescheide auslöste. Der Prüfer bildete für die Mehrsteuem lt. Bp eine Gewerbesteuerrückstellung in Höhe von … DM für den Prüfungszeitraum 1987 bis 1989; daneben behandelte der Prüfer die Steuerschulden aufgrund Bp in Höhe von insgesamt … DM (Umsatzsteuer: … DM; Körperschaftsteuer: … DM; Vermögensteuer: … DM) gewinnmindernd. Die Körperschaftsteuer- und Vermögensteuerschulden lt. Bp rechnete der Prüfer außerhalb der Bilanz als nicht abziehbare Aufwendungen bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens hinzu. Diese Prüfungsfeststellungen hat das FA unverändert der Besteuerung zugrunde gelegt.
b) Gegen die die Prüfungsfeststellungen auswertenden Steuerbescheide vom … hatte die Klägerin mit Ausnahme der Körperschaftsteuerfestsetzungen 1987 bis 1989 sowie der Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zum 31. Dezember 1987 bis 31. Dezember 1989 Einspruch eingelegt. Dabei wurde die Bewertung der Verlagsrechte im Rahmen der Verfahren gegen die Feststellung der Einheitswerte des Betriebsvermögens in den Veranlagungszeiträumen 1987 bis 1989 und den darauf beruhenden Folgebescheiden angefochten. Die Finanzverwaltung hat in der Folgezeit die Bewertungsrichtlinien betreffend die Bewertung von Verlagsrechten in der Weise geändert, dass den Einwendungen der Klägerin in den Rechtsbehelfsverfahren betreffend die Veranlagungszeiträume 1987 bis 1989 antragsgemäß entsprochen werden konnte. Der Betriebsprüfer erstellte hierzu einen als „Ergänzungsbericht” bezeichneten geänderten Bp-Bericht vom 7. Juli 1994 zur Berichtigung der im Erstbericht enthaltenen Bilanzierungsfehler. In dem geänderten Bericht stellte der Betriebsprüfer die Besteuerungsgrundlagen dahingehend richtig, wie sie im Falle einer vollständigen Korrektur aller die Prüfungsfeststellungen betreffenden Bescheide zutreffend gewesen wäre.
c) Das FA erließ entsprechend den berichtigten Besteuerungsgrundlagen im geänderten Bp-...