rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
verdeckte Gewinnausschüttung. private Nutzung des betrieblichen Kfz durch GmbH-Gesellschaftergeschäftsführer
Leitsatz (redaktionell)
Der Erfahrungssatz, dass ein betrieblicher Pkw für private Zwecke des GmbH Gesellschaftergeschäftsführers, dem das Fahrzeug zur Verfügung stand, genutzt wird, falls kein Fahrtenbuch geführt wird, gilt auch für ein sog. Pick-Up-Fahrzeug. Ist die private Kfz-Nutzung im Geschäftsführeranstellungsvertrag nicht geregelt, liegen verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe des gemeinen Werts der Nutzung vor.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2; EStG § 8 Abs. 2 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2; AO § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tenor
1. Die angefochtenen Bescheide und die Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2006 werden dahingehend geändert, dass von verdeckten Gewinnausschüttungen in Höhe von 2.245 EUR in 2001, 2.229 EUR in 2002 und 2.495 EUR in 2003 auszugehen ist. Die Berechnung im Einzelnen wird dem Beklagten übertragen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 7/10 und der Beklagte zu 3/10. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen werden nicht erstattet.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob das betriebliche Fahrzeug der Klägerin durch den Beigeladenen privat genutzt wurde und dies zu verdeckten Gewinnausschüttungen geführt hat.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb eines Baugeschäfts (Hoch- und Tiefbau), Bauplanung und Baubetreuung. Gesellschafter sind in den Streitjahren 2001 bis 2003 Frau A (75%) und ihr Sohn, der Beigeladene (25%). Beide Gesellschafter sind zu Geschäftsführern bestellt.
Anlässlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung stellte die Prüferin fest, dass für den Beigeladenen bisher keine private PKW-Nutzung ermittelt und versteuert worden sei. In den Betriebsausgaben der Klägerin seien jedoch seit 4. Januar 2001 die Kosten für einen geleasten Mitsubishi L 200 2,5 TD erfasst worden. Ein Fahrtenbuch sei nicht geführt worden. Zwar habe der Beigeladene angegeben, das Fahrzeug nicht privat genutzt zu haben. Es sei aber im fraglichen Zeitraum kein privates Fahrzeug auf ihn zugelassen gewesen. Die Ehefrau des Beigeladenen habe zunächst einen VW Polo und ab 10. April 2003 einen VW Beetle (jeweils zugelassen auf ihren Vater) gefahren, die sie nach den Angaben in der Einkommensteuererklärung auch für ihre Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt habe. Die Prüferin ging von einer privaten Nutzung des Betriebsfahrzeugs durch den Beigeladenen aus. Nachdem im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag des Beigeladenen keine Regelung über die private Nutzung enthalten sei, beurteilte die Prüferin die Nutzung in Höhe der sich aus der Anwendung der 1%-Methode nach § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) ergebenden Bemessungsgrundlage als verdeckte Gewinnausschüttung.
Der Beklagte folgte der Rechtsauffassung der Prüferin und gab am 14. Juni 2005 die streitgegenständlichen Bescheide zur Post. Der dagegen eingelegte Einspruch, mit dem die private Nutzung des Fahrzeugs bestritten wurde, blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2006). Zwar sei – so das Finanzamt – bei der Ermittlung der Höhe des Werts der Nutzungsüberlassung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – nicht die 1%-Regelung heranzuziehen, sondern der gemeine Wert der Nutzung. Da dieser Wert – unter Zugrundelegung eines geschätzten Privatanteils von 25% – höher sei als der sich aus der Anwendung der 1%-Regelung ergebende Wert, sei es angesichts der jeder Schätzung anhängenden Unsicherheitsfaktoren sachgerecht, den niedrigeren Wert anzusetzen.
Dagegen richtet sich die Klage. Die Klägerin trägt zur Begründung vor, der Beigeladene habe das Fahrzeug ausschließlich betrieblich gefahren; eine private Mitbenutzung habe nicht vorgelegen. Bei dem Fahrzeug handle es sich um ein sog. Pick-Up, das als reines Baustellenfahrzeug genutzt werde. Die Eheleute S verfügten als privates Kfz über einen VW Beetle. Ebenso verfüge die Mutter des Beigeladenen und der Stiefvater über private Kfz, die der Beigeladene habe nutzen können. Der Hinweis der Prüferin, der VW Beetle sei für den Geschäftsführer einer Bau-GmbH unangemessen, sei unsachlich; es sei nicht Sache einer Lohnsteueraußenprüfung zu beurteilen, welches Fahrzeug für einen Geschäftsführer angemessen sei. Der Mitsubishi sei als reines Baustellenfahrzeug für Privatfahrten nicht nutzbar. Er verfüge über Allradantrieb, eine Anhängerkupplung und als Pick-Up über eine Ladewanne. Zudem verhindere die erhebliche Verschmutzung des Fahrzeugs einen privaten Gebrauch. Nach allgemeiner Lebenserfahrung könne davon ausgegangen werden, dass der Beigeladene seine Privatfahrten regel...