Entscheidungsstichwort (Thema)
Privates Veräußerungsgeschäft bei innerhalb der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG erfolgter Veräußerung einer in einem Sanierungsgebiet belegenen Immobilie und erst nach Ablauf der Zehnjahresfrist von der zuständigen Gemeinde erteilter Genehmigung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG bei privaten Grundstücksveräußerungsgeschäften ist auf den Zeitpunkt des Abschlusses der schuldrechtlichen Verträge abzustellen.
2. Die nach § 144 BauGB durch die Gemeinde genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfte und Verfügungen im Hinblick auf in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet belegene Immobilien sind bis zur Entscheidung der Gemeinde schwebend unwirksam. Nach den allgemeinen Grundsätzen zu den Auswirkungen einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung auf das betreffende zivilrechtliche Rechtsgeschäft hat die Erteilung der Genehmigung in Einklang mit dem Rechtsgedanken des § 184 Abs. 1 BGB Rückwirkung, womit das genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft mit Erteilung der Genehmigung als von Anfang an wirksam anzusehen ist.
3. Eine erst nach Ablauf der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG erfolgte Genehmigung durch die Gemeinde nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB wirkt daher auf den (im Streitfall noch innerhalb der Zehnjahresfrist erfolgten) Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts zurück, wenn es den Vertragsparteien trotz der schwebenden Unwirksamkeit des Kaufvertrags bis zur Erteilung der Genehmigung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht (mehr) möglich war, sich einseitig und frei vom Vertrag zu lösen.
4. Das Genehmigungserfordernis nach § 144 BauGB dient nicht der Wahrnehmung der privaten Belange der Vertragsparteien, sondern gewährleistet öffentliche baurechtliche Interessen. Damit kann der Entschluss der Behörde, die Genehmigung zu erteilen oder zu versagen, die Vollendung der privatrechtlichen Bindung bei Abschluss des Vertrags nicht beeinflussen (vgl. auch FG Brandenburg, Urteil v. 8.10.1998, 2 K 856/97 E, EFG 1998 S. 1683).
Normenkette
EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1; BauGB § 144 Abs. 2 Nr. 1; BGB § 158 Abs. 1, § 184 Abs. 1, §§ 747, 883
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über den Ablauf einer Veräußerungsfrist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr 2013 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Am 20. Dezember 2002 gaben die Kläger mit notariell beurkundeter Erklärung (URNr. xxx) gegenüber der M Immobilien GmbH & Co. D-Straße 83 KG ein verbindliches Kaufangebot zum Erwerb des Grundstücks D-Straße 83 in B, eingetragen im Grundbuch von P des Amtsgerichts T Blatt xxx (FlNr. xxx, Flurstück xxx) für einen Kaufpreis i.H.v. 236.871 EUR zuzüglich 5.500 EUR für eine Einbauküche ab (Kaufpreis insgesamt 242.371 EUR). Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 7. Januar 2003 (URNr. xxx) nahm der Verkäufer das Kaufangebot der Kläger an.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 27. Dezember 2012 (URNr. xxx) veräußerten die Kläger den im Wohnungsgrundbuch von P des Amtsgerichts M Blatt xxx eingetragenen 38,06/1.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück FlNr. xxx verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 13 (D-Straße 83) zu je 1/2 für einen Kaufpreis i.H.v. 285.000,00 EUR. Nach § 4 des Kaufvertrags sollte der Kaufpreis binnen 10 Tagen zur Zahlung fällig sein, nachdem den Vertragsteilen die Mitteilung des Notars zugegangen ist, dass unter anderem die sanierungsrechtliche Genehmigung zum Kaufvertrag nach § 144 des Baugesetzbuchs (BauGB) erteilt worden ist. Nach § 6 des Kaufvertrags beauftragten die Vertragsteile den Notar, den Vertrag dem Grundbuchamt zum Vollzug der Eigentumsumschreibung erst vorzulegen, wenn dem Notar die vollständige Zahlung des Kaufpreises in voller Höhe nachgewiesen ist. Nach § 7 des Kaufvertrags sollte der Besitz, Nutzen und Lasten am Tag der Kaufpreiszahlung auf den Käufer übergehen. In § 8 des Kaufvertrags erklärten die Verkäufer, dass das Grundstück in einem Sanierungsgebiet nach §§ 143 ff. BauGB liegt. Der Käufer erklärte, dass ihm das Recht Abt. II lfd. Nr. 1 (Sanierungsvermerk) bekannt ist und von ihm übernommen wird. Zur Sicherung des Anspruchs des Käufers auf Übertragung des Eigentums bewilligten nach § 10 des Kaufvertrags die Verkäufer und beantragte der Käufer die Eintragung einer entsprechenden Auflassungsvormerkung nach § 883 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) im Grundbuch.
Mit Bescheid vom 5. Februar 2013 erteilte das Bezirksamt P von B die Genehmigung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB.
Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 2013 erklärten die Kläger unter anderem sonstige Einkünfte aus der Veräußerung des Objekts D-Straße i.H.v. 227.545 EUR, die sie wie folgt ermittelten: Veräußerung...