Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausfuhrnachweis bei Ausfuhrlieferungen in Beförderungsfällen nach § 9 UStDV
Leitsatz (redaktionell)
Ergibt sich bei jeweils aus eigener Antriebskraft bzw. auf eigener Achse aus dem Gemeinschaftsgebiet ausgeführten Kraftfahrzeugen aus den vorgelegten Durchschriften der Ausfuhranmeldungen eindeutig und nachprüfbar, dass die Fahrzeuge ins Drittlandsgebiet gelangt sind, so ist die Finanzbehörde nicht berechtigt, den Ausfuhrnachweis allein wegen fehlender internationaler Zulassungsscheine und Ausfuhrkennzeichen als nicht erbracht anzusehen. Diese in Abschnitt 135 Abs. 9 Nr. 1 Satz 1 der Umsatzsteuerrichtlinien zusätzlich geforderten Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen sind nicht von § 6 Abs. 4 UStG i.V.m. § 8 und 9 UStDV gedeckt.
Normenkette
UStG 1999 § 4 Nr. 1 Buchst. a, § 6 Abs. 1, 4; UStDV 1999 §§ 9, 8; EWGRL 388/77 Art. 15 Abs. 2 S. 1; UStR 2000 Abschn. 135 Abs. 9 Nr. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 2. Januar 2004 und der Einspruchsentscheidung sowie der Änderungsbescheide vom 13. Oktober 2005 und vom 30. Januar 2006 wird die Umsatzsteuer 2001 wird auf einen negativen Betrag von 164.950,04 EUR herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Umsatzsteuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen.
Der Kläger betreibt einen Handel mit gebrauchten Kraftfahrzeugen. In seiner Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2001 errechnete er unter Berücksichtigung von Umsätzen aus steuerfreien Ausfuhrlieferungen i.H.v. 2.171.300,–DM eine negative Umsatzsteuer von 324.890,10 DM. Als Ausfuhrnachweis legte der Kläger überwiegend von einer Ausgangszollstelle auf der Rückseite abgestempelte Exemplare Nr. 3 des Einheitspapiers vor. Die Ausfuhrbelege mit den Nr. 411780, 464795, 464800 und 903669 sind auf der Vorderseite von einer Abgangsstelle in einem Versandverfahren, die gleichzeitig Grenzzollstelle ist, abgestempelt. Auf der Rückseite des Ausfuhrbelegs Nr. 903664 ist ein Dienststempelabdruck des Hauptzollamts (HZA) X angebracht. Dieses teilte auf telefonische Nachfrage des Gerichts mit, dass es damit als Abgangsstelle im Carnet TIR-Verfahren mit der VAB-Nr. 11290 nach Eingang des Rückscheins die Ausfuhr bestätigt habe (vgl. Bl. 38 f der FG-Akte).
Nach einer beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung erkannte der Beklagte (das Finanzamt -FA-) Ausfuhrlieferungen i.H.v. 422.300,–DM nicht als steuerfrei an, weil insoweit weder ein internationaler Zulassungsschein ausgestellt noch ein Ausfuhrkennzeichen ausgegeben worden sei (vgl. Tz. II. 2.2 des Prüfungsberichts vom 8.12.2003) und setzte mit Bescheid vom 2. Januar 2004 für 2001 eine negative Umsatzsteuer von 265.503,–DM (= 135.749,53 EUR) fest.
Augrund im Einspruchsverfahren vorgelegter Belege erkannte das FA weitere Umsätze i.H.v. 38.500,–DM als steuerfreie Ausfuhrlieferungen an und setzte mit der Einspruchsentscheidung vom 23. März 2005 die Umsatzsteuer auf einen Negativbetrag von 271.953,–DM (= 139.047,36 EUR) fest. Im Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen, weil die nach den Umsatzsteuerrichtlinien geforderten internationalen Zulassungsscheine und Ausfuhrkennzeichen nicht vorgelegt werden konnten.
Mit nach Klageerhebung ergangenen Bescheiden vom 13. Oktober 2005 und 30. Januar 2006, die jeweils gem. § 68 FGO Gegenstand des Verfahrens wurden, wurde die Umsatzsteuer zunächst auf einen Negativbetrag von 265.503,–DM und dann wieder auf einen Negativbetrag von 271.953,–DM (= 139.047,36 EUR) festgesetzt.
Mit seiner Klage bringt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor: Die streitgegenständlichen Ausfuhren seien alle durch von den Zollbehörden abgestempelte Ausfuhrnachweise, zum Teil ergänzt durch weitere Unterlagen (Passkopien etc.), nachgewiesen. Ein Ausfuhrkennzeichen sei gesetzlich nicht vorgesehen. Bei Kraftfahrzeugen könnten keine weitergehenden formellen Anforderungen gestellt werden als bei anderen Handelsgütern. Außerdem habe das Kraftfahrtbundesamt bestätigt, dass die Fahrzeuge nicht mehr in Deutschland zugelassen seien.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids 2001 vom 2. Januar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. März 2005 und der Änderungsbescheide vom 13. Oktober 2005 und 30. Januar 2006 die Umsatzsteuer 2001 auf einen Negativbetrag von 166.113,67 EUR (= 324.890,10 DM) festzusetzen.
Das FA beantragt
Klageabweisung
und verweist hierzu auf die Einspruchsentscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die FA-Akten, die im Verfahren gewechselte...