Entscheidungsstichwort (Thema)
Flüchtigkeitsfehler des FA bei Auswertung eines Grundlagenbescheids. Einkommensteuer 1994 (2. Rechtsgang, früheres Az.: 1 K 3087/98)
Leitsatz (amtlich)
Unterläuft dem FA bei Gelegenheit der Auswertung eines Grundlagenbescheids ein Flüchtigkeitsfehler in der Einkommensteuerveranlagung zu Gunsten des Steuerpflichtigen in der Weise, dass es die Beteiligungseinkünfte bei der Bildschirmeingabe unter der für Einzelunternehmereinkünfte vorgesehenen Kennziffer 12 statt unter der für Beteiligungseinkünfte vorgesehenen Kennziffer 16 einträgt, und werden dadurch die im geänderten Bescheid noch enthaltenen Einzelunternehmereinkünfte überschrieben, so dass sie im Änderungsbescheid nicht mehr erscheinen, kann der Fehler über die Vorschrift des § 129 AO korrigiert werden.
Normenkette
AO § 129
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger.
Tatbestand
I.
Die Kläger (Kl) sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kl erzielt als selbständig tätiger Unternehmensberater gewerbliche Einkünfte. Außerdem ist er im Rahmen eines Einzelunternehmens freiberuflich tätiger Ingenieur. Im Streitjahr 1994 erzielte er erstmals auch gewerbliche Einkünfte aus einer Beteiligung an der Fa. … GbR, … (im Folgenden M-GbR) sowie Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit aus einer Beteilung an der Fa. … (im Folgenden C-GbR).
In der Einkommensteuererklärung 1994 wurden Einkünfte des Kl aus seiner freiberuflichen Ingenieurtätigkeit in Höhe von 376.822 DM und Einkünfte aus gewerblicher Beratungstätigkeit in Höhe von 5.627 DM erklärt (Aufteilung aus einer einheitlich erstellten Einnahme-Überschussrechnung). Angaben zu seinen mitunternehmerisch erzielten Einkünften wurden darin nicht gemacht.
Im Einkommensteuerbescheid 1994 vom 26.11.1996 wertete der Beklagte (Finanzamt – FA–) zusätzlich zu den erklärten Einkünften auch eine Mitteilung vom 23.10.1996 aus, aus der sich ergibt, dass dem Kl aus der M-GbR gewerbliche Einkünfte in Höhe von 116.140 DM zuzurechnen waren. Dementsprechend wurden in diesem Bescheid Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 121.767 DM (116.140 DM + 5.627 DM aus dem Einzelunternehmen) sowie Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von 376.822 DM in Ansatz gebracht.
Nachdem eine weitere Mitteilung vom 23.10.1996 über die anteiligen freiberuflichen Einkünfte des Kl an der C-GbR in Höhe von 363.645 DM beim FA eingegangen war, wurde die Veranlagung mit Einkommensteuerbescheid 1994 vom 02.01.1997 unter Berufung auf die Vorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert und die Einkommensteuer auf nunmehr 152.995 DM festgesetzt. Hierbei wurden lediglich die freiberuflichen Einkünfte aus der Mitteilung in Höhe von 363.645 DM, nicht mehr aber die erklärten Einkünfte aus dem Einzelunternehmen als freier Ingenieur (376.822 DM) berücksichtigt. In den Erläuterungen zum Bescheid ist ausgeführt, dass sich die Abweichungen von den erklärten Einkünften aus dem Feststellungsbescheid vom 23.10.1996 ergäben.
Auf Seite 2 der Anlage GSE zur Einkommensteuererklärung ist vom damaligen Bearbeiter des FA (Herr …) unter der im Vordruck vorgesehenen Kennziffer 12, in der auch die erklärten freiberuflichen Einkünfte des Kl aus dem Einzelunternehmen (376.822 DM) eingetragen und nicht gestrichen sind, handschriftlich der folgende Vermerk angebracht: „lt. Mitt 363.645”. Zudem sind beide Beträge mit einem handschriftlich angebrachten Haken versehen. Im Schreiben vom 3.7.1997 vertrat das FA hierzu die Auffassung, dass dem Erlass des Einkommensteuerbescheids vom 2.1.1997 ein Eingabefehler zu Grunde gelegen habe. Der Betrag für die Beteiligungseinkünfte sei statt unter der Kennziffer 16 fälschlicherweise unter der Kennziffer 12 eingegeben worden. Hierdurch sei der zuvor bereits unter der Kennziffer 12 eingetragene Wert gelöscht worden.
Mit Einkommensteuerbescheid 1994 vom 16.1.1997 wurde eine weitere, die M-GbR betreffende Mitteilung (geänderte Beteiligungseinkünfte nunmehr: 126.453 DM) ausgewertet. Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit blieben unverändert mit lediglich 363.645 DM berücksichtigt. Bei der Steuerberechnung wurde ein Betrag in Höhe von 132.080 DM gem. § 34 EStG mit einem ermäßigten (halben) Steuersatz in Ansatz gebracht.
Im Mai 1997 ging bei der Veranlagungsstelle des FA eine Kontrollmitteilung der BNV-Stelle ein. In ihr wurde ausdrücklich auf die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit aus dem Einzelunternehmen in Höhe von 376.822 DM hingewiesen. Daraufhin änderte das FA die bisherige Veranlagung erneut, indem es die Einkünfte aus dem Einzelunternehmen in Höhe von 376.822 DM wieder berücksichtigte. Als Berichtigungsvorschrift wurde in diesem Bescheid § 129 AO genannt. Außerdem ist als Begründung angeführt, dass die Korrektur erfolge, weil der Gewinn aus der freiberuflichen Tätigkeit übersehen worden sei. Der entsprechende Einkommensteueränderungsbesche...