rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt des Kindergeldberechtigten bei Auslandseinsatz
Leitsatz (redaktionell)
1. Als Anhaltspunkt für die Beibehaltung und Nutzung der Wohnung ist regelmäßig auf die Sechsmonatsfrist des § 9 S. 2 AO zurückzugreifen, da in dieser Frist zum Ausdruck kommt, ab welcher Zeitdauer ein Aufenthalt nicht mehr nur vorübergehend ist. Dies ist auch für § 8 AO maßgebend, weil eine nur vorübergehende Nutzung einer Wohnung keinen Wohnsitz begründet.
2. Bei von vornherein auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalten reichen kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen und daher nicht „zwischenzeitliches Wohnen” in der bisherigen Wohnung bedeuten, nicht für die Annahme aus, der Inlandswohnsitz werde aufrechterhalten.
3. Es reicht zur Begründung eines „neuen” inländischen Wohnsitzes nicht aus, wenn lediglich kurzfristige Aufenthalte, d. h. zwei Tage alle zwei Wochen/jede Woche und in den Ferienzeiten, in der unentgeltlich zur Verfügung gestellten Wohnung der Mutter im Inland verbracht worden sind, weil es an einem zeitlich zusammenhängenden Aufenthalt des Klägers von mehr als sechs Monaten Dauer im Inland fehlt.
Normenkette
EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 2-3; AO §§ 8-9
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der mit einer Spanierin verheiratete Kläger ist Vater der Kinder L, geb. am 21. Juli 2000, und N, geb. am 28. September 2001. Er lebte mit seiner Familie in D in Deutschland.
Am 20. Februar 2006 teilte der Kläger der Beklagten (der Familienkasse) mit, dass seine Familie und er ab 1. April 2006 für ca. 3 Jahre nach V in Spanien zögen.
Im Fragebogen zur Prüfung des Wohnsitzes gab der Kläger am 23. März 2006 u.a. an, dass er über eine Mietwohnung in Deutschland verfüge. Diese Wohnung werde in seiner Abwesenheit nicht fremd genutzt und könne jederzeit in vollem Umfang von ihm und seiner Familie genutzt werden. Er halte sich in seiner Wohnung alle zwei Wochen am Donnerstag und Freitag auf, im Juli und im August vier Wochen, im Dezember und Januar drei Wochen sowie ansonsten spontan. Er werde beim Finanzamt zur Einkommensteuer veranlagt. Einen Antrag nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG – habe er nicht gestellt. Der Kläger legte ein Schreiben des Finanzamts D vor, wonach aufgrund seiner Angaben weiterhin von einem Wohnsitz in Deutschland auszugehen sei.
Mit Bescheid vom 13. April 2006 setzte die Familienkasse ab April 2006 wieder Kindergeld für die Kinder des Klägers fest.
Die Meldebehörde informierte die Familienkasse am 24. November 2008 darüber, dass die Kinder des Klägers im Haushalt der Mutter in Spanien wohnten. Nach Rückfrage der Familienkasse teilte der Kläger der Familienkasse am 17. Januar 2009 mit, dass die Kinder in seinem Haushalt unter der Anschrift, xxx in D, lebten.
Auf den Fragebogen der Familienkasse zur Prüfung des Wohnsitzes gab der Kläger am 22. Februar 2009 an, dass er sich jede Woche Dienstag und Mittwoch, im Juli und August vier Wochen, im Dezember und Januar drei Wochen und an Ostern zwei Wochen in seiner Wohnung in Deutschland aufhalte. Zugleich teilte er erneut mit, dass er beim Finanzamt zur Einkommensteuer veranlagt werde.
Daraufhin forderte ihn die Familienkasse auf, die Kopie seines Einkommensteuerbescheids 2007 sowie eine Bescheinigung des Finanzamts über seine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht für 2008 und 2009 vorzulegen.
Nach dem Inhalt des Vordrucks E 401 vom 18. März 2009 übt die Ehefrau des Klägers eine Erwerbstätigkeit aus.
Der Kläger erwiderte gegenüber der Familienkasse am 11. April 2009, dass mangels Erklärung kein Einkommensteuerbescheid 2007 vorliege. Da die Kinder nicht durchgängig in D zur Schule gingen, seien sie beim Einwohnermeldeamt abgemeldet worden. Im Juni und Juli würden sie wegen des Schulbesuchs in D wieder angemeldet werden. Auf dem Fragebogen zur Prüfung des Anspruchs auf Kindergeld gab der Kläger an, dass er seit 1. April 2006 bis heute bei Y in Spanien unselbständig beschäftigt sei.
Am 13. Mai 2009 unterrichtete das Finanzamt die Familienkasse darüber, dass eine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht nicht festgestellt werden könne. Die vom Kläger angegebene Steuernummer sei wegen des Wegzugs ins Ausland ab dem Jahr 2007 gelöscht worden.
Auf dem Vordruck E 411 bestätigte die zuständige spanische Behörde am 22. Juni 2009, dass der Kläger wegen seines hohen Einkommens im streitigen Zeitraum keine Familienleistungen in Spanien habe beanspruchen können.
Mit Schreiben vom 9. Juli 2009 legte der Kläger den Mietvertrag vom 28. November 1999 der Familienkasse vor. Nach diesem Mietvertrag war seit 1. Dezember 1999 die Mutter des Klägers die alleinige Mieterin der ca. 51,09 m² großen Zwei-Zimmer-Wohnung in D. Am Ende des Mietvertrages ist mit identischer Sch...