Entscheidungsstichwort (Thema)
Zufluss von Kapitalerträgen durch Novation bei Anlagebetrug. Anforderungen an eine stille Gesellschaft. Kein Zufluß von Darlehenszinsen durch Novation, wenn der Zinsbetrag nicht bestimmt wird. Einkommensteuer 1994
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Fall eines Anlagebetrugs liegt kein Zufluss von steuerpflichtigen Kapitalerträgen durch Novation vor, wenn die Klägerin zwar auf das vom Anlagebetrüger gemachte Angebot zum Stehenlassen des als Darlehen zur Verfügung gestellten Anlagekapitals und der vermeintlich aufgelaufenen Rendite eingegangen ist, die Novation aber auch wegen des Interesses des Schuldner an der Vermeidung von Auszahlungen und an der Fortführung seines betrügerischen Handelns zustande kam, weder die Laufzeit noch die Höhe des Entgelts für das Darlehen festgelegt waren und die vermeintliche „Rendite” auch nicht in den Büchern des Schuldners gutgeschrieben wurde.
2. Eine von der Dauer der Mittelüberlassung abhängige und prozentual auf den überlassenen Betrag bezogene Vergütung, eine kurze Dauer der Mittelüberlassung sowie die die Gewährung von Sicherheiten sprechen gegen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft.
Normenkette
EStG § 11 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 4; HGB § 230; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7; BGB § 608
Nachgehend
Tenor
I. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 15. Juli 1999 wird der Bescheid vom 09. Juni 1997 abgeändert. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Änderung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner den Klägern das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach der Rechtskraft dieses Urteils neu bekannt zu geben.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen bis zur Einschränkung des Klageantrags die Kläger zu 2/5 und der Beklagte zu 3/5, im Übrigen der Beklagte.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leisten.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind Ehegatten. Sie waren im Streitjahr 1994 zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen. Die Klägerin war im Streitjahr gewerblich als Schmuckdesignerin und Schmuckhändlerin tätig. Zu ihren Lieferanten gehörte der Juwelier … (B). Im Februar des Streitjahres machte B der Klägerin das Angebot, sich an einem lukrativen Geschäft zu beteiligen. Eine Schweizer Bank wolle Diamanten im Wert von insgesamt 200.000.000 DM kaufen. Wegen seiner einzigartigen Einkaufskontakte nach Südafrika könne er die Steine günstig einkaufen. Das Geschäft sei so lukrativ, weil der Verkauf an die Schweizer Bank nach dem jeweiligen Börsenkurs stattfinde. Wegen der erforderlichen Erstellung von neuen Expertisen müsse er das Geschäft ca. 4 Wochen vorfinanzieren. Bei einer Beteiligung der Klägerin garantiere er eine monatliche Rendite auf das eingesetzte Kapital von 10 bis 20 v.H. je nach US$-Wechselkurs.
Am 01. März des Streitjahres nahm die Klägerin das Angebot des B an und übergab ihm einen Betrag von 480.000 DM. B händigte der Klägerin eine Perlenkette und einen großen Saphir als Sicherheit aus. Nach etwa einem Monat ersetzte B die Sicherheitsleistung durch Aushändigung mehrerer Diamanten. Letztere holte der B nach einigen Wochen ab und teilte der Klägerin mit, dass er ihr in der darauffolgenden Woche ca. 700.000 DM an eingesetztem Kapital und zwischenzeitlich aufgelaufener Rendite auszahlen würde. Die ersten zwei Transaktionen mit der Schweizer Bank hätten geklappt. In der zweiten Maihälfte des Streitjahres machte B der Klägerin das Angebot, das Kapital und den erzielten Ertrag stehen zu lassen, da er die versprochene monatliche Rendite weiterhin garantieren könne. Die Klägerin stimmte dem Vorschlag zu. Im Juli des Streitjahres übergab sie B weitere 200.000 DM von einem befreundeten Ehepaar, dass sich ebenfalls an dem Geschäft beteiligen wollte. B übergab der Klägerin zur Sicherheit einen Verrechnungsscheck über 1.000.000 DM und 5 Diamanten. Es handelte sich um einen ungedeckten Scheck. Ferner waren die Diamanten unecht. Im August des Streitjahres stellte sich für die Klägerin heraus, dass sie wie weitere Anleger von B betrogen worden war. B wurde wegen Betrugs in 131 Fällen vom Landgericht … verurteilt. B hatte im Rahmen eines „Schneeballsystems” gehandelt. Im Strafverfahren hatte er eingeräumt, dass er lediglich vorgetäuscht habe, in Südafrika Diamanten zu günstigen Großhandelspreisen erwerben zu können. Nach den strafrechtlichen Ermittlungen hatte B von Mitte Juni bis Anfang August des Streitjahres von Anlegern insgesamt ca. 20,8 Mio. DM erhalten und im selben Zeitraum Auszahlungen an Anleger in Höhe von ca. 28,5 Mio. DM vorgenommen.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger einen Verlu...