Entscheidungsstichwort (Thema)
Einlage von Wertpapieren in das gewillkürte Betriebsvermögen. Verfassungsmäßigkeit der begrenzten Verlustverrechnung nach § 23 Abs. 3 Sätze 8 und 9 EStG. Einkommensteuer 2000
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Jahr 2000 erzielte Verluste aus Aktiengeschäften und aus der Abwertung der sich im Wertpapierdepot zum 31.12.2000 noch befindlichen Aktien mindern den betrieblichen Gewinn nicht, wenn die Zugehörigkeit der Aktien sowohl zum notwendigen als auch zum gewillkürten Betriebsvermögen im Jahre 2000 ausscheidet, weil erst mit der Aufstellung der zweiten Arbeitsbilanz 2000 im Oktober 2001 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wurde, dass die Wertpapiere zum gewillkürten Betriebsvermögen des Gewerbebetriebs gezogen werden sollen.
2. Aktien sind nicht deshalb dem notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnen, weil im ganz überwiegenden Maße Papiere von Firmen erworben werden, bei denen mindestens ein Haupttätigkeitsbereich deckungsgleich mit dem eigenen Geschäftsgegenstand ist. Selbst eine Branchengleichheit der Unternehmen reicht nicht aus, wenn die Aktien nicht unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt werden.
3. Die Regelung zur begrenzten Verrechnung von Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften gemäß § 23 Abs. 3 Sätze 8 und 9 EStG ist auch dann verfassungsgemäß (Anschluss an das Urteil des FG Köln vom 15.9.2004 7 K 1268/03, EFG 2004, 1460), wenn die Besteuerung von privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG im Streitjahr 2000 verfassungswidrig sein sollte.
Normenkette
EStG § 23 Abs. 3 Sätze 8-9, Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 1, 4, § 5
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2000 vom 8. März 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 2003 wird die Einkommensteuer 2000 auf 19.213,33 EUR (= 37.578 DM) herabgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 3/4 und der Beklagte zu 1/4.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
5. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob im Streitjahr eingetretene Verluste aus Wertpapiergeschäften bei der Ermittlung der gewerblichen Einkünfte des Klägers aus seiner Firma S (heute: u) zu berücksichtigen oder aber als nicht ausgleichsfähige Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften zu behandeln waren.
Der Kläger ist mit seiner Firma auf dem Gebiet der digitalen Kommunikationsgestaltung tätig. Dabei werden u.a. Lernprogramme bzw. -spiele mit Erfolgskontrolle sowie Wissenspräsentationen im Rahmen von Internet- oder CD-Rom-Projekten erstellt. Das Unternehmen bietet zudem die umfassenden Dienstleistungen einer Internetagentur. Mit diesen Tätigkeiten erzielt der Kläger gewerbliche Einkünfte. Daneben tätigte der Kläger An- und Verkäufe von Aktien. Die daraus erwirtschafteten Einkünfte erklärte er in den vor dem Streitjahr 2000 liegenden Jahren bei den sonstigen Einkünften nach § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Bei Ermittlung seiner gewerblichen Einkünfte nach § 5 i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG erfasste der Kläger die im Jahre 2000 eingetretenen Verluste aus den Aktiengeschäften und die Abwertung der sich zum 31.12.2000 noch im Depot befindlichen Wertpapiere als „Verluste aus Abgang von Umlaufvermögen” i.H. von 107.668,49 DM, die erwirtschafteten Gewinne aus den Aktiengeschäften als „Erträge aus Abgang von Umlaufvermögensgegenständen” i.H. von 17.981,22 DM und die Aufwertung der sich zum 31.12.2000 noch im Depot befindlichen Wertpapiere als „Erträge Zuschreibung Umlaufvermögen” i.H. von 5.847,90 DM. Unter dem Jahr waren die für Aktienkäufe herangezogenen betrieblichen Mittel als Entnahmen und die aus Aktienverkäufen erzielten Einnahmen als Einlagen in den Betrieb des Klägers gebucht worden. Erstmals in der Arbeitsbilanz 2000 vom 4.10.2001 wies der Kläger die Wertpapiere als Gegenstände des Betriebsvermögens (Umlaufvermögens) aus. Die vorangegangenen Entnahme- bzw. Einlagebuchungen wurden storniert und auf ein Bestandskonto „Wertpapiere” im Umlaufvermögen umgebucht.
Der Beklagte (Finanzamt) erkannte die geltend gemachten Verluste aus Abgängen von Wertpapieren nicht als Betriebsausgaben des gewerblichen Betriebs des Klägers an. Das Finanzamt ordnete diese Verluste vielmehr den sonstigen Einkünften nach § 23 EStG zu und versagte einen Verlustausgleich mit den gewerblichen Einkünften des Klägers (Einkommensteuerbescheid 2000 vom ….2002).
Nach erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 27.10.2003) richtet sich hiergegen die am 26.11.2003 bei Gericht eingegangene Klage.
Der Kläger ist der Ansicht, dass es sich bei den Wertpapieren um Bestandteil...