Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anwendung der lohnsteuerlichen Freigrenze für Betriebsveranstaltungen auf zweitägige Betriebsausflüge. Haftung für Lohnsteuer 1987 bis 1993
Leitsatz (amtlich)
1. Zuwendungen eines Arbeitgebers zu einer 2-tägigen Betriebsveranstaltung begründen stets steuerpflichtigen Arbeitslohn, da sie nicht allgemeiner Üblichkeit entsprechen. Dies gilt selbst dann, wenn die Zuwendungen nur die kalkulatorischen Kosten des ersten Tages abdecken und der zweite Tag auf einen arbeitsfreien Tag entällt.
2. Eine gegenüber einem Gesamtschuldner eingetretene Festsetzungsverjährung hindert nicht die Durchsetzung des Haftungsanspruchs gegenüber den anderen Gesamtschuldnern.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 42d; AO 1977 §§ 191, 44 Abs. 2 S. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens
Tatbestand
Die Klägerin (Klin) führt jährlich Betriebsausflüge durch. Diese beginnen regelmäßig freitags, wobei tagsüber öffentliche Einrichtungen oder Sehenswürdigkeiten besichtigt werden. An eine Personalversammlung am Abend schließt sich der Kameradschaftsabend mit Tanzgelegenheit an. Obwohl die Ausflugsziele eine Rückfahrt am selben Tag erlauben würden, nehmen fast alle Teilnehmer die gebotene Übernachtungsmöglichkeit wahr. Lediglich der Behördenleiter fuhr in der Regel nach Hause. Die Samstage standen den Teilnehmern zur freien Verfügung. Mitunter nahmen sie, soweit gewünscht, an vom Personalrat vermittelten Stadtführungen oder ähnlichem teil.
Bei der Klin fand im Frühjahr 1990 und im September 1993 jeweils eine Lohnsteuer-Außenprüfung statt. Dabei stellte der Prüfer fest, daß die Klin in den Jahren 1987 bis 1993 die jährlichen Zuwendungen für Betriebsausflüge in Höhe von 50 DM pro teilnehmenden Arbeitnehmer steuerfrei belassen hatte. Er vertrat die Auffassung, daß zweitägige Betriebsausflüge vorlägen, die unüblich seien, so daß die Aufwendungen der Klin hierfür einen lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil darstellten. Auf die Prüfungsberichte vom 4. April 1990 und 10. September 1993 wird ergänzend Bezug genommen.
Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) schloß sich den Prüfungsfeststellungen an und erließ am 19. April 1990 (für 1987 bis 1989) und am 23. September 1993 (für 1990 bis 1993) jeweils einen Haftungsbescheid über Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlag (1992) in Höhe von insgesamt 2.883,65 DM bzw. 4.714 DM, wobei er die Lohnsteuer mit 25 v.H. der Zuwendungen ermittelte.
In dem gegen die Haftungsbescheide gerichteten Einspruchsverfahren trug die Klin vor, daß die Fahrt- und Unterkunftskosten aus der Kameradschaftskasse gezahlt würden, die vom Personalrat verwaltet und aus monatlichen Beiträgen der Beschäftigten gespeist werde. Aus Mitteln des Arbeitgebers erhalte der Personalrat für den Betriebsausflug einen Zuschuß von 50 DM pro Teilnehmer. Alle nicht aus der Kameradschaftskasse bestrittenen Ausgaben, also insbesondere die Verpflegungskosten, trage jeder Teilnehmer selbst.
Das FA nahm im Einspruchsverfahren eine individuelle Ermittlung der Lohnsteuer anhand der Besteuerungsmerkmale der teilnehmenden Arbeitnehmer vor. Dies führte dazu, daß sich die Haftungsschuld für 1987 bis 1989 um 72,15 DM erhöhte, während sich die Haftungsschuld für 1990 bis 1993 um 28,14 DM verminderte. Nachdem das FA der Klin die Verböserungsabsicht (Erhöhung insgesamt 44,01 DM) angekündigt hatte, erließ es am 10. November 1994 eine entsprechende Einspruchsentscheidung, auf die ergänzend Bezug genommen wird.
Mit der Klage begehrt die Klin die Aufhebung der Haftungsbescheide und der Einspruchsentscheidung. Zur Begründung trägt sie zum einen vor, daß es sich nur um einen eintägigen Betriebsausflug gehandelt habe und zum anderen, daß, selbst wenn man von einem zweitägigen Betriebsausflug ausgehe, dies eine übliche Betriebsveranstaltung darstelle, da sie die Betriebsausflüge in dieser Form bereits seit Jahrzehnten durchführe.
Näher führt sie aus, daß aus dem Arbeitgeberzuschuß die am Freitag angefallenen Aufwendungen für die Besichtigungen, die musikalischen Alleinunterhalter, die Bewirtung von 30 DM pro Kopf ohne Getränke sowie die Hälfte der Aufwendungen für die Omnibusfahrt in Höhe von 20 DM gedeckt werden könnten. Die restlichen Ausgaben für die übrigen Mahlzeiten, Getränke, Übernachtung und die andere Hälfte der Fahrtkosten hätten die Teilnehmer selbst getragen. Dieses Vorbringen sei gegenüber der Darstellung im Einspruchsverfahren nicht neu. Damit werde lediglich darauf hingewiesen, daß der Beitrag des Arbeitgebers zur Deckung der am Freitag entstandenen Kosten ausreiche und sich dieser Betrag – entgegen der Auffassung des FA – durchaus den am Freitag entstandenen Kosten zuordnen lasse.
Aus diesen Gründen sei nur die Veranstaltung am Freitag als Betriebsveranstaltung anzusehen, denn für die Übernachtung und den Samstag fehle es daran, daß ein besonderer Bezug zum Betrieb gegeben sei. Die gesellschaftliche Veranstaltung h...