Entscheidungsstichwort (Thema)
Nach § 7 Abs. 1 Nr.3 InvStG einbehaltene Zinsabschlagsteuer wird auf die festgesetzte Einkommensteuer des Veranlagungszeitraums angerechnet, in dem die Zinsabschlagsteuer erhoben wurde
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 InvStG einbehaltene Zinsabschlagsteuer auf Erträge aus ausländischen Investmentfondsanteilen wird gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf die festgesetzte Einkommensteuer des Veranlagungszeitraums angerechnet, in dem die Zinsabschlagsteuer erhoben wurde.
2. Die Anrechnung der Zinsabschlagsteuer erfolgt nur insoweit, als die Einnahmen aus dem Investmentfondanteilen auch in den Veranlagungen – auch der früheren Jahre – erfasst werden.
3. Das Abrechnungsverfahren hat nach höchstrichterlicher Rechtsprechung Vorrang vor dem Verfahren gegen die Anrechnungsverfügung.
4. Die Anrechnungsverfügung kann als Verwaltungsakt nur unter den Voraussetzungen der §§ 129, 130, 131 AO aufgehoben oder geändert werden.
5. Eine allgemeine Leistungsklage auf Erstattung einer Steuer kann nur dann Erfolg haben, wenn das FA zuvor über diesen Erstattungsanspruch in einem Abrechnungsbescheid entschieden hat.
Normenkette
AO § 218 Abs. 2, § 130 Abs. 2 Nr. 4; EStG § 36 Abs. 2 Nr. 2; EStR 2004 R 213d Abs. 1 S. 3; InvStG § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 7, § 2 Abs. 1 S. 2; AuslInvmG § 18a Abs. 1 Nr. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Anrechnung von Kapitalertragsteuer.
I.
Am 1. Oktober 1998 wurden dem Kläger von seiner Mutter 18.270 Stück Anteile der […] XXX N.V. (WKN [… 111 111]) unentgeltlich übertragen. Bei dieser Gesellschaft handelt es sich um einen ausländischen thesaurierenden Investmentfonds, dessen Erträge unter das Investmentsteuergesetz (InvStG, gültig ab 1. Januar 2004) bzw. das Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen (AuslInvestmG, gültig bis 31. Dezember 2003) fallen und bei dem die thesaurierten Erträge mit Ablauf des Geschäftsjahres des Fonds als zugeflossen gelten – Zuflussfiktion – (§ 17 AuslInvestmG / § 2 InvStG). Kapitalertragsteuer wird nicht laufend in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen einbehalten und abgeführt, sondern nach § 18a Abs. 1 Nr. 3 AuslInvestmG / § 7 Abs. 1 Nr. 3 InvStG erst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Rückgabe der Anteilsscheine. Aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom 25. Mai 2001 kam es zu einer Verdoppelung der Anteile auf 36.540 Stück. Die Anteile wurden ursprünglich bei der […] (C-Bank) verwahrt. Am 15. Dezember 2004 übertrug der Kläger die 36.540 Stück Anteile in sein Wertpapierdepot bei der […] (D-Bank). Am 16. Dezember 2004 wurden die Anteile an der Amsterdamer Börse zum Kurswert von 1.471.465,80 EUR veräußert.
Die D-Bank behielt gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 InvStG Zinsabschlagsteuer in Höhe von 172.085,86 EUR sowie einen Solidaritätszuschlag zur Zinsabschlagsteuer in Höhe von 9.464,72 EUR für ausschüttungsgleiche Erträge in Höhe von 573.619,53 EUR (ESt-Akte 2004 Bl. 10 f.) für die Zeit nach dem 31. Dezember 1993 bis zum Verkaufstag ein. Die Höhe der ausschüttungsgleichen Erträge seit dem 1. Januar 1994 ermittelte die D-Bank mit einem Betrag von 15,6984 EUR je Anteil (ESt-Akte 2004 Bl. 82). Am 11. Februar 2005 erstellte die D-Bank die entsprechende Steuerbescheinigung (ESt-Akte 2004 Bl. 12).
In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 erklärte der Kläger bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, dass er Erträge aus ausländischen Investmentanteilen in Höhe von 14.647,68 EUR von der […] YYY N.V. (ESt-Akte 2004 Bl. 4 + 25; WKN 970 259) bezogen habe. Die anrechenbare Zinsabschlagsteuer auf diese Erträge habe 4.394,30 EUR betragen. Außerdem beantragte der Kläger die Anrechnung der Zinsabschlagsteuer in Höhe von 172.085,68 EUR auf die Erträge aus der […] XXX N.V. sowie des hierzu erhobenen Solidaritätszuschlags in Höhe von 9.464,72 EUR. Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen aus der […] XXX N.V. erklärte der Kläger nicht.
Das Finanzamt [… CH-Stadt] (FA CH) folgte den Angaben in der Einkommensteuererklärung für 2004 insoweit nicht. Das FA CH berücksichtigte in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 9. September 2005 Erträge aus ausländischen Investmentanteilen in Höhe von 588.266 EUR (14.647 + 573.619) und rechnete wie beantragt Zinsabschlagsteuer in Höhe von 176.480,16 EUR sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von 10.451,36 EUR an. Den dagegen gerichteten Einspruch begründete der Kläger damit, dass die Erträge aus ausländischen Investmentanteilen in Höhe von 573.619,53 EUR nur die Grundlage für die Jahresbescheinigung und die Steuerbescheinigung für 2004 der D-Bank gewesen sei. Die Steuerbescheinigung der D-Bank weise keine Einkünfte für den Veranlagungszeitraum 2004 aus. Wegen des Verkaufs am 16. Dezember 2004 sei die D-Bank verpflichtet gewes...