Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1991
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 05.04.2000; Aktenzeichen IV R 45/97) |
Tenor
Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1991 vom 12.4.1996 wird die Einkommensteuer 1991 auf … DM festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger, zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger (Kl.) einen begünstigten Veräußerungsgewinn im Sinne der §§ 18 Abs. 3, 34 EStG erzielt hat.
Die verheirateten Kl. werden zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt. Der Kl. erzielte als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater aus einer Einzelpraxis Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Mit Vertrag vom 13.7.1991 gründete er mit dem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater … (S.) zur gemeinsamen Berufsausübung eine Sozietät zum 1.7.1991. Der Kl. brachte seine Einzelpraxis in die Sozietät gegen eine Beteiligung in Höhe von 70 % ein. S. erhielt gegen Zahlung von 360.000 DM für den anteiligen Praxiswert und einen Anteil am Inventar eine Beteiligung von 30 %.
Der Kl. erklärte für das Streitjahr einen laufenden Gewinn aus der Einzelpraxis in Höhe von 190.372 DM. Der Veräußerungsvorgang war in die Gewinnermittlung nicht einbezogen worden.
Im ESt-Bescheid 1991 vom 14.10.1993 erhöhte das Finanzamt (FA) den erklärten laufenden Gewinn aus der Einzelpraxis um einen nicht tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn in Höhe von 350.252 DM:
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Kaufpreis für 30 % der Praxis |
360.000 DM |
./. |
anteilige Buchwerte |
9.748 DM |
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Veräußerungsgewinn |
350.252 DM |
Der Bescheid vom 14.10.1993 stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO.
Im weiteren Verlauf änderte das FA den ESt-Bescheid 1991 mehrfach aus anderen Gründen, zuletzt unter dem 12.4.1996. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Unter dem 8.8.1996 beantragten die Kl., die ESt-Festsetzung lt. Bescheid vom 12.4.1996 gem. § 164 Abs. 2 AO unter Berücksichtigung eines begünstigten Veräußerungsgewinns i.H.v. 350.252,00 DM zu ändern. Dies lehnte der Bekl. mit Bescheid vom 13.8.1996 ab.
Mit Schreiben vom 11.9.1996 erhoben die Kl. gegen die Ablehnung zur Änderung des ESt-Bescheides 1991 vom 12.4.1996 Sprungklage.
Zur Begründung tragen die Kl. vor, zwar sei zwischenzeitlich durch den BFH entschieden worden, daß ein durch die Veräußerung realisierter Gewinn nicht – wie zunächst vertreten – durch die Erstellung einer negativen Ergänzungsbilanz des Einbringenden neutralisiert werden könne. Die Rechtsprechung des BFH zur steuerbegünstigten Praxisveräußerung/-einbringung habe sich nunmehr jedoch entscheidend geändert, so daß im Streitfall die Steuerbegünstigung nach den §§ 18 Abs. 3, 34 Abs. 1 und 2 EStG für den Veräußerungsgewinn zu gewähren sei.
Dem stimmte der Bekl. mit Schreiben vom 8.10.1996 (Eingang beim FG 10.10.1996) zu.
Nach dem BFH-Urteil vom 14.9.1994 (I R 12/94, BFHE 176, 520, BStBl II 1995, 407) finde § 18 Abs. 3 EStG auch Anwendung, wenn ein Freiberufler einen Teil seines Mitunternehmeranteils an einer freiberuflichen Praxis veräußere. Die Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit in dem bisherigen Wirkungskreis sei nach diesem Urteil keine Voraussetzung für die Anwendung des § 18 Abs. 3 EStG mehr. In dem Urteilsfall hätten zwei Steuerberater am 1.1.1985 eine Sozietät gegründet, an der A zu 95 % und B zu 5 % beteiligt gewesen seien. Am 1.7.1987 sei der Anteil des B in der Weise erhöht worden, daß A mit 2/3 und B mit 1/3 an der Sozietät beteiligt gewesen sei. Im Urteil stelle der BFH zu den möglichen Fallgestaltungen der Aufnahme eines Partners in eine bestehende Personengesellschaft u.a. fest, die Übertragung müsse in allen denkbaren Fallgestaltungen steuerlich gleichbehandelt werden. Würden nun Beispiele gewählt, in denen der Anteil der ersten Übertragung zur Gründung der Mitunterhehmerschaft immer geringer werde, also gegen Null liefe und gleichzeitig der zeitliche Abstand zur zweiten Anteilsübertragung ebenfalls immer geringer werde und sich Null nähere, so bestehe zwischen der Anteilsübertragung in zwei Stufen und der einmaligen. Anteilsübertragung durch Aufnahme eines Partners in die bisherige Einzelpraxis so gut wie kein Unterschied mehr.
Nach der neuen BFH-Rechtsprechung zu den Teilanteilsveräußerungen bei freiberuflichen Sozietäten gebe der Ausschluß der Einbringung von Einzelpraxen in Sozietäten vom Veräußerungsprivileg keinen Sinn mehr. Die Fallgestaltungen in den Grenzbereichen seien in beiden Fällen wirtschaftlich nahezu identisch, so daß die unterschiedliche steuerliche Behandlung nicht mehr gerechtfertigt erscheine.
Die Kl. beantragen,
den ESt-Bescheid 1991 in der Fassung vom 12.4.1996 in der Weise abzuändern, daß der Veräußerungsgewinn aus der Einbringung der Einzelpraxis in die Gesellschaft bürgerlichen Recht...