Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Erfassung von Umsatzsteuererstattungen als außerordentliche Einkünfte und Anwendung der Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einer Umsatzsteuererstattung handelt es sich nicht um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit. Eine Vergütung setzt eine Leistung und eine Gegenleistung voraus, dies ist bei Steuern und Steuererstattungen gem. § 3 AO gerade nicht der Fall.
2. Im Fall von Geldspielautomatenumsätzen ist die zu jedem einzelnen Spielerumsatz durchgeführte Tätigkeit nicht mehrjährig. Das Entgelt, welches der Spieler für die Automatennutzung in den Spielautomaten einwirft, berechtigt jeweils zum Spiel über einen Zeitraum von einigen Minuten oder allenfalls Stunden und nicht über einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten.
Normenkette
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 4
Tatbestand
Streitig ist, ob für Umsatzsteuer(USt)-Erstattungen für die Jahre 1996 bis einschließlich 2002, welche auf Grund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EuGH) aus dem Jahr 2005 im Jahr 2005 zu aktivieren sind, die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG zu gewähren ist.
Die Klägerin (Klin.) ist eine Personengesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG). Sie hat ihren Geschäftsbetrieb zum 02.01.2003 begonnen, nachdem sie durch Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz aus der A GmbH mit Sitz in B (Amtsgericht B HRB) hervorgegangen ist. Die Klin. ist zudem
Gesamtrechtsnachfolgerin der Einzelunternehmen der Herren C und D A, welche ihre jeweiligen Einzelunternehmen mit Einbringungsverträgen vom 02. Jan. 2003 nach dem Umwandlungsgesetz gegen Gewährung von Gesellschafterrechten in die Klin. eingebracht haben. Die Klägerin betreibt Geldspielautomaten.
Der Beklagte (Bekl.) hat den Betrieb der Klin. und ihrer Gesamtrechtsvorgänger hinsichtlich der Geldspielautomaten bis zu einer Entscheidung des EuGH vom 17.02.2005 (RSt-453/02 und C-462/02) in Verbindung mit dem Urteil des BFH vom 12.05.2005 (BStBl 2005 II 617) als umsatzsteuerpflichtig behandelt. Mit Urteil vom 12.05.2005 hat der BFH im Anschluss an das EuGH-Urteil vom 17.02.2005 entschieden, dass sich ein Aufsteller von Geldspielautomaten in dem Sinne auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. F der Richtlinie 77/388/EWG berufen kann, dass § 4 Nr. 9 b UStG keine Anwendung findet. Die Klin. und ihre Rechtsvorgänger hatten gegen die USt-Festsetzungen der Jahre 1996 bis einschließlich 2002 jeweils Einspruch erhoben, so dass die Steuerfestsetzungen zum Zeitpunkt der genannten Gerichtsentscheidungen noch nicht bestandskräftig waren. Das Bundesministerium der Finanzen hat am 05.07.2006 ein Schreiben zu der Umsetzung der genannten Entscheidungen erlassen (IV B 2-S 2141-7/06), wonach die aus den Entscheidungen folgenden Umsatzsteuererstattungen erstmals in den Schlussbilanzen des ersten nach dem Datum der Gerichtsentscheidungen endenden Wirtschaftsjahres zu aktivieren seien. Für davor liegende Wirtschaftjahre dürfe die Forderung als bestrittene Forderung nicht aktiviert werden. Entsprechend dem BMFSchreiben vom 05.07.2006 (IV B 2-S 2141-7/06) aktivierte die Klin. im Jahr 2005 die auf Grund der Rechtsprechungsänderung zu erwartenden USt-Erstattungen für die Jahre 1996 bis 2002 in Höhe von insgesamt 512.015 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von insgesamt 183.408,42 EUR. Im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte des Jahres 2005 beantragte die Klin. für den Gesamtbetrag in Höhe von 695.423,42 EUR die Tarifermäßigung für außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG zu gewähren.
Mit Bescheid vom 10.07.2007 stellte der Bekl. den Gewinn aus Gewerbebetrieb der Klin. für 2005 auf insgesamt 949.266,72 EUR fest und gewährte antragsgemäß die Tarifermäßigung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG in Höhe von insgesamt 695.423,42 EUR.
In der Zeit vom 15.10.2007 bis zum 04.12.2007 fand sodann bei der Klin. eine Betriebsprüfung (Bp) statt, welche auch die USt und die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften der Jahre 2003 bis 2005 zum Gegenstand hatte. Im Rahmen der Bp vertrat der Bekl. die Auffassung, dass die beantragte Tarifbegünstigung mit Bescheid vom 10.07.2007 zu Unrecht gewährt worden sei. Im Bp-Bericht vom 11.02.2008 führt der Bekl. diesbezüglich aus, dass eine Tarifermäßigung nach § 34 EStG bei Steuerpflichtigen, welche ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln würden, nicht in Betracht käme. Im Übrigen sei in der Steuererstattung keine Vergütung für eine Tätigkeit zu sehen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bp-Bericht vom 11.02.2008 verwiesen.
Mit Bescheid vom 03.03.2008 änderte der Bekl. die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der Klin. für 2005 dahingehend, dass die Tarifer-mäßigung nicht mehr gewährt wurde. Gegen diesen Bescheid legte die Klin. mit Schreiben vom 04.04.2008 Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, dass sie die Steuererstattungen für mehrere Jahre auf Grund des BMF-Schreibens vom 05.07.2006...