Entscheidungsstichwort (Thema)
Überlassung von PKWs durch einen Bezirkshändler an selbständige Handelsvertreter als tauschähnlicher Umsatz in Bezug auf die Privatfahrten
Leitsatz (redaktionell)
Überlässt ein Bezirkshändler neben einer erhöhten Provision kostenlos PKWs an bestimmte Handelsvertreter, die bei ihren Abschlüssen eine Umsatzgrenze erreichen, ohne dass eine private Mitbenutzung der PKWs auszuschließen wäre, so liegt darin ein umsatzsteuerpflichtiger tauschähnlicher Umsatz. Ein nicht steuerbarer beistellungsähnlicher Vorgang ist nicht anzunehmen, weil die Handelsvertreter die PKW nicht ausschließlich für ihre gewerbliche Tätigkeit verwenden. Hierfür spricht insbesondere, wenn auch den Ehegatten vertraglich die Benutzung der PKW gestattet ist.
Normenkette
UStR Abschn. 27 Abs. 2-3; UStG § 3 Abs. 12 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist bei der Umsatzsteuer 1997 und 1998 nur noch die Fahrzeugüberlassung.
Die Klägerin (Klin.) ist Unternehmerin (Bezirkshändlerin). Bei einer USt-Sonderprüfung (Bericht vom 31.07.2002) stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin sog. Gruppenberaterinnen als selbständige Handelsvertreterinnen einsetzt. Diese Gruppenberaterinnen erhalten zusätzlich zu ihrer Provision eine Provision von 3 % des Umsatzes der von ihnen betreuten Beraterinnen. Außerdem wird ihnen ein von der Klin. geleaster Pkw mit Versicherungsschutz gestellt (Tz 9 Bericht). Er umfasst ein 24-Stunden-Unfallschutz-Programm für die Gruppenberaterin und ihren Ehemann. Auch die GEZ-Gebühr für das Autoradio wird von der Klin. bezahlt. Insgesamt sollen nach dem Sachvortrag der Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung ca. 300 Beraterinnen für die Klin. tätig sein. In 1997 hatte die Klin. 14 Fahrzeuge und in 1998 18 Fahrzeuge geleast. Als Fahrzeuge standen in den Streitjahren für die Gruppenberaterinnen zwei Fahrzeugtypen zur Verfügung, wobei das bessere Modell bei höheren Umsätzen etc. verfügbar war.
Opel Astra in weiß
Das war das Grundmodell.
Opel Astra in rot
Dieser Pkw verfügt abweichend vom Grundmodell zusätzlich über ein Schiebedach, ein Radio und einen 10 PS stärkeren Motor.
Seit September 2003 standen ein Opel Meriva als Grundmodell, als besseres Modell ein Opel Zafira (bei Jahresgruppenumsatz von 120.000 Euro und Beförderung einer Beraterin zur Gruppenberaterin) und als bestes Modell ein Mercedes Benz E-Klasse T-Modell (bei einem Jahresgruppenumsatz von 200.000 Euro und Beförderung von drei Beraterinnen zu Gruppenberaterinnen) zur Verfügung.
Der Prüfer ging davon aus, dass es sich bei der Pkw-Nutzung um tauschähnliche Umsätze gemäß § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG handele und die von der Klin. getragenen Kfz-Aufwendungen (Leasingraten) eine Zusatzprovision darstellen (Tz 14 USt-Bericht). Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ am 15.08.2004 entsprechend geänderte USt-Bescheide 1997 und 1998.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (EE vom 17.03.2004) trägt die Klin. mit der Klage vor, die Fahrzeugüberlassung sei kein tauschähnlicher Umsatz. Es fehle an einer Leistung gegen Entgelt. Die Pkw-Überlassung diene allein ihren betrieblichen Gründen. Der Pkw werde aus betrieblichen Gründen und zur Kostenersparnis zur Verfügung gestellt. Eine Gruppenberaterin habe einen erheblichen Mehraufwand an Fahrten wegen der Akquisitionen und Betreuung der Beraterinnen. Sie gewähre den Gruppenberaterinnen keinen Fahrtkostenersatz, sondern stelle ihnen Pkw unentgeltlich zur Verfügung. Sie trage nur die monatlichen Leasing-Raten, in denen die Versicherungsprämie enthalten sei. Dadurch unterscheide sich der Streitfall von der üblichen „Überlassung von Kfz”. Die verbrauchsabhängigen laufenden Kosten würden von den Gruppenberaterinnen getragen. Aus ihren Berechnungen folge, dass keine Privatfahrten erfolgt seien, obwohl keine Fahrtenbücher vorliegen würden. Sie habe das Führen von Fahrtenbüchern durch die Gruppenberaterinnen angestrebt, dies werde jedoch von den Gruppenberaterinnen nicht umgesetzt. Wegen der relativ hohen Zahl von Gruppenberaterinnen sei eine Überprüfung der Einhaltung des Verbots der privaten Nutzung nur stichprobenartig möglich (vgl. Schriftsatz der Klin. vom 26.08.2003). Im Übrigen dürfe der private Anteil höchstens auf 5 % geschätzt werden. Rechtlich handele es sich um einen sog. beistellungsähnlichen Vorgang, der nicht am Leistungsaustausch teilnehme und umsatzsteuerlich unbeachtlich sei.
Die geänderten USt-Bescheide vom 23.11.2005 sind gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden.
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuer-Bescheid 1997 und den Umsatzsteuer-Bescheid 1998, jeweils vom 23.11.2005 dahin zu ändern, dass im Jahre 1997 die Umsatzsteuer um 6.001,11 DM (3.067,81 Euro) und im Jahre 1998 um 6.973,92 DM (3.565,71 Euro) gemindert wird.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es meint, dass die Überlassung der Pkw ein tauschähnlicher Umsatz sei. Die Pkw würden nicht ausschließlich beruflich genutzt. Entsprechende F...