Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme von Berufshaftpflichtversicherungsbeiträgen angestellter Anwälte durch den Arbeitgeber ist steuerbarer und steuerpflichtiger Arbeitslohn
Leitsatz (redaktionell)
Die Übernahme der Mindestversicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber ist Arbeitslohn, da diese im überwiegenden Interesse der Arbeitnehmer erfolgt, die ohne Versicherungsschutz nicht als Rechtsanwalt tätig werden könnten.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 1, § 19 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung von angestellten Rechtsanwälten durch den Arbeitgeber auch insoweit steuerbarer und steuerpflichtiger Arbeitslohn ist, als sie über den Mindestbeitrag hinausgeht, wenn das Anstellungsverhältnis im Briefkopf der Kanzlei durch den Zusatz "angestellt" deutlich gemacht wird.
Der Kläger ist Rechtsanwalt. Er beschäftigt in seiner Kanzlei zwei angestellte Anwälte. Im Briefkopf der Kanzlei werden die beiden mit der Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt (angestellt)" geführt.
Auf seine Anfrage vom 20.04.2010 hin erteilte ihm das Betriebsstättenfinanzamt am 05.05.2010 die Auskunft (§ 42e Einkommensteuergesetz -EStG-), dass die Übernahme der Berufshaftpflichtversicherungsbeiträge der angestellten Rechtsanwälte durch den Arbeitgeber steuerbarer und steuerpflichtiger Arbeitslohn i.S.d. § 8 Abs. 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 EStG sei, da es sich um Werbungskostenersatz handle, der nicht steuerbefreit sei. Ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers sei nicht anzunehmen, da der Arbeitnehmer gemäß § 51 Bundesrechtsanwaltsordnung -BRAO- zum Abschluss dieser Versicherung gesetzlich verpflichtet sei.
Der Einspruch des Klägers wurde mit Einspruchsentscheidung vom 10.09.2010 als unbegründet zurückgewiesen.
Im Klageverfahren begehrt der Kläger die Feststellung, dass die vom Arbeitgeber übernommenen Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung der angestellten Rechtsanwälte insofern nicht steuerbarer und steuerpflichtiger Arbeitslohn sind, als sie den Mindestbeitrag überschreiten.
Zur Begründung führt er an, durch den auf das Anstellungsverhältnis verweisenden Zusatz im Briefkopf werde eine mögliche Außenhaftung der angestellten Rechtsanwälte als "Scheinsozien" - anders als im Fall des BFH-Urteils vom 26.07.2007 VI R 64/06 (vorgehend FG Nürnberg Urteil vom 04.05.2006 VI 200/2005) - ausgeschlossen. Die angestellten Anwälte hätten nach den arbeitsrechtlichen Grundsätzen "gefahrgeneigter Tätigkeit" nur solche Schäden zu tragen (bzw. für solche Schäden den Regressanspruch des zuvor vom Geschädigten in Anspruch genommenen Arbeitgebers zu erfüllen), die sie vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hätten. Bei mittlerer Fahrlässigkeit hätten sie einen Teil des Schadens zu tragen; bei leichter Fahrlässigkeit müsse der Arbeitgeber alleine für den Schaden aufkommen. Da sich der geschädigte Mandant immer zunächst an den Arbeitgeber halten könne, laufe dieser Gefahr, bei Schäden, die die Deckung aufgrund der Mindestversicherungssumme übersteigen, "sitzen zu bleiben", wenn er die angestellten Anwälte nicht entsprechend höher versichere. Die "Höherversicherung" der angestellten Anwälte liege deshalb ganz überwiegend in seinem eigenbetrieblichen Interesse. Der angestellte Anwalt sei bereits durch die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs geschützt.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Bescheid vom 05.05.2010 und die Einspruchsentscheidung vom 10.09.2010 aufzuheben.
Der Kläger beantragt weiter sinngemäß, festzustellen, dass die von ihm übernommenen Beiträge für die Berufshaftpflichtversicherung der bei ihm angestellten Rechtsanwälte nicht steuerbaren und steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen, soweit sie pro Anwalt den Betrag von 957,95 € brutto jährlich übersteigen.
Das Finanzamt beantragt unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung, die Klage abzuweisen.
Aus den Akten ergibt sich noch, dass auf dem vom Kläger in seiner Kanzlei verwendeten Vollmachtsformular im Briefkopf unter "X RECHTSANWÄLTE" alle drei Anwälte ohne Angestelltenzusatz aufgeführt sind. Die Vollmacht wird der Kanzlei erteilt. Die Klageschrift ist in der "Wir-Form" verfasst ("... zeigen wir an, dass wir... vertreten... unserer Legitimation... erheben wir Klage...").
Der Kläger hat eine Kopie seines Haftpflichtvertrages vorgelegt, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Nach Auskunft der Versicherung ist es dort üblich, Sozien jeweils über eigene Verträge mit jeweils gleichen Versicherungssummen zu versichern, "nur" angestellte Anwälte über den Kanzleiinhaber. Sozien sind nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Versicherungsvertrages Berufsangehörige (Rechtsanwälte), die ihren Beruf nach außen hin gemeinschaftlich ausüben, ohne Rücksicht auf die vertragliche Regelung im Innenverhältnis. Die Beschäftigung eines zuschlagspflichtigen Mitarbeiters, der nicht Sozius i.S.d. § 1 Abs. 2 ist, gilt nach § 13 Abs. 1 des Versicherungsvertrages als Erweit...