Entscheidungsstichwort (Thema)
DBA Belgien: Zuweisung des Besteuerungsrechtes für den Gewinn aus der Teilauflösung einer von einer im Ausland belegenen Betriebsstätte gebildeten Rückstellung
Leitsatz (amtlich)
1. Das Besteuerungsrecht für den Ertrag aus der Teilauflösung einer Rückstellung, die während der Zeit des Bestehens einer ausländischen Betriebsstätte (hier: in Belgien) für deren Tätigkeiten gebildet worden war, steht gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 1 2. Hs., Satz 2, Abs. 2 des DBA-Belgien dem Königreich Belgien zu.
2. Die Zuordnung von Einkünften zu einer ausländischen Betriebsstätte erfolgt anhand des Veranlassungsprinzips unter Anwendung wirtschaftlich-funktionaler Grundsätze, sodass es für die Zuweisung von der Betriebsstätte zugehörenden Einkünften zu dem anderen Vertragsstaat (Betriebsstättenstaat) nicht erforderlich ist, dass die Betriebsstätte im Zeitpunkt der Realisierung der Einkünfte noch besteht.
Normenkette
DBA-Belgien Art. 7 Abs. 1 S. 1 2. Hs., S. 2, Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Gewinn aus der Auflösung einer Rückstellung der Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland unterliegt.
Die Klägerin ist die mit Gesellschaftsvertrag vom 16.11.1995 gegründete B Holding GmbH & Co. KG (Bl. 1 ff. Vertragsakten). Im Streitjahr 2009 war Komplementärin der Gesellschaft die B Holding-Verwaltungs-GmbH; Kommanditist war Herr K. B. Die Gewinnermittlung erfolgte nach § 5 i.V.m. § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Die Klägerin war Alleingesellschafterin der B Internationale ...gesellschaft mbH (im Folgenden: B Internationale) mit einem Stammkapital von 60.000,- € und der B-GmbH, deren Stammkapital 1.100.000,- € betrug (Bl. 40 ff. Vertragsakten). Im Streitjahr bestand zwischen der Klägerin (als Organträgerin) und den beiden Tochtergesellschaften (als Organgesellschaften) eine ertragsteuerliche Organschaft auf der Basis von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen (Bl. 56 ff., 62 ff. Vertragsakten).
Im Rahmen einer vom 07.12.2011 bis 07.05.2012 bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung betreffend die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften sowie die Gewerbe- und Umsatzsteuer für die Jahre 2006 bis 2009 stellte der Prüfer u.a. fest, dass die B Internationale eine Betriebsstätte in Belgien unterhalten hatte, die – seiner Beurteilung nach – im Jahr 2000 aufgelöst worden sei. Zu diesem Zeitpunkt bestanden noch Rückstellungen, die auf die Tätigkeit der Betriebsstätte zurückzuführen waren. Im Jahr 2009 wurde eine Rückstellung in Höhe von 75.068,- € teilweise aufgelöst (vgl. Bl. 22 Ziffer 1.4, Bl. 27 Einspruchsakte). Der Prüfer vertrat die Auffassung, die feste Geschäftseinrichtung, die zuvor sowohl nach § 12 der Abgabenordnung (AO) als auch nach Art. 5 DBA-Belgien Grundlage für die Zuweisung des Besteuerungsrechts zum Betriebsstättenstaat Belgien gewesen sei, habe seit dem Jahr 2000 nicht mehr bestanden. Nach der Betriebsstättenauflösung seien die Aktiva und Passiva dem Stammhaus zuzuordnen, sodass ergebniswirksame Änderungen in den Folgejahren nur noch dem Stammhaus zugerechnet werden könnten. Der Prüfer gelangte zu dem Ergebnis, mangels einer im Zeitpunkt der Teilauflösung der Rückstellung im Jahr 2009 in Belgien bestehenden Betriebsstätte sei der insoweit entstandene Ertrag der B Internationale in Deutschland zuzurechnen und damit der deutschen Besteuerung zu unterwerfen.
Die Klägerin vertrat die Ansicht (Schreiben vom 30.05.2012 und vom 20.07.2012), der Ertrag aus der Teilauflösung der während der Zeit des Bestehens der ausländischen Betriebsstätte gebildeten Rückstellung sei der ehemaligen Betriebsstätte zuzurechnen und damit in Belgien zu versteuern. Zur Begründung verwies sie darauf, dass es sich dabei um sog. nachträgliche Betriebsstätteneinkünfte handele, für deren Zuordnung auf das sog. Veranlassungsprinzip abzustellen sei (Bl. 1 ff., 8 ff. Einspruchsakte).
Der Beklagte folgte der Auffassung des Prüfers und unterwarf mit Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2009 vom 07.12.2012 den Ertrag aus der Teilauflösung der Rückstellung der deutschen Besteuerung (Bl. 31 ff. Feststellungsakten). Laut von der Klägerin eingereichten Unterlagen war der Betrag tatsächlich auch in Belgien versteuert worden (Bl. 58-76 Einspruchsakte).
Der dagegen am 20.12.2012 eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 27.05.2013 als unbegründet zurück gewiesen (Bl. 13 ff., 94 f. Einspruchsakte). Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, das Veranlassungsprinzip sei ungeeignet ein Besteuerungsrecht zuzuweisen, jedenfalls werde es insofern nach den abkommensrechtlichen Regelungen durch das Betriebsstättenprinzip überlagert. Die Regelung des Art. 7 Abs. 1 DBA-Belgien ebenso wie der Betriebsstättenbegriff des Art. 5 Abs. 1 DBA-Belgien seien gegenwartsbezogen formuliert. Dies habe zur Folge, dass eine Zurechnung von Einkünften...