Rz. 1
§ 1a EStG steht im Zusammenhang mit der Regelung der unbeschränkten Steuerpflicht in § 1 EStG und ergänzt sie. Die Regelung der unbeschränkten Steuerpflicht geht grundsätzlich davon aus, dass der Stpfl. sowie seine unmittelbaren Familienangehörigen im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Steuerentlastende Regelungen sind daher in erheblichem Umfang an diese Konstellation geknüpft, also an die unbeschränkte Steuerpflicht auch des Ehegatten des Stpfl. und seiner Kinder. Befinden sich die Familienangehörigen des Stpfl. im Ausland, werden diese Vergünstigungen entweder nicht gewährt, oder sie werden eingeschränkt. Zu beachten ist, dass mit dem G. v. 15.7.2013 eingetragene Lebenspartner die gleichen steuerlichen Vorteile erhalten haben, die für Ehegatten vorgesehen sind. In § 2 Abs. 8 EStG ist geregelt, dass die Regelung zu Ehegatten und Ehen auch für eingetragene Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden sind. Diese Änderung des EStG geht auf eine Entscheidung des BVerfG zurück, die die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehen für verfassungswidrig erklärt hat. Mit dem G. v. 20.7.2017 zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts wurde die Ehe für alle eingeführt. Nach dem geänderten § 1353 Abs. 1 S. 1 BGB wird die Ehe von 2 Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen. Die Eheschließung für alle wird seit dem 1.10.2017 zugelassen. Bestehende eingetragene Lebenspartnerschaften werden nicht ohne Weiteres in Ehen umgewandelt. Sie benötigen eine Erklärung nach § 20a LPartG vor dem Standesamt. Die Lebenspartner gelten mit dem Tag als verheiratet, an dem die Lebenspartnerschaft eingetragen wurde. Neue Lebenspartnerschaften können seit dem 1.10.2017 nicht mehr begründet werden. Bereits geschlossene Lebenspartnerschaften bleiben aber bestehen.
Die folgenden Ausführungen gelten, wenn von Ehegatten die Rede ist, auch für eingetragene Lebenspartnerschaften.
Rz. 2
Im Zusammenhang mit der sog. Grenzpendlerbesteuerung hat der EuGH Grundsätze zur Besteuerung natürlicher Personen in der EU aufgestellt. Obwohl es zunächst um eine Benachteiligung bei der beschr. Steuerpflicht ging, konnte aus der Rspr. des EuGH abgeleitet werden, dass auch Benachteiligungen von nicht im Inland ansässigen Personen im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht mit dem EGV kaum vereinbar sein würden. Entsprechend hat es die EU-Kommission beanstandet, dass familien- und ehebezogene Vergünstigungen im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht von dem inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Ehegatten bzw. Familienangehörigen abhängig gemacht wurden. Aus diesem Grund wurde nicht nur das Problem der Grenzpendler in § 1 Abs. 3 EStG gelöst (§ 1 EStG Rz. 39), sondern durch Einführung des § 1a EStG wurden gleichzeitig Benachteiligungen, die sich bei der unbeschränkten Steuerpflicht daraus ergeben, dass Familienangehörige des unbeschränkt Stpfl. im Inland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt haben, beseitigt. Er fingiert den, in diesen Fällen fehlenden Inlandsbezug für Ehepartner/Kinder mit Ansässigkeit in der EU/EWR oder der Schweiz.
Rz. 3
§ 1a Abs. 1 EStG setzt die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG des EU- oder EWR-Staatsangehörigen oder nach § 1 Abs. 3 EStG (Behandlung auf Antrag als unbeschränkt stpfl.) voraus und bestimmt die Gewährung von familienbezogenen Begünstigungen des Stpfl. für den Fall, dass seine nicht unbeschränkt stpfl. Familienangehörigen (Ehepartner, Kinder) ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU- oder EWR-Staat oder der Schweiz haben. Gerechtfertigt ist diese Erweiterung mit Blick auf die in der EU und in den EWR-Staaten geltenden Grundfreiheiten, insbesondere das Recht auf Freizügigkeit. Damit gilt m. E. auch, dass § 1a Abs. 1 EStG nicht für Staatsangehörige von EU-assoziierten Staaten wirkt.
§ 1a Abs. 2 EStG gewährt das Ehegattensplitting (§ 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG) Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die keinen diplomatischen oder konsularischen Status haben und aus diesem oder anderen Gründen nicht nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt stpfl. sind.
Im Gegensatz zu Äußerungen in der Literatur regelt § 1a EStG nicht die unbeschränkte Steuerpflicht, sondern setzt die sich nach § 1 EStG ergebende unbeschränkte Steuerpflicht voraus.§ 1a EStG regelt lediglich den Wegfall von Einschränkungen von begünstigenden Vorschriften, die im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht bestehen. Er fingiert lediglich den in den beschriebenen Fällen fehlenden, aber gesetzlich vorgeschriebenen Bezug zum Inland bei EU/EWR-Ansässigkeit oder bei Bezug zur Schweiz.