Joachim Moritz, Dr. Joachim Strohm
Rz. 360
Nach § 20 Abs. 6 S. 1 EStG a. F. waren verbleibende positive Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG nach der Verrechnung i. S. d. § 43a Abs. 3 EStG zunächst mit Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 3 S. 9 und 10 EStG a. F. zu verrechnen. Außerdem waren verbleibende positive Einkünfte i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG nach der Verrechnung i. S. d. § 43a Abs. 3 EStG zunächst mit Verlusten aus sonstigen Leistungen nach § 22 Nr. 3 S. 5 und 6 EStG a. F. zum Ausgleich zu bringen. Die Möglichkeit der Verrechnung von Altverlusten nach § 23 Abs. 3 S. 9 und 10 EStG a. F. und § 22 Nr. 3 S. 5 und 6 EStG a. F. bestand nach § 52a Abs. 10a und Abs. 11 S. 11 EStG a. F. bis zum Vz 2013. Aus diesem Grund wurde § 20 Abs. 6 S. 1 EStG a. F. im Rahmen des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (KroatienAnpG) v. 25.7.2014 gestrichen. Auch § 22 Nr. 3 S. 5 und 6 und § 23 Abs. 3 S. 9 und 10 EStG a. F. wurden in diesem Zusammenhang aufgehoben. Die fünfjährige Übergangsfrist ist verfassungsgemäß, Für Altfälle bleiben die Vorschriften aber weiter von Bedeutung.
8.1.2.1 Altverluste aus privaten Veräußerungsgeschäften
Rz. 361
§ 20 Abs. 6 S. 1 EStG a. F. bestimmte, dass verbleibende positive Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG nach der Verrechnung i. S. d. § 43a Abs. 3 EStG zunächst mit Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 3 S. 9 und 10 EStG a. F. zu verrechnen waren. Nach § 23 Abs. 3 S. 9 EStG a. F. konnten Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften, auf die § 23 EStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung anzuwenden war, abweichend von § 23 Abs. 3 S. 7 EStG auch mit Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG ausgeglichen werden. § 23 Abs. 3 S. 10 EStG a. F. sah vor, dass diese Verluste abweichend von § 23 Abs. 3 S. 8 EStG nach Maßgabe des § 10d EStG auch die Einkünfte minderten, die der Stpfl. in den folgenden Vz aus § 20 Abs. 2 EStG erzielte. Nach § 52a Abs. 11 S. 11 EStG a. F. war § 23 Abs. 3 S. 9 u. 10 EStG a. F. letztmals für den Vz 2013 anzuwenden.
Rz. 362
§ 23 Abs. 10 S. 8 und 9 EStG a. F. sollte es dem Stpfl. ermöglichen, bis zum Vz 2008 nicht ausgeglichene Altverluste aus der Veräußerung von Wertpapieren i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG a. F. für einen Übergangszeitraum von 5 Jahren mit Neugewinnen aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG zu verrechnen. Da Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren seit der Einführung der Abgeltungsteuer unter § 20 Abs. 2 EStG fallen, sollte auf diese Weise verhindert werden, dass entsprechende Verluste dauerhaft verlorengehen. Aus diesem Grund gestattete der Gesetzgeber bis zum Vz 2013 eine Verrechnung entsprechender Altverluste mit Neugewinnen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG. Das bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 EStG nach § 23 Abs. 3 S. 7 und 8 EStG geltende Verbot des vertikalen Verlustausgleichs fand insofern keine Anwendung. Der Anwendungsbereich von § 23 Abs. 10 S. 8 und 9 EStG a. F. war indes nicht auf Altverluste aus der Veräußerung von Wertpapieren gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG a. F. begrenzt. Vielmehr waren ausgehend von dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift sämtliche Altverluste aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 EStG erfasst, also auch solche aus der Veräußerung von Grundstücken i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG und sonstigen Wirtschaftsgütern i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Unsicherheiten ergaben sich lediglich in zeitlicher Hinsicht. § 23 Abs. 3 S. 9 EStG a. F. bezog sich in seiner ursprünglichen Fassung auf Verluste "im Sinn des § 23 EStG in der bis zum 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung". Damit waren entgegen der gesetzgeberischen Intention auch Verluste i. S. d. § 23 EStG erfasst, die nach dem 31.12.2008 anfielen. Hiergegen gerichtete teleologische Überlegungen griffen aufgrund des klaren Wortlauts der Vorschrift nicht. Erst mit dem JStG 2010 v. 8.12.2010 hat der Gesetzgeber § 23 Abs. 3 S. 9 EStG a. F. geändert. Seither galt die Vorschrift für Verluste, "auf die § 23 in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung anzuwenden ist". Verluste aus der Veräußerung von Grundstücken i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG und sonstigen Wirtschaftsgütern i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, die nach dem 31.12.2008 anfielen, gehörten seither nicht mehr zu den Altverlusten i. S. d. § 23 Abs. 3 S. 8 und 9 EStG a. F. Nach Ansicht des Gesetzgebers sollte es sich hierbei lediglich um eine Klarstellung handeln, die nach § 52a Abs. 1 S. 11 EStG a. F. rückwirkend ab dem Vz 2009 anzuwenden war. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts der ursprünglichen Fassung von § 23 Abs. 3 S....