Dr. Dino Höppner, Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 485
Die wirtschaftliche Belastung kann bei einer Verbindlichkeit fehlen, wenn der Verpflichtete auf einen in der Zukunft möglicherweise anfallenden (Teil seines) Reingewinn(s) verzichtet. Eine solche Verbindlichkeit kann einer aufschiebend bedingten Verbindlichkeit nahe kommen, wenn der tatsächliche Anfall eines Reingewinns in der Zukunft als aufschiebende Bedingung anzusehen ist (z. B. Besserungsscheine im Rahmen einer Sanierung). Verpflichtet sich ein Stpfl. aber, eine bestimmte Gewinnchance, z. B. aus einem Immobiliengeschäft, dem Berechtigten dadurch zu überlassen, dass er den Ankauf des fraglichen Grundstücks unterlässt, so liegt darin zwar eine unbedingte Verbindlichkeit. Sie belastet aber sein derzeitiges Vermögen nicht, weil sie nur darin besteht, einen in der Zukunft vielleicht möglichen Gewinn nicht zu erzielen. Aus dem gleichen Grund ist auch eine Verpflichtung aus einem Ergebnisabführungsvertrag (Gewinnabführungsvertrag) i. S. v. §§ 291ff. AktG erst zu passivieren, wenn der abzuführende Gewinn entstanden ist.
Rz. 486
Gewinnabhängige Verbindlichkeiten sind Schulden, deren (Rück-)Zahlung von der Bedingung abhängig ist, dass in dem Unternehmen künftig ein bestimmter Ertrag (Einnahme oder Gewinn) entsteht. Sie belasten das gegenwärtige Vermögen des Schuldners noch nicht. Sie sind aufschiebend bedingt, wenn die Rückzahlungsverpflichtung nur bei Eintritt der Bedingung entsteht, und deshalb handels- wie steuerrechtlich nicht zu bilanzieren.
Diese Rspr. ist durch Gesetz v. 22.12.1999 in § 5 Abs. 2a EStG übernommen worden. Danach dürfen Verbindlichkeiten, trotz rechtlichen Bestehens, nicht passiviert werden, soweit sie nur zu erfüllen sind, wenn künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen. Diese Verbindlichkeiten sind wirtschaftlich nicht durch die abgelaufene Periode, sondern durch die künftigen Einnahmen oder Gewinne verursacht. Sie belasten das (gegenwärtige) Vermögen nicht, sondern nur die künftigen Vermögensmehrungen. Eine solche Verbindlichkeit kann erst passiviert werden, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Ein solcher Fall liegt auch vor, wenn ein Erlass für den Fall vereinbart wird, wenn und solange die Ertragslage eine Bedienung der Darlehensforderung nicht ermöglicht; der Sache nach handelt es sich bei einer solchen Formulierung um einen Erlass gegen Besserungsabrede.
Ist die Verbindlichkeit (nur) aus dem Liquidationsvermögen zu tilgen, greift das Passivierungsverbot ebenfalls ein. Das Liquidationsvermögen ist zwar gegenwärtiges Vermögen, sodass die Verbindlichkeit daher auch das gegenwärtige Vermögen belastet. Entscheidend ist aber, dass die Bilanzierung von der Fortführungshypothese ausgeht und daher eine bis zur Liquidation aufgeschobene Verbindlichkeit nicht als gegenwärtige Belastung des fortgeführten Unternehmens angesehen werden kann.
Das Passivierungsverbot gilt damit immer dann, wenn die Rückzahlung der Verbindlichkeit von dem zukünftigen Erfolg abhängt. Dieser Erfolg kann Gewinn, aber auch Umsatz (Einnahmen) sein; auch umsatzabhängige Verbindlichkeiten fallen damit unter das Passivierungsverbot (z. B. umsatzabhängige "Earn-out-Zahlung"beim Unternehmenskauf). Die Entscheidung des BFH mit der Unterscheidung zwischen gewinnabhängigen Zahlungsverpflichtungen (Passivierungsverbot) und erlösabhängigen Verpflichtungen (kein Passivierungsverbot) ist seit Inkrafttreten des § 5 Abs. 2a EStG überholt.
Folge des Passivierungsverbots für eine Verbindlichkeit bei einem nur aus künftigen Einnahmen zu tilgenden Darlehen ist, dass der Zufluss der Darlehenssumme zu einem steuerpflichtigen Gewinn führt. Ist das Darlehen zu passivieren bzw. zu tilgen, weil die (künftigen) Einnahmen zugeflossen sind, führt die Passivierung bzw. Tilgung der Verbindlichkeit zu einem entsprechenden Verlust.
Das Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG gilt auch, wenn ein Wirtschaftsgut gegen eine gewinn- oder erlösabhängige Verpflichtung erworben wird (z. B. Übernahme eines Betriebs, wobei sich die Gegenleistung nach den künftigen Gewinnen richtet).
Die Gegenbuchung für die Übernahme der Darlehensvaluta bzw. des Wirtschaftsguts ist auf dem Kapitalkonto vorzunehmen.
Entsprechendes gilt für Rückstellungen. Ist die Rückzahlungsverpflichtung unbedingt und lediglich die Rückzahlungsmodalität (Fälligkeit, Ratenzahlung) von der Bedingung eines künftigen Ertrags abhängig, so ist Passivierungspflicht gegeben; dem steht auch § 5 Abs. 2a EStG nicht entgegen.
Wenn ein Filmförderdarlehen jedoch ausschließlich aus zukünftigen Verwertungserlösen zurückgezahlt werden muss, beziehen sich die Rückzahlungsverpflichtungen nur auf zukünftiges Vermögen. In diesem Fall greift die Anwendung von § 5 Abs. 2a EStG. Diese Vorschrift gilt auch für die spätere Bestimmung der Höhe des Darlehensansatzes, sobald Erlöse erzielt werden, die zur Tilgung verwendet werden müssen.
Rz. 486a
§ 5 Abs. 2a EStG ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.1998 beginnen, also für das Wirtschaftsjahr 1999 bzw. das abwei...