rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass von Nachzahlungszinsen bei Berichtigung des Vorsteueranspruchs
Leitsatz (redaktionell)
- Voraussetzung für eine Vollverzinsung nach § 233a AO ist, dass Steuerzahlungen festgesetzt werden, die materiell begründet sind.
- Die Erhebung von Nachzahlungszinsen ist bei fehlenden Liquidationsvorteilen des Steuerpflichtigen und fehlendem Liquiditätsnachteil des Fiskus unbillig, sodass eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, die das Finanzamt zum Erlass festgesetzter Nachzahlungszinsen verpflichtet.
- Stellt sich im Nachhinein heraus, dass ein Umsatzsteueranspruch aus einem Grundstücksverkauf wegen einer steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht besteht und berichtigt der Veräußerer die Rechnung, indem er den Kaufpreis ohne Vorsteuer ausweist, wenn festgesetzte Nachzahlungszinsen zu erlassen.
Normenkette
AO §§ 227, 233a; FGO § 102
Streitjahr(e)
1999
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt – FA –) den Antrag des Klägers auf Erlass von Zinsen zur Umsatzsteuer 1999 in Höhe von 25.428 EUR zu Recht abgelehnt hat.
Mit notariellem Vertrag vom 28.12.1999 erwarb der Kläger von A (Verkäufer) ein bebautes Industriegrundstück in B. Neben dem Nettoverkaufspreis von 4.700.000 DM stellte der Verkäufer 765.160 DM Umsatzsteuer in Rechnung. Nach § 2 des Kaufvertrages tritt der Käufer die Vorsteuer an das für den Verkäufer zuständige FA zur Tilgung der Steuerverbindlichkeiten des Verkäufers ab, der der Abtretung zustimmt und diese als Tilgung des Teilkaufpreises in Höhe von 765.160 DM annimmt.
Die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer machte der Kläger im Rahmen seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung 12/1999 als Vorsteuer geltend und trat sie mit der Abtretungsanzeige vom 06.01.2000 vereinbarungsgemäß zwecks Verrechnung mit der Steuerschuld des Verkäufers beim FA ab. Das FA stimmte der Voranmeldung sowie nach Einreichung der Jahressteuererklärung 1999 auch dieser zu und überwies das Guthaben aufgrund der Abtretungsanzeige vom 06.01.2000 am 28.02.2000 mit Wertstellung vom 10.01.2000 zugunsten des Verkäufers an das FA.
Im Rahmen einer vom 05. bis 18.04.2002 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurde festgestellt, dass es sich bei der Grundstücksveräußerung um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen handelte. Das FA versagte dem Kläger hierauf durch geänderten Umsatzsteuerbescheid 1999 vom 10.05. 2002 den Vorsteuerabzug und setzte mit Bescheid vom gleichen Tage die streitgegenständlichen Nachzahlungszinsen fest. Der entsprechende Bescheid ist mangels Anfechtung bestandskräftig geworden.
Mit Schreiben vom 13. Mai 2002 berichtigte der Veräußerer die Rechnung, indem er den Kaufpreis in Höhe von 2.403.071,84 EUR (4.700.000,-- DM) nunmehr ohne Umsatzsteuer in Rechnung stellte. Den Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch aus der Voranmeldung für Mai 2002 trat er an den Kläger zur Tilgung von dessen Steuerschuld ab. Das Finanzamt Frankfurt überwies daraufhin am 03.06.2002 den Erstattungsbetrag mit Wertstellung vom 10.01.2000 (ursprünglicher Wertstellungstag der Abtretung an das FA) an den Beklagten.
Mit Schreiben vom 16.05.2002 beantragte der Kläger den Erlass der Zinsen, da - wirtschaftlich gesehen – der Finanzverwaltung durch die irrtümlich in Rechnung gestellte Umsatzsteuer kein Nachteil entstanden sei. Das FA lehnte am 04.07.2002 den begehrten Erlass ab, worauf der Kläger Einspruch einlegte und zur Begründung anführte, die Ablehnung des Erlasses sei ermessensfehlerhaft. Nach Tz 70.2.5. des AO-Anwendungserlasses kämen Billigkeitsmaßnahmen bei Umsatzsteuernachzahlungen in Betracht, wenn und soweit der Steuerschuldner keine Zinsvorteile hatte oder haben konnte. Dies sei der Fall, weil das FA die ihm überwiesene Vorsteuer dem Beklagten am 03.06.2002 - mit Wertstellung zum 10.01.2000 (ursprünglicher Wertstellungstag der Abtretung an das FA) - zurücküberwiesen habe. Nach dem BFH-Urteil vom 11.07.1996 V R 18/95 (Bundessteuerblatt - BStBl - II 1997, 259) führe eine Steuerfestsetzung nicht zu einer Steuernachforderung im Sinne des § 233a Abgabenordnung -AO-, wenn der sich aus der Festsetzung ergebende Steueranspruch des FA durch Aufrechnung oder Verrechnung getilgt werde und die Aufrechnung auf den Zeitpunkt dieser Steuerfestsetzung zurückwirke. Ergänzend wies der Kläger darauf hin, dass § 233a AO einen tatsächlich entstandenen Steueranspruch voraussetze, ein solcher aber im Streitfall wegen der Geschäftsveräußerung im Ganzen nie vorgelegen habe. Durch die Einspruchsentscheidung vom 07.02.2003 hat das FA den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Mit seiner Klage vom 07.03.2003 verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er ist der Ansicht, dass das FA den Erlassantrag ermessensfehlerhaft abgelehnt und er darüber hinaus wegen Ermessensreduzierung einen Anspruch auf Erlass der Zinsen habe.
a) Voraussetzung der Vollverzinsung nach § 233a AO sei, dass Steuerza...