Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermögensverfall bei Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
Leitsatz (redaktionell)
- Es besteht die widerlegbare Vermutung, dass ein Steuerberater nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in Vermögensverfall geraten ist.
- Die Vorlage einer Vermögensaufstellung, die einen Überschuss des Aktivvermögens über die Schulden ausweist, ist zumindest dann nicht geeignet geordnete wirtschaftliche Verhältnisse darzulegen, wenn die Werthaltigkeit des Aktivvermögens nicht nachgewiesen ist.
- Das pflichtwidrige Verhalten in eigenen Steuerangelegenheiten begründet die Gefahr, dass der Steuerberater auch in den Steuerangelegenheiten seiner Mandanten die Steuererklärungen nicht fristgerecht erstellt und diesen so Vermögensschäden zufügen könnte.
Normenkette
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG). Im einzelnen liegt dem Streitfall folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger ist Steuerberater und betreibt seine Praxis in B. Er war bis zum Jahre 2001 auch als Rechtsbeistand zugelassen. Mit bestandskräftiger Verfügung vom 6.7.2001 hat der Präsident des Landgerichtes G die Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten widerrufen, um einer Gefährdung der Mandaten entgegenzuwirken. Von einer solchen Gefährdung müsse aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Rechtsbeistands (Verbindlichkeiten in Millionenhöhe, mehr als ein Dutzend Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, mehr als 50 fruchtlose Vollstreckungsversuche des Gerichtsvollziehers, 4 Zwangsversteigerungsverfahren) ausgegangen werden.
Was die Bestellung zum Steuerberater anbelangt, so zahlte der Kläger seit 1998 wiederholt die Prämie für die Haftpflichtversicherung nicht fristgerecht, so dass Unterbrechungen des Versicherungsschutzes (zuletzt Mitte des Jahres 2000) eintraten. Ein vom Hessischen Ministerium der Finanzen eingeleitetes Verfahren zwecks Widerruf der Bestellung zum Steuerberater wurde am 6.11.2000 eingestellt. Am 23.11.2000 gab der Kläger die eidesstattliche Versicherung gemäß § 807 Zivilprozessordnung (ZPO) ab und wurde in das nach § 915 ZPO geführte Schuldnerverzeichnis eingetragen. Im Rahmen des im Anschluss daran eingeleiteten Verfahrens der Steuerberaterkammer zur Überprüfung eines Widerrufs der Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls teilte der Kläger unter dem 25.7.2001 der Kammer mit, wegen Unterschlagungen seines früheren Partners, Steuerberater B, sei es zu Zahlungsschwierigkeiten gekommen. Er legte eine Vermögensaufstellung bei, in der er sein Vermögen auf knapp 16 Mio. DM und seine Schulden auf etwa 5,2 Mio. DM bezifferte. Die Steuerberaterkammer vermochte sich von der Werthaltigkeit der aufgelisteten Forderungen ebenso wenig wie von der Ertragsbewertung der Immobilien zu überzeugen und bat deshalb um ein Bewertungsgutachten eines unabhängigen Steuerberaters. Dieser Bitte kam der Kläger nicht nach. Am 29.08.2002 reichte er bei der Steuerberaterkammer Grundbuchauszüge sowie eine Reihe von Grundstückskauf- und Mietverträgen ein. Er trug dazu vor, seine Schulden hätten sich im Jahre 2002 um gut 1,3 Mio. DM vermindert.
Mit Schreiben vom 4.9.2002 drohte die Steuerberaterkammer dem Kläger den Widerruf der Bestellung als Steuerberater an und widerrief die Bestellung schließlich mit Verfügung vom 11.10.2002, weil ein Vermögensverfall vorliege und die Mandanteninteressen gefährdet seien. Ausweislich der Feststellungen eines Strafurteils des Amtsgerichts B vom 18.4.2002, mit dem der Kläger wegen Vereitelung der Zwangsvollstreckung und fahrlässiger Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung verurteilt wurde, hätten Gläubiger gegen ihn Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse wegen Hauptforderung von knapp 2,6 Mio. DM erwirkt. Nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung führe er die Steuerberatungspraxis finanziell über die Firma H Immobilien GmbH fort. Von dort beziehe er ein monatliches Gehalt von 5000,-- DM und an diese GmbH seien sämtliche Honorarforderungen zu zahlen. Nach § 64 Abs. 2 StBerG sei einem Steuerberater aber die Abtretung von Gebührenforderungen an einen nicht als Steuerberater zugelassenen Dritten nicht erlaubt. Aus dem mit Schreiben vom 29.08.2002 überlassenen Unterlagen sei auch nicht erkennbar, dass der Vermögensverfall beseitigt wäre. Aus der unzulässigen Art der Abwicklung der Finanzgeschäfte der Steuerberaterpraxis, der fehlenden Schuldenbeherrschung und der Verurteilung durch das Amtsgericht B vom 18.4.2002 folge die Gefährdung der Gläubigerinteressen.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Auf Anforderung des Gerichtes gab der Kläger mit Schreiben vom 22.4.2003 eine Aufstellung über seine monatlichen Einnahmen und Ausgaben sowie eine Vermögensaufstellung ab, in der er einen Überschuss von etwa 1,9 Mio. Euro errechnet.
Der Kläger beantragt...