Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Kommentar
An der Kunst scheiden sich bekanntlich manchmal die Geister - an der Frage, welcher steuerlichen Einkunftsart ein Künstler unterfällt, mitunter auch. Das LfSt Bayern weist darauf hin, dass zur Klärung externe Gutachterausschüsse herangezogen werden können.
Einkünfte eines Künstlers
Die Frage, ob ein Künstler gewerbliche oder freiberufliche Einkünfte erzielt, ist nicht nur aus gewerbesteuerlicher Sicht relevant (nur Gewerbebetriebe unterliegen der Gewerbesteuer), sondern greift den Künstler mitunter auch in seinem Selbstverständnis an, denn nach der BFH-Rechtsprechung setzt eine künstlerische und damit freiberufliche Tätigkeit eine eigenschöpferische Arbeit und eine künstlerische Gestaltungshöhe voraus (BFH, Urteil v. 11.7.1991, IV R 15/90). Stellen die Finanzbehörden diese Gestaltungshöhe in Abrede, sieht der betroffene Künstler sein Schaffen schnell herabgewürdigt.
Kriterien zur Abgrenzung
Das Bayerische Landesamt für Steuern (LfSt) weist mit Verfügung vom 26.9.2019 darauf hin, dass die Finanzämter zur Feststellung der Künstlereigenschaft die tatsächlich ausgeübte Gesamttätigkeit des Kunstschaffenden betrachten (Grundsätze nach H 15.6 EStH "Künstlerische Tätigkeit"). Bei der Beurteilung können demnach folgende Kriterien berücksichtigt werden:
- Vorbildung des Künstlers (z. B. abgeschlossenes Hochschulstudium in einer Kunstrichtung)
- Presseveröffentlichungen und Kritiken in Kunstzeitschriften
- Beteiligungen an Kunstausstellungen
- Mitgliedschaften in bestimmten Berufsverbänden
Hinweis: Das LfSt weist darauf hin, dass die Mitgliedschaft in einem Verband aber für sich allein noch nicht zur Anerkennung als künstlerische Tätigkeit ausreicht.
Beiziehung von Sachverständigen
Nach der LfSt-Verfügung soll für die Klärung der Künstlereigenschaft auf Sachverständige zurückgegriffen werden, wenn
- das Finanzamt an der künstlerischen Qualität einer Tätigkeit zweifelt und die Einordnung in die zutreffende Einkunftsart nicht selbst treffen kann oder
- der betroffene Künstler selbst aufgrund der ablehnenden Haltung des Finanzamtes eine Klärung der Einordnung wünscht.
Kontaktdaten der Kommissionen
Der betroffene Künstler kann sich in Bayern zur Erstellung eines Gutachtens unmittelbar an folgende externe und unabhängige Gutachterkommissionen wenden (nach Kunstrichtungen sortiert):
Malerei und Plastik:
- Gutachterkommission für Malerei und Plastik, z. Hd. Herrn Hermann Bigelmayr, Feichthofstr. 100, 81247 München
- Gutachterausschuss für freischaffende Künstler P.A., Berufsverband Bildender Künstler Nürnberg e.V., Hirtengasse 3, 90443 Nürnberg, Tel. 0911/2396884
Kunstgewerbe
- Prof. Karen Pontoppidan und Prof. Markus Karstieß, an der Akademie der Bildenden Künste, Akademiestraße 2, 80799 München
- Gutachterausschuss für freischaffende Künstler P.A., Berufsverband Bildender Künstler Nürnberg e.V., Hirtengasse 3, 90443 Nürnberg, Tel. 0911/2396884
Gebrauchsgrafik und Foto-Design
- Gutachterausschuss für freischaffende Künstler P.A., Berufsverband Bildender Künstler Nürnberg e.V., Hirtengasse 3, 90443 Nürnberg, Tel. 0911/2396884
Musik
- Gutachterkommission für Musik c/o, Landesverband bayerischer Tonkünstler, z. Hd. Frau Prof. Dr. Inka Stampfl, Linprunstr. 16/Rgb., 80335 München
- Hochschule für Musik Nürnberg, Am Katharinenkloster 6, 90403 Nürnberg, Tel. 0911/231-8443
Rock- und Popmusik
- Berufsfachschule für Musik, Klostergasse 1, 91550 Dinkelsbühl, Tel. 09581/5725-0
Das LfSt weist darauf hin, dass zur Nachweisführung auch Gutachten anderer Personen oder Stellen eingereicht werden können.
"Lenkungswirkung" der Gutachten
Die Finanzämter sind zwar nicht an die Gutachten gebunden, werden ihnen aber insbesondere dann im Allgemeinen folgen, wenn im Gutachten die Merkmale des Begriffs der "Künstlereigenschaft" hinreichend abgehandelt worden sind.
Knappe Begründung ist kein Zurückweisungsgrund
Das LfSt erklärt weiter, dass in den Gutachten die Zuerkennung des Prädikats "künstlerische Arbeiten" mitunter nur in knapper Form begründet wird, dieser Umstand aber keine Veranlassung für die Finanzämter geben soll, um ein solches Gutachten kategorisch zurückzuweisen.
Sachverhalt muss stimmen
Weiter weist das LfSt die Ämter darauf hin, dass bei Veranlagungen und Betriebsprüfung darauf geachtet werden soll, dass die tatsächliche ausgeübte Tätigkeit des Kunstschaffenden den Angaben entspricht, die dem Gutachten zu Grunde gelegt worden ist. Kommt es hier zu Abweichungen (z. B. wegen einer Änderung der Tätigkeit), muss die Künstlereigenschaft erneut geprüft werden.
Link zur Verwaltungsanweisung
LfSt Bayern, Verfügung v. 26.9.2019, S 2246.1.1 – 1/10 St32