Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskostenabzug im Zusammenhang mit der Durchführung von wöchentlichen Familienheimfahrten mit einem vom Arbeitgeber teilentgeltlich überlassenen Kfz
Leitsatz (redaktionell)
- Leistet der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die Privatnutzung eines betrieblichen Kfz ein Nutzungsentgelt (im Streitfall: pauschaler monatlicher Zuzahlungsbetrag zzgl. einer monatlichen, kilometerabhängigen Tankkostenzuzahlung), mindert dies den Wert des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung (BFH-Urteil vom 30. November 2016 VI R 49/14, BFHE 256, 107, BStBl II 2017, 1011). Monatliche Zuzahlungsüberhänge, die der Arbeitgeber aus technischen Gründen bei der monatlichen Lohnabrechnung steuerlich nicht berücksichtigt, sind bei der Einkommensteuerveranlagung mindernd zu berücksichtigen.
- Ein sich auch nach der ”Jahresbetrachtung“ ergebender Zuzahlungsüberhang kann weder als negative Einnahmen noch als Werbungkosten berücksichtigt werden (Anschluss an BFH, Beschlüsse vom 15. Januar 2018 VI B 77/17, BFH/NV 2018, 521; vom 18. Februar 2020 VI B 20/19, juris). Der Senat konnte in diesem Zusammenhang dahinstehen lassen, ob es steuersystematisch zulässig ist, Zuzahlungsüberhänge in folgende Kalenderjahre zu übertragen (so aber die Finanzverwaltung in R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 Satz 3 LStR).
- Führt der Arbeitnehmer mit einem vom Arbeitgeber auch für Privatfahrten überlassenen Kfz wöchentliche Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung durch, verbleibt es auch dann bei dem ”Werbungskostenabzugsverbot“ gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 8 EStG), wenn die Überlassung teilentgeltlich erfolgt und dem Arbeitnehmer tatsächlich Aufwendungen für die Durchführung der Fahrten entstehen (Fortentwicklung der BFH-Rechtsprechung zur Durchführung von Familienheimfahrten bei unentgeltlicher Überlassung: BFH, Urteil vom 28. Februar 2013 VI R 33/11, BStBl II 2013, 629).
- Der Gesetzgeber unterscheidet in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 8 EStG nicht zwischen unentgeltlicher und teilentgeltlicher Überlassung, sodass unter die Vorschrift danach alle Arten der Überlassung fallen (so auch die Finanzverwaltung in R 9.10 Abs. 2 LStR).
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 8
Streitjahr(e)
2016
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung bei Gestellung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber und gleichzeitiger pauschaler und kilometerabhängiger Zuzahlung durch den Arbeitnehmer.
Der Kläger ist ledig und wird im Streitjahr 2016 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte im Streitjahr u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als angestellter Ingenieur. Seinen Lebensmittelpunkt hatte er in F. Aus beruflichen unterhielt er in C (von Januar bis April - Mieter) bzw. in W (von Mai bis Dezember - Eigentümer) unstreitig einen zweiten Haushalt am Beschäftigungsort (… AG, W).
Der Kläger verfügte auch für privaten Fahrten über ein Fahrzeug seines Arbeitgebers, für das er jedoch pauschale (0,5 % der unverbindlichen Kaufpreisempfehlung) und kilometerabhängige Zuzahlungen an diesen zu leisten hatte. In diesem Zusammenhang stand dem Kläger eine Tankkarte des Arbeitgebers zur Verfügung. Für die Nutzung dieser Tankkarte für Privatfahrten zahlte der Kläger jedoch 0,10 € (bis Mai 2016) bzw. 0,09 € (ab Juni 2016) pro gefahrenen Kilometer an seinen Arbeitgeber. Im Rahmen der monatlichen Lohnabrechnungen ging der Arbeitgeber so vor, dass die pauschale Zuzahlung in Höhe von 0,5 % der unverbindlichen Kaufpreisempfehlung und die monatlich einbehaltene Pauschale für die Privatnutzung der Tankkarte (auf Grundlage von prognostizierten 3.750 km = 375 € bzw. ab Juni 337,50 €) vom ermittelten geldwerten Vorteil für die Privatnutzung (1% des Bruttolistenpreises zzgl. Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte) in Abzug gebracht wurde. Im Januar 2016 wurde zudem eine Abrechnung der tatsächlichen privat gefahrenen Kilometer für das Vorjahr vorgenommen und eine Nacherhebung für die Nutzung der Tankkarte in Höhe von 558,30 € vorgenommen. Auch dieser Betrag wurde mindernd der Berechnung des zu versteuernden geldwerten Vorteils im Januar 2016 in Abzug gebracht. Zuzahlungsüberhänge in einzelnen Monaten wurden aus technischen Gründen nicht auf Folgemonate übertragen.
Danach stellte sich die Versteuerung des privaten Nutzungswertes und die Behandlung der Zuzahlungen nach der Darstellung des Arbeitgebers im Schreiben vom 18. Juni 2020 im Einzelnen im Streitjahr wie folgt dar:
Bis 30.04.2016
Bruttolistenpreis: 42.600 €
Entfernung Zweitwohnung – erste Tätigkeitsstätte (ETS) : 28 km
426,00 € (geldwerter Vorteil – gwV - für Privatnutzung) 357,84 € (gwV für Fahrten zwischen Wo und ETS)
783,84 € (gwV gesamt)
abzgl. 213,00 € (tarifliche Zuzahlung)
abzgl. 375,00 € (prognostizierte Tankkosten/Monat)
195,84 € (verbleibender gwV)
(der verbleibende geldwerte Vorteil von 195,84 € im Januar...